Hier ist noch Musik drin

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Geplante Orgel in der Kirche Maria Meeresstern, Werder
Nachweis

Fotos: Dorothee Wanzek

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Modell des Instruments der Orgelbaufirma Schuke, die sich die Gemeinde in Werder wünscht.

Die kleine Gemeinde Maria Meeresstern in Werder bei Potsdam hat noch große Pläne – unter anderem soll es hier bald eine richtige Orgel geben.

Aus ihrem turbulenten Alltag als Lehrerin und Mutter in die Stille einer Kirche einzutauchen, gelingt Franziska Lippert oft nicht auf Anhieb. Mit Musik fällt es ihr dagegen leichter, innerlich zur Ruhe zu kommen. „Ich empfinde Musik als etwas ganz Besonderes, als hohe Kunst, die uns Gott näher bringt“, sagt sie. Vor zehn Jahren ist die gebürtige Mecklenburgerin mit ihrer Familie nach Werder an der Havel gezogen. In der auf einer Havelinsel gelegenen Kirche Maria Meeresstern ist sie schnell heimisch geworden, inzwischen gehört sie zum Sprecherteam der katholischen Gemeinde. Maria Meeresstern als lebendige Kirche zu erhalten, ist ihr zum Herzensanliegen geworden.

Porträt Franziska Lippert
Franziska Lippert in der noch weihnachtlich geschmückten Kirche Maria Meeresstern.

Über die Kleinstadt Werder hinaus ist das neuromanische Gotteshaus als Wallfahrtsziel und als Hochzeitskirche bekannt. Ein Kreis engagierter Gemeindemitglieder – viele davon wie sie erst in den vergangenen Jahren zugezogen – versteht Kirche nicht nur als Ort für Katholiken. „Wir verstehen uns als Teil der Stadt und wollen ein offener Ort der Begegnung für Jedermann sein“, erläutert Franziska Lippert.

Musik verbinde Menschen, könne Einsamkeit und Polarisierungen überwinden, ist sie überzeugt. Nach gründlichen Beratungen hätten sich die Werderaner Katholiken entschieden, auf eine neue Orgel zu sparen. Das bestehende Instrument ist 1939 eigentlich nicht für eine Kirche, sondern als Hausorgel für den Zörbiger Orgelbauer Georg Meissner entstanden. 1942 kam es nach Werder. Seit Jahren werden die klanglichen Ausfälle auffälliger. Ein Gutachten aus dem Jahr 2020 ergab, dass der Aufwand einer Reparatur unangemessen hoch sein würde.

Die Gemeinde möchte bei der ortsansässigen Firma Schuke eine neue Orgel in Auftrag geben – und hat dabei an vieles gedacht: an den C02-Abdruck zum Beispiel, der günstiger ist als bei einer Elektro-Orgel oder einem über weite Strecken transportierten Instrument, aber auch an das immaterielle Kulturerbe Orgel, das man pflegen und zu dessen Erhalt man beitragen möchte oder an die Organisten aus der Region, die durch die Investition angelockt werden könnten. Für Franziska Lippert ist ein starkes Argument die einzigartige Akkustik der Kirche. „Musik dringt in dieser Kirche gleich ins Herz“, findet sie.

Die Pfarrei Allerheiligen Potsdam, zu der Werder inzwischen gehört, hat dem Bau einer neuen Orgel zugestimmt, sofern die Ortsgemeinde das ohne Geld der Pfarrei stemmen kann. Auf der Havelinsel will man versuchen, die rund 370 000 Euro für die geplante Orgel mit Spenden und Stiftungsmitteln zu stemmen. Mehr als 32 000 Euro sind bereits zusammengekommen – ein großer Teil davon aus Benefizkonzerten, die in den vergangenen Monaten ganz ohne Orgel in Maria Meeresstern stattgefunden haben – unter anderem durch den Chor „Voices of Werder“ der Kreismusikschule, einem dänischen Chor und dem Stabsmusikkorps der Bundeswehr. Während die Gemeinde sich um Mittel für die neue Orgel bemüht, ist sie fast nebenbei immer lebendiger geworden. Unter anderem gibt es inzwischen regelmäßig Taizégebete in der Kirche, abwechselnd gestaltet von der evangelischen Popkantorey und einer katholischen Instrumentalgruppe, die wächst, weil immer mehr Gemeindemitglieder ihre Talente entdecken und sich auch trauen, sie ins Leben der Kirche vor Ort einzubringen.

Dorothee Wanzek