Katholische und evangelische Akademien in Sachsen
Selbstbewusst Vorbild sein
Foto: Ruth Weinhold-Heße
Das Sachsensofa war von Anfang an eine gemeinsame Veranstaltungsreihe: Fürs Foto sitzen Ulrike Irrgang (Direktorin der katholischen Akademie im Bistum Dresden-Meißen) und Pfarrer Stephan Bickhardt (Direktor der evangelischen Akademie in Sachsen) auf dem Erfolgsmodell.
Wo arbeiten die beiden Akademien bisher zusammen?
Irrgang: Das fängt mit dem Friedensgebet mit Podium oder Vortrag in der Nikolaikirche in Leipzig an, das seit mehreren Jahren veranstaltet wird. Zum ersten Mal haben wir 2025 das Thema „Diagnose Einsamkeit“ in einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe aufgegriffen.
Bickhardt: In den Tagen nach Ostern bieten wir seit fünf Jahren einen ökumenischen Ostervortrag an. Das sind einige Beispiele. Bei den Außenkontakten mit den anderen Playern im Bildungsbereich, mit denen wir zusammenarbeiten, gibt es viele ähnlich laufende Stränge, die es einfach nahelegen, dass wir uns verbinden. Kurz: Wir können und wollen nicht mehr ohne den anderen sein.
Was bedeutet Ökumene im Kontext der Akademien?
Irrgang: Mir ist wichtig, Ökumene weit zu denken, auch interreligiös oder mit Menschen, die keinem religiösen Bekenntnis angehören.
Bickhardt: In Ostdeutschland ist zudem Ökumene anders gewachsen, diese selbstverständliche Zusammenarbeit durch die DDR-Geschichte und die Friedliche Revolution. Warum sollen wir da kein Selbstbewusstsein haben und Vorbild sein?
Was sind Rückmeldungen: Wie nehmen andere die beiden Akademien wahr?
Irrgang: Ich erlebe, dass wir für Viele der greifbare Ansprechpartner in unserer Kultur- und Bildungslandschaft sind. Es hat mich wahnsinnig gefreut, dass uns die Semperoper angefragt hat, die eine Jugendoper im Programm hat, in der es um künstliche Intelligenz geht. Im Begleitprogramm dazu organisieren wir eine Veranstaltung zur religiösen und ethischen Dimension von KI. Die Akademien sind genau dafür da! Diese Kontaktfläche zu sein, zwischen Kirche und Gesellschaft, ist ein hoher Wert.
Wen erreichen Sie?
Irrgang: Die Menschen, die Fragen haben nach gelingendem Leben und auch nach Gott. Meine Beobachtung ist, dass diese Fragen wieder mehr an die Oberfläche gelangen. Wir haben einen doppelten Auftrag, denn unsere Institution wirkt in die Gesellschaft und in die Kirchen hinein. Sie hat damit eine wichtige Scharnierfunktion.
Bickhardt: Die Kirche wird als verlässlicher Partner wahrgenommen, gerade von Menschen, die ein positives Verhältnis zu uns haben. In den 1990er-Jahre hätte ich das nie gedacht, da waren wir eine totale Nische. Jetzt beobachten wir, dass Menschen zu unseren Veranstaltungen kommen, die die Frage nach Gott haben, obwohl sie vielleicht aus der Kirche ausgetreten sind.
Was machen die kirchlichen Akademien denn anders?
Bickhardt: Die Kirchen werden als Garanten für Vertrauen wahrgenommen in einer Zeit, in der das Vertrauen brüchig geworden ist. Uns wird zugetraut, unterschiedliche Positionen ins Gespräch zu bringen, in der Mitte der Gesellschaft. Wir pochen nicht auf Gemeinsamkeiten, sondern versuchen, Verstehenspositionen füreinander zu finden. Die Unterschiede wertschätzend herausarbeiten – das machen wir mit dem Sachsensofa, in dem wir dann konkret über Krankenhausschließungen oder Windräder sprechen.
Irrgang: Im Gegensatz zu anderen in der Bildungslandschaft bringen wir den Gottesgedanken mit ein: Hinter der Fragmentierung und Pluralisierung liegt die Hoffnung, dass wir alle in unserem Menschsein tiefer verbunden sind. Wir lassen das Gemeinsame entstehen, weil wir das Vertrauen haben, dass die Menschen geliebt sind.
Wenn es nur noch eine ökumenische Akademie gibt, verschwindet dann nicht Wesentliches?
Bickhardt: Mir ist wichtig, dass wir uns die unterschiedlichen konfessionellen Prägungen nicht gegenseitig aufzwingen, sondern den Reichtum zur Darstellung bringen. Niemand will eine Gleichmacherei. Wir sind ein Laboratorium, wo man Ökumene probieren kann. Wir gehen wirklich auf Neuland zu.
Es hieß, im Januar 2026 geht es los.
Irrgang: Ein komplexer Prozess braucht Zeit, die wir uns auch nehmen, denn wir müssen den Weg im Gehen finden.
Bickhardt: Den genauen Zeitpunkt können wir noch nicht sagen, aber im Verlauf des nächsten Jahres streben wir es an. Beide Bischöfe wollen das explizit.
Ist der gemeinsame Weg eine Geldfrage?
Bickhardt: Auch, wenn wir Millionäre wären, müssten wir zusammenarbeiten. Ich bin sowieso davon überzeugt, dass dieser Weg richtig ist.
Irrgang: Klar ist, dass beide Kirchen ihre Bildungsarbeit neu aufstellen möchten, um zukunftsfähig zu sein. Von daher ist es richtig, sich zu konzentrieren und Synergien zu nutzen. Es ist wahrgenommen worden, dass wir schon eng miteinander gearbeitet haben. Besonders das Sachsensofa hatte eine große Außenwirkung.
Was für Formen soll die Arbeit zukünftig haben?
Irrgang: Wir möchten die Struktur der Foren, die sich in der katholischen Akademie entwickelt hat, beibehalten. So wollen wir uns in Zukunft gemeinsam konzentrieren auf einige Zentren, um die Erkennbarkeit der Akademiearbeit zu stärken.
Welche Herausforderungen liegen noch vor Ihnen?
Irrgang: Es muss eine gemeinsame Struktur geben, daran arbeiten wir. Wir müssen von vielen Kooperationen hin zu einer gemeinsamen Akademie kommen.
Bickhardt: Es ist wichtig, verschiedene Stimmen ernst zu nehmen, damit Akademiearbeit in Sachsen dauerhaft gesichert ist. Wir stellen fest, dass es unglaublich viele Detailfragen gibt. Zugleich müssen einfach noch diverse Gremien zustimmen. Wir machen das bei laufendem Programm, da mag man uns auch Zeit geben.