Weiße Herren vom Klosterberg

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Pater Clemens Dölken und Pater Thomas Handgrätinger beim Prämonstratensertag des Dreikönigsvereins.
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Foto: Bernd Lasdin

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Noch immer setzen die Prämonstratenser auf Dialog. Pater Clemens Dölken und Pater Thomas Handgrätinger beim Prämonstratensertag des Dreikönigsvereins.

Einst haben die „weißen Herren“ – Prämonstratenser vom Kloster Broda – die wirtschaftliche und geistliche Entwicklung in der Region in Gang gebracht. Jetzt sind sie zurückgekehrt. Als Gäste des Neubrandenburger Dreikönigsvereins.

„De witten Herren zurück auf dem Klosterberg, Gott sei Dank – se sin all do.“ Mit diesen Worten leitete der Vorsitzende des Dreikönigsvereins Rainer Prachtl auf dem Klosterberg in Broda bei Neubrandenburg eine ökumenische Andacht ein, die auch von zwei Brüdern des Prämonstratenser-Ordens gestaltet wurde: Pater Clemens (bürgerlich: Prof. Dr. Clemens Dölken) und Pater Thomas (bürgerlich: Prof. Dr. Sieger Anton Thomas Handgrätinger). So könne man „einen Kreis schließen“ zwischen Historie und Moderne der Stadt Neubrandenburg, die in diesem Jahre ihr 775. Stadtjubiläum feiert.

Bereits wenige Jahre vor Gründung der Stadt Neubrandenburg im Jahre 1248 existierte das Kloster Broda, welches 1170 durch den Fürsten Kasimir gestiftet wurde. Nah am Tollensesee, also im damals noch überwiegend slawisch-heidnischen Gebiet, übernahmen die Brüder die Christianisierung des Umlandes. Jedoch erfüllten sie auch zunehmend weltliche Aufgaben, wie die Entgegennahme des „Zehnten“, die Ausübung des Fischereirechts sowie die Gerichtsbarkeit. Im Laufe der Jahre erweiterte das Kloster Broda sowohl sein Einzugsgebiet als auch die Zahl der Mitbrüder.

Im Zuge der Reformation wurde das Kloster Broda aufgelöst, die Ruinen der ehemals prächtigen Anlagen überbaut und das Wirken der „witten Herren“ vergessen. So bezeichnete der Neubrandenburger Oberbürgermeister Silvio Witt den Besuch der Prämonstratenser auch als eine Möglichkeit des Lernens für die Stadt: In diesem Jahr blickten die Bürger auf 775 Jahre zurück und berücksichtigten alle Aspekte des Zusammenlebens, dazu zähle auch die Spiritualität. Durch die Auseinandersetzung mit der Geschichte bilde sich Neubrandenburg fort, sagte Witt.

Geistliches „Kombinat“ mit tatkräftigen Leuten

Auch die Pater Clemens und Thomas würdigten die Bedeutung des Klosters Broda als spirituelles Zentrum. Die Prämonstratenser seien der Garant für die christliche Botschaft im Herzen der Menschen jener Zeit gewesen. Dabei gelang es beiden Patern, die Feiergemeinschaft mit Charme und Humor zu unterhalten.

Bereits am Vortag hatte Prof. Dr. Felix Biermann einen Vortrag zum Wirken des Prämonstratenser-Klosters gehalten. Am Freitag folgten eine Andacht in der katholischen Kirche St. Josef-St. Lukas sowie weitere Vorträge der Ordensmänner. Pater Clemens berichtete, wie sich das Kloster als Wirtschaftsmodell etablieren konnte und sich ökonomisch fortentwickelte. Das Kloster könne man sich als „katholisches Kombinat“ vorstellen, das nur durch den Tatendrang und den Ehrgeiz junger Menschen etabliert werden konnte. Dabei betonte Clemens, dass das Kloster von jeher eine Selbstverwaltung darstellte, die sich autark von ihrem Umfeld durchsetzen konnte.

Jedoch sollte man dabei den Aspekt des Stifts nicht vernachlässigen, dessen Gründung immer auf Gegenleistungen beruhe, wie etwa Gebete für die Familie des Stifters. Mit dem Einfluss der Klöster, so Clemens, wuchsen auch weltliche Machtansprüche, wie etwa das Recht, Steuern einzutreiben. Jedoch verzichteten die Prämonstratenser teils auf gewisse unvereinbare Rechte, wie etwa die Gerichtsbarkeit und das gleichzeitige Recht auf Anklage. Letztendlich müsse man ein Kloster aber immer als Symbiose mit den Kirchgemeinden sehen, nur so könnten einige Klöster noch bis heute bestehen.

Der zweite Vortrag trug den Titel: „Prämonstratensisch – Lust auf Leben“. In diesem stellte Pater Thomas drei Ideale auf. Dabei berief er sich auf Johannes 1,35. Jesus tritt in einen Dialog mit seinen Jüngern und zwei bleiben dort, um ihm zuzuhören. Dialog, Gemeinschaft und Mission erkenne man aus diesem Vers deutlich heraus. Der Dialog mit Gott sei immer möglich, sagte Pater Thomas. So, wie das Tuch des Tempels zerrissen wurde, stehe Gottes Tor immer offen. Im klösterlichen Ablauf sei dieser Dialog besonders ausgeprägt, sei es im Gebet oder durch den Kontakt mit den Mitbrüdern. Am Ende jeder Messe erfolge der Auftrag: So gehet hin. Doch auch der Gründer der Prämonstratenser, Norbert von Xanten erlebte diese Mission, als während eines schweren Sturmes Gott zu ihm sprach: „Halte dich vom Bösen fern.“ Dies solle als Auftrag verstanden werden. Beide Redner erhielten in der gut besuchten St. Josef-Kirche zu Neubrandenburg gebührenden Beifall. Für die lebendige Kirchengeschichte und das große Fest des Glaubens bedankt sich der Dreikönigsverein – und auch für die Unterstützung durch den Innovationsfonds des Erzbistums Hamburg.

Kai Wilhelm