Not in Südamerika

Die Flüchtlinge nicht vergessen

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Messe des Hilfswerkes Adveniat im Dom Erfurt
Nachweis

Fotos: Eckhard Pohl

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Dinge wie eine Schwimmweste, Wasser und Brot und eine Bibel standen bei den Fürbitten symbolisch für die Not der Menschen in Lateinamerika. Adveniat-Partner aus Kolumbien und Guatemala sowie Mitarbeiter von Adveniat und aus dem Bistum Erfurt trugen sie vor.

Das Bischöfliche Hilfswerk Adveniat hat unter dem Motto „Flucht trennt. Hilfe verbindet.“ in Erfurt seine Weihnachtsaktion gestartet. Adveniat unterstützt Menschen in Not in Lateinamerika und bittet dafür um Spenden.

„Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Egoismus und ethnische Auseinandersetzungen sind heutzutage eine der größten Sünden.“ Denn alle Menschen sind „Schwestern und Brüder desselben Vaters“, eines Gottes, „der uns mit der Liebe einer Mutter liebt“. Das betonte Kardinal Álvaro Ramazzini unter Verweis auf das Gottesverständnis der indigenen Völker in seiner Heimat Guatemala bei der Eröffnung der Adveniat-Weihnachtsaktion am ersten Adventssonntag in Erfurt. „Wenn ich kein Kardinal oder Bischof wäre, würde man mich dann mit der gleichen Sympathie und Herzlichkeit behandeln, wie ich sie bisher erfahren habe?“, fragte er im Gottesdienst, mit dem die bundesweite Aktion der katholischen Kirche gestartet wurde.
Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr rief die Menschen in Deutschland und Europa auf, trotz der aktuell großen Herausforderungen die vielen Flüchtlinge weltweit und besonders in Lateinamerika nicht zu vergessen. „Weltweit sind über 108 Millionen Menschen auf der Flucht. So viele wie noch nie zuvor.“ Deshalb habe das Lateinamerika-Hilfswerk das Motto „Flucht trennt. Hilfe verbindet.“ gewählt.

Verfolgung, Gewalt und Hunger

Einer von fünf Migranten weltweit kommt aus Lateinamerika. Verfolgung, Gewalt und Hunger zwingen Menschen, ihre Heimat zu verlassen. Familien werden auseinandergerissen. Flüchtlinge verlieren auf den gefährlichen Routen ihr Leben. Das wurde im Eröffnungsgottesdienst in einführenden Worten der Psychologin María Lourdes Álvares aus Kolumbien, aber etwa auch in den Fürbitten deutlich.
Adveniat versorgt mit seinen Projektpartnern eigenen Angaben zufolge Flüchtlinge mit Lebensmitteln und Medikamenten, bietet in sicheren Unterkünften Schutz und ermöglicht mit Ausbildungsprojekten Chancen auf Neuanfang. Im Kontext der Weihnachtsaktion werden die Aspekte der Hilfe am Beispiel der Schwerpunktländer Kolumbien, Panama und Guatemala dargestellt.
Kardinal Ramazzini aus dem Bistum Huehuetenango setzt sich in Guatemala seit Jahrzenten für die Armen und Hungernden ein und kämpft für die Rechte der Flüchtenden. Viele von ihnen, die aufgrund von Verfolgung, Gewalt, politischen Krisen, Armut und Hunger ihr Zuhause verlassen, durchqueren auf ihrem Weg in die USA das mittelamerikanische Guatemala.
Musikalisch wurde die Eröffnung von der Musikgruppe „Sonidos de la Tierra“ aus Paraquay und einem Projektchor aus Leinefelde mitgestaltet.
Rund um die Eröffnung der Aktion hatte es in Heiligenstadt, Jena, Leinefelde und Erfurt thematische Foren gegeben. Zum zweiten Advent ist in Sonneberg ein Adveniat-Gottesdienst gelant.
Die Weihnachtskollekte am 24. und 25. Dezember ist für das Engagement von Adveniat für die Menschen in Lateinamerika und der Karibik bestimmt.

Mehr Infos: www.adveniat.de


Den Bischof bei Flugreise getroffen

Pfarrer Klaus-Michael Tschöpe aus Riesa kennt den Bischof von Huehuetenango in Guatemala, Kardinal Álvaro Ramazzini, seit genau 30 Jahren. „Ich habe ihn bei einer Flugreise nach Guatemala kennengelernt. Wir sind Freunde geworden“, sagt Tschöpe. „Inzwischen war ich schon zehn Mal in Guatemala und habe ihn jedes Mal getroffen.“
Seit vielen Jahren organisiert Pfarrer Tschöpe die Fußwallfahrten von Magdeburg zum Klüschen Hagis im Eichsfeld mit. An einer dieser Wallfahrten nahm Hella de Paz teil, eine Deutsche, die mit ihrem Mann, einem Indigeno vom Volk der Maya, in Guatemala lebte. Tschöpe: „Sie lud uns ein, sie zu besuchen. Sie war in Guatemala bis 1988 Lehrerin und engagierte sich seitdem karitativ im Land. Wir haben sie dann zu fünft besucht und auf der Flugreise zu ihr Bischof Ramazzini kennengelernt.“ Als die Gruppe bei Hella de Paz ankam und ihr von der Begegnung mit Ramazzini und seiner Einladung, ihn zu besuchen, erzählte, habe sie diese begeistert gemeinsam mit der Gruppe angenommen und die Reise nach San Marcos, wo Ramazzini zunächst Bischof war, organisiert. Daraus seien dann bis heute währende Kontakte entstanden, die im kleinen persönlichen Rahmen auch die Unterstützung von Hilfebedürftigen einschließt und eine Beziehung zu Lateinamerika und auch zum Engagement von Adveniat entstehen ließ.
 

Begegnung im Kreuzgang, Dom Erfurt
Kardinal Álvaro Ramazzini, Pfarrer Klaus-Michael Tschöpe (rechts) und Ehepaar Horn mit Sohn trafen sich jetzt in Erfurt.

2017 wurde Pfarrer Tschöpe von der Kirchenband aus Zwönitz nach einem Projekt gefragt, dem die Gruppe ihre Einnahmen aus einem Benefizkonzert im Advent zukommen lassen könnte. Tschöpe fragte bei der Familie an, die ihn seit Jahren beherbergt, wenn er in Guatemala ist. Die hatte eine Idee: Die Mittel könnten Schülern in einer abgelegenen Region im Südosten Guatemalas zugute kommen, deren Eltern das Geld für Hefte, Schultasche und Schuhe fehlt. „Das ist dann auch so passiert. Und seitdem unterstütze ich im Dorf San Miguel Aroche auch mit Spenden, die mir anvertraut werden, dieses Schulprojekt“, sagt Tschöpe.
Und nicht nur er: An der Fußwallfahrt zum Klüschen Hagis nahm vor 30 Jahren und nimmt noch immer auch Winfried Mucke teil. Auch er knüpfte darüber Kontakte nach Guatemala. Mucke ist heute Pfarrer in Sonneberg und unterstützt ebenfalls im kleinen Rahmen Schüler im Dorf San Miguel Aroche. „Ende Januar dieses Jahres habe ich dort miterlebt, wie den Kindern zum Schuljahresanfang die Ausstattung mit Heften, Tasche und Schuhen überreicht wurde, und war beeindruckt“, sagt Mucke. Und: „Mir liegt die Adveniat-Aktion am Herzen, weil ich in Lateinamerika Freunde habe.“

Bischof Ramazzini zu Gast bei Familie Horn

Pfarrer Tschöpe war jetzt zum Start der Adveniat-Aktion mit Cornelia und Michael Horn und Sohn Stefan aus Auerbach (Vogtland) nach Erfurt gekommen. Bischof Ramazzini hatte 2001, als er bei Adveniat in Essen war, einen spontanen Abstecher nach Auerbach gemacht, wo Tschöpe Pfarrer war. Nach einem interessanten Gemeindeabend in St. Christophorus habe der Bischof dann bei ihnen übernachtet, erinnert sich Michael Horn gut.

Eckhard Pohl