Dorothee Wanzek und Eckhard Pohl verlassen den TAG DES HERRN

Von Sternstunden und Flops

Dorothee Wanzek schreibt "Tag des Herrn" an eine Schultafel

Foto: Privat

Erinnerungen zum Abschied: Die bisherige Redaktionsleiterin Dorothee Wanzek erzählt, was sie beim TAG DES HERRN dazugelernt hat und warum die Arbeit bei der Zeitschrift ihr Leben reicher macht. Auch der Redakteur Eckhard Pohl verlässt die katholische Zeitschrift, er geht in den Ruhestand.

Ich habe nachgerechnet. Ungefähr tausendmal bin ich auf Ihrem Frühstückstisch gelandet – oder wo auch immer Sie den TAG DES HERRN lesen. Natürlich nicht leibhaftig, aber mit meinen Texten und oft mit meinem Foto. Kein Wunder, dass mich langjährige Leserinnen und Leser oft wie eine alte Bekannte begrüßen, selbst wenn wir uns zum ersten Mal persönlich begegnen. Wenn ich jetzt die TAG DES HERRN-Redaktion verlasse und mein neues Berufsleben als Grundschullehrerin starte, mag ich mich deshalb nicht wortlos davonstehlen. Ich nehme Sie mit auf einen Ausflug in meine Erinnerungen.

Aus Fehlern lernen – was ich meinen künftigen Schülern wünsche, wurde auch mir beim TAG DES HERRN ermöglicht. Meine Kirchenzeitungslaufbahn begann gleich mit einem Flop. Mein Auftrag war es, einen ostsächsischen Ordensmann zu porträtieren, der eine Kerzenmanufaktur betrieb. Dabei sollte ich auch O-Töne fürs Radio mitbringen. Die Aufnahmen waren unbrauchbar. Das neue Gebiss des Mönchs war nicht rechtzeitig fertiggeworden und zahnlos konnte man ihn kaum verstehen. Auf den TAG DES HERRN-Artikel kamen sogleich harsche Leserbriefe. Ich hatte fälschlich behauptet, es handele sich um die einzige christliche Kerzenmanufaktur Ostdeutschlands. Seither bin ich vorsichtig mit Superlativen.

Schreibend Menschen eine Bühne bereiten

Über Menschen zu schreiben, gehört bis heute zu den Aufgaben, die ich am meisten liebe. Wenn Gesprächspartner mich und damit auch Sie an der Suche nach Gottes Spuren in ihrem Leben teilhaben lassen, stimmt mich das dankbar. Manche haben mir gesagt, dass meine Fragen ihnen den roten Faden in ihrem Leben bewusster machten. Auch das fand ich beglückend.

Dabei habe ich Christen schätzen gelernt, die treu jahrelang ihre Frau oder ihren Mann stehen. Die Beiträge, die ich über sie schrieb, sind mir jedenfalls kostbarer als die über kirchliche Mitarbeiter, die groß angekündigt eine neue Aufgabe übernahmen und sich schon bald sang- und klanglos wieder zurückzogen.

Zum Glück ist die Kirche lebendig geblieben und hat sich verändert, seit ich beim TAG DES HERRN startete. Unter anderem hat die Erkenntnis an Kraft gewonnen, dass der Heilige Geist nicht nur in Amtsträgern wirkt und dass die Kirche folglich einen guten Weg in die Zukunft nur finden wird, wenn sie vielfältige Erfahrungen und Sichtweisen einbezieht. Als Redakteurin und Redaktionsleiterin durfte ich manche Veränderungen mit vollziehen. Ein Beispiel dafür ist die voriges Jahr eingeführte Rubrik „Sichtweisen“, die dazu beitragen will, dass wir Christen einander in unserer Unterschiedlichkeit besser verstehen und schätzen lernen.

Abenteuerliche Reise in Altkleidern

Für den TAG DES HERRN zu berichten, war nie langweilig, manchmal war es sogar abenteuerlich. Lebhaft erinnere ich mich an eine Reportage-Reise in den 1990ern. Geplant war, dass mich ein Hilfstransport der Partnerschaftsaktion Ost des Bistums Magdeburg in Moskau aufliest und ich ihn eine Woche lang nach Tutajew begleite. Da der russische Zoll den Transport an der Grenze festhielt, musste ich mich allein durchschlagen. In Tutajew stand ich überraschend im Mittelpunkt – als erste westliche Journalistin, die über diese Stadt berichtete. Für diese Mission war ich peinlich schlecht gerüstet. Die Bitte des Transport-Leiters, mich schlicht anzuziehen, um die Hilfeempfänger nicht zu beschämen, hatte ich ernst genommen. So erschien ich in ausgeleierter und fadenscheiniger Kluft, die ich schon für die Altkleidersammlung bestimmt hatte, zum Interview mit dem Bürgermeister, zu Firmenbesichtigungen und zum Kulturprogramm, das aufgebrezelte Schulklassen zu meinen Ehren aufführten.

Unvergesslich sind mir auch einige ungeschriebene Artikel, etwa das Künstlerporträt über Markus Weis, der mich in seinem Berliner Atelier empfangen hatte. Mehrfach drängelten sich terminlich gebundene Beiträge vor, irgendwann war der richtige Augenblick verpasst. Das halbfertige Gemälde, das im Mittelpunkt meines Porträts stehen sollte, ist sicher längst vollendet. Ich hinterlasse ein unveröffentlichtes Fragment, das mir manchmal in den Sinn kommt, wenn ich nachts aus dem Schlaf schrecke, ebenso wie die betagte Oberlausitzerin, deren Lebensgeschichte mich vor Jahren tief beeindruckte. Ein Ordenseintritt war ihr als junge Frau wegen ihrer unehelichen Herkunft verwehrt worden. Trotzdem lebte sie Gott zuliebe ehelos und kümmerte sich liebevoll um eine Wachkomapatientin. Ihre Lebensaufgabe sah sie darin, für Menschen früherer Generationen zu beten, die Schuld auf sich geladen hatten und unversöhnt starben. Auch über sie stand nie etwas im TAG DES HERRN, denn meine Aufzeichnungen waren unerklärlicherweise bald nach der Begegnung verschollen.

Gerne hätte ich an dieser Stelle über meine Nachfolge geschrieben, doch leider steht die  Personalentscheidung noch aus. Ich bin mir sicher, dass unser bewährtes Redaktionsteam in einer – hoffentlich kurzen – Übergangszeit auch ohne Chefin dafür sorgen wird, dass auf Ihrem Frühstückstisch ein anregender TAG DES HERRN liegt, der Ihre Verbindung mit Christen in anderen Regionen stärkt. Danke für Ihre Treue, für alle Wertschätzung und wohlwollende Unterstützung! Ich bleibe unserem TAG DES HERRN verbunden. Ihnen rücke ich sogar ein wenig näher, denn ich wechsele ja jetzt auf die Seite der Leser.

// Dorothee Wanzek

Weiter fragen und Antworten suchen

Porträt Eckhard PohlGlaube und Kirche sind bunt und vielfältig. Das habe ich immer wieder erlebt. Mehr als 30 Jahre habe ich aus dem kirchlichen Leben im TAG DES HERRN-Verbreitungsgebiet berichtet. Ich konnte dabei Ermutigendes aufgreifen, überzeugende Mitchristen vorstellen, Entwicklungen begleiten, Einblicke in Gemeinden und Einrichtungen geben, auch die eine oder andere kritische Frage stellen. Manchmal galt es, über traurige und sogar beschämende Dinge zu schreiben. Am 30. April nun ist altershalber mein letzter Arbeitstag.

Ich bin vielen freundlichen Gesprächspartnerinnen und -partnern begegnet: zunächst im Bistum Erfurt, dann über viele Jahre im Bistum Magdeburg, aus dem ich stamme, zuletzt nochmals drei Jahre im Bistum Erfurt, zudem im Umfeld von Theologischer Fakultät und Priesterseminar in Erfurt. Danke für so manches gute Miteinander! Ohne Menschen, die Rede und Antwort stehen, wäre journalistische Arbeit kaum möglich.

Alles Mühen hätte jedoch wenig genutzt, wenn es nicht Sie, die Leserinnen und Leser gegeben hätte. Danke, dass Sie der Redaktion die Treue halten, dass mancher von Ihnen neu hinzugekommen ist und der TAG DES HERRN so noch relativ viele Leser hat!

Ich scheide aus meinem Dienst dankbar, aber auch mit vielen Fragen aus, Fragen nicht zuletzt im Blick auf manche kirchliche Praxis. Fragen zu haben, gehört wesentlich zur Aufgabe eines Journalisten und ich denke, auch zum Leben von Christen. Ich wünsche Ihnen und mir: Bleiben wir interessiert an den Fragen des Lebens und des Glaubens in der Hoffnung, Antwort zu finden!

Ihnen alles Gute

// Eckhard Pohl