Pro und Contra

Profit im Krankenhaus?

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Krankenhaus
Nachweis

Foto: adobestock / Tina Binder

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Viele Krankenhäuser hängen derzeit selbst am Tropf – finanzieller Engpass

Derzeit wird heftig über die Reform von Organisation und Finanzierung der Krankenhäuser hierzulande diskutiert. Viele Kliniken fürchten den Bankrott. Müsste das Gesundheitswesen nicht viel stärker aus den Marktgesetzmäßigkeiten herausgenommen werden? Evelyn Schwab sieht die Pflicht zu positiven Bilanzen auch dort gültig, Johannes Becher will keine Profitmaximierung auf Kosten der Gesundheit.


PRO

Es wäre schlimm, wenn es im Krankenhaus in erster Linie ums Geld ginge. Aber auch Kliniken können sich nicht aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen heraushalten. Effizienz darf sich nur nicht negativ auf Art und Qualität der Behandlung auswirken. 
Das ist die Herausforderung. Organisiert sind die Krankenhäuser hierzulande nach drei unterschiedlichen Modellen: öffentlich-rechtlich, freigemeinnützig oder privat. Bleiben bei den ersten beiden die erwirtschafteten Gewinne innerhalb des Gesundheitssystems, erhoffen sich die Anteilseigner von privaten Einrichtungen eine möglichst hohe Rendite. Wegen dieses Strebens nach Profit stören sich manche an der Privatisierung von Krankenhäuern. Allerdings ist der Anteil von Kliniken in privater Trägerschaft in den letzten Jahren auf über 38 Prozent gestiegen. Und gerade diese Träger argumentieren, dass sie schließlich immer mehr öffentliche Kliniken übernehmen, die sich anders gar nicht halten könnten. 
Nach dem Prinzip der Dualen Finanzierung sind die Bundesländer für die Investitionsmittel zuständig, während die Krankenkassen per so genannter Fallpauschale die Behandlung der Patienten zahlen. Für gute Wirtschaftlichkeit führt eine Klinik möglichst viele einträgliche Behandlungen unter verdichteten Arbeitsbedingungen durch. Das ist eine Gratwanderung. Sie darf weder zu Lasten des Personals gehen noch die Unabhängigkeit medizinischer Leistungen bedrohen oder das Wohl der Patienten gefährden. Wirtschaftlichen Druck kann ein Krankenhaus absolut nicht gebrauchen. Schön wäre ein Abrechnungssystem, das dies alles berücksichtigt. Schön wären umfangreiche Investitionen seitens der Länder. Fürsorge, Zuwendung und Zeit für den Patienten dürfen bei allen Aspekten von Wirtschaftlichkeit nicht auf der Strecke bleiben. 

Evelyn Schwab, Redakteurin

 

CONTRA

Das ist krank! Dass im Bundeshaushalt für das kommende Jahr mehr Geld für Verteidigung ausgegeben wird als für Gesundheit und Bildung zusammen, zeigt einen Fehler im System. Natürlich muss auch im Gesundheitswesen gut gewirtschaftet werden. 
Doch zeigen aktuell die Klagen von Krankenkassen über Defizite und die Angst vieler Kliniken vor dem Bankrott, dass ziemlich viel falsch läuft. Dabei sind die Sozialabgaben für die Krankenkassen bei der arbeitenden Bevölkerung mit rund 15 Prozent vom Lohn heute schon immens. Verschärft wird die Krise auch dadurch, dass sich Besserverdiener in Privatkassen verabschieden dürfen, statt ihren Beitrag fürs Allgemeinwohl zu leisten. Auch so ein Systemfehler.
Zurück ins Krankenhaus: Wie etwa kann es richtig sein, alle Patienten als Fallpauschale zu behandeln? Wer länger zur Heilung braucht, dem muss diese Zeit zugestanden werden. Und wer mehr Zuspruch braucht: Auch dafür sollte jemand Zeit haben. Der Mensch ist schließlich mehr als ein Ersatzteillager, er ist ein Gesamkunstwerk mit einer Seele – und die hinkt den körperlichen Prozessen zuweilen hinterher.
Jetzt war noch gar nicht die Rede von einem besseren Verdienst und weniger stressenden Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz für das medizinische Personal: Krankenschwestern und Ärzte können ihr Klagelied singen über einen sie selbst krankmachenden Rhythmus im Schichtdienst mit Unterbesetzung. Wer im Wissen um all diese Missstände noch will, dass mit Krankenhäusern Geld verdient werden soll, dem werde alsbald Einsicht und Heilung geschenkt. Es gibt auch in einer sozialen Marktwirtschaft Bereiche, die herausgenommen werden müssen aus dem Spiel des schnöden Mammons von Angebot und Nachfrage. Krankenhäuser gehören nicht in private Hände.

Johannes Becher Redaktionsleiter