Missionarinnen der Nächstenliebe in Chemnitz

Vom Herzen her arbeiten

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Chemnitzer Mutter-Teresa-Schwestern
Nachweis

Foto: Ruth Weinhold-Heße

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Drei der Chemnitzer Mutter-Teresa-Schwestern erhielten von Ulrike Lynn Rosen als Zeichen des Dankes. Jugendliche der Pfarrei gestalteten eine Kerze für die Schwestern.

Vor 40 Jahren gründete Mutter Teresa eine Niederlassung ihres Ordens in Karl-Marx-Stadt. Am 18. Dezember blickten die Chemnitzer Schwestern gemeinsam mit ihren Gästen voller Dankbarkeit auf ihre Arbeit.

Die weiß-blauen Saris fallen auf, auch unter den dicken Wintermänteln an diesem Dezembermontag. Mit einem Festgottesdienst und anschließendem Empfang feiern die Menschen aus Chemnitz und dem Bistum, dass die Missionarinnen der Nächstenliebe vor 40 Jahren ins damalige Karl-Marx-Stadt kamen. Die weiß-blauen Saris des Ordens, den Mutter Teresa in Kalkutta gegründet hatte, gehören inzwischen zum Stadtbild. Genauer zum Viertel Sonnenberg in Chemnitz, wo die Schwestern seit 40 Jahren ihren leisen Dienst an den Armen und Einsamen tun. Täglich kochen und verschenken sie 150 Mahlzeiten, sonntags die doppelte Menge.
Bischof Heinrich Timmerevers spricht in seiner Predigt von den Wundern, die er sieht, wenn er auf ihre Arbeit blickt: Davon dass Menschen dem Ruf Gottes folgen, ihr „Leben verschenken“ und in Treue diesen Dienst tun. Auch von dem Wunder, dass Entscheidungsträger in der DDR der Gründung in Karl-Marx-Stadt zugestimmt haben, auch wenn es offiziell keine Armut geben durfte. Der Bischof sieht es als „ganz starkes Zeichen“, dass die Mutter-Teresa-Schwestern nicht nach eigenem Erfolg fragen, sondern tagtäglich für andere da sind. „Das hat eine Wirkung in die Stadt hinein, dass Christen sich uneigennützig anderen liebevoll zuwenden“, so Timmerevers.

Nächstenliebe ist nicht selbstverständlich

Dem stimmt auch Oberbürgermeister Sven Schulze beim anschließenden Empfang zu. Die Schwestern gehörten zur Stadt, ihre Nächstenliebe sei „nicht selbstverständlich, auch wenn es für Sie als Schwestern selbstverständlich ist.“ Für ihren Dienst drückte er großen Dank aus. Schulze betont auch, dass die Arbeit zu DDR-Zeiten „mindestens ein kleines Steinchen“ war, das letzten Endes die Mauer in Deutschland bröckeln ließ.
Diözesan-Caritas-Direktor Matthias Mitzscherlich verweist auf die besondere enge Verbindung des caritativen Dienstes der Schwestern mit ihrer Spiritualität. „Sie arbeiten vom Herzen her“, so Mitzscherlich. Er betont außerdem, dass nicht nur die Gründung etwas Besonderes war, sondern auch die 40 Jahre des beständigen Dienstes in Chemnitz mit den Katholiken vor Ort auf dem Sonnenberg.
Von der geradzu spektakulären Gründung erzählt Bernhard Gaar, damals Kaplan in Karl-Marx-Stadt und einer der Mitinitiatoren, die sich dafür einsetzten, dass die Schwestern kamen. So soll Mutter Teresa bei einem Treffen in Rom mit dem Dresdner Bischof gesagt haben: „Karl Marx? Das machen wir!“ Gaar erzählt, wie die Friedensnobelpreisträgerin 1982 am Grenz­übergang Checkpoint Charlie vom indischen Diplomaten-Mercedes in seinen Trabi umstieg und zu ihrem ersten Besuch in die Stadt fuhr. Ihr Argument, dass es zwar sichtbare Armut auf den Straßen der DDR nicht gäbe, aber genug einsame Menschen, die auch Hilfe benötigten, habe wohl für die  Zustimmung der DDR-Behörden gesorgt.
 

Mutter Teresa in Chemnitz
Mutter Teresa (Mitte) bei einem ihrer Besuche in Karl-Marx-Stadt mit den Schwestern der Christlichen Nächstenliebe.
Foto: Gemeindearchiv St. Joseph Chemnitz

Unter dem Motto der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 „See the unseen“ (das Ungeseh­ene sichtbar machen) erzählen Menschen davon, was sie in den Schwestern sehen, die selbst nicht gerne im Rampenlicht stehen. Horst-Günter Hennig berichtet, wie er im Dezember 2013 obdachlos war und resolut, aber doch herzlich empfangen wurde („Hinsetzen, essen!“), wie ihm zugehört wurde und er sich schließlich taufen ließ. Auch Reni Scheffler führte die Nächstenliebe der Schwestern zu Gott und schließlich zur Taufe: „Die Schwestern haben mich so angenommen, wie ich bin.“
Am Ende kommt Schwester Kristin zu Wort. Die gebürtige Riesaerin ist seit rund einem Jahr Oberin in der Gemeinschaft in Chemnitz. Mutter Teresa habe die Gabe gehabt, das Ungesehene zu sehen durch ihren täglichen Kontakt zu Gott. „So hat sie die menschliche Würde, den Wert und die Schönheit eines jeden einzelnen Menschen gesehen.“ Das treibt die Schwestern in den blau-weißen Saris bis heute an.

Ruth Weinhold-Heße