„Dann sind wir alle geliefert“

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Generalkonsulin Iryna Tybinka spricht in St. Petri
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Foto: Marco Heinen

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Generalkonsulin Iryna Tybinka spricht in St. Petri. Sitzend: Hauptpastor Jens-Martin Kruse, Dekan Thomas Benner, Pfarrer Pavlo Tsvok (ukrainisch griechisch-katholische Kirche), Erzbischof Stefan Heße, Bischöfin Kirsten Fehrs. 

Zwei Jahre Krieg in der Ukraine: In vielen Städten Deutschlands wurde gegen die russische Invasion demonstriert. In Hamburg gab es einen Gottesdienst und eine Kundgebung – die Repräsentanten von Stadt und Kirche waren dabei.

Hamburg. Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Hamburger Hauptkirche St. Petri wurde am Samstag des zweiten Jahrestags des Angriffs Russlands auf die Ukraine gedacht. Im Beisein der konsularischen Vertreter der Ukraine, Polens und der Vereinigten Staaten sowie der Hamburger Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) erinnerten die evangelische Hamburger Bischöfin und amtierende Ratsvorsitzende der EKD, Kirsten Fehrs, und der Hamburger Erzbischof Stefan Heße an das Leid der Menschen in der Ukraine.

„Wir können angesichts all derer, die in der Ukraine kämpfen, durchhalten und leiden, all derer, die auch hier leiden, ­dies tun: Unsere Verbundenheit in herzlicher Ökumene ausdrücken. Das Unsägliche in Sprache fassen als Protest gegen das Töten und das Morden und die Zerstörung eines Landes mit seiner gesam­ten Kultur“, sagte Bischöfin Fehrs. Sie erinnerte an den Einsatz des ukrainischen Volkes für mehr Demokratie, als sich 2014 Tausende auf dem Maidanplatz in Kiew versammelten. „Ihr Herz war voller Sehnsucht nach Freiheit“, so Fehrs.

Sie unterstrich, dass die Ukraine ein Recht darauf habe, sich den Invasoren entgegenzustellen. „Wenn der Krieg erst da ist, sind zivile Mittel zur Lösung eines Konflikts am Ende. Wenn der Krieg erst da ist, kommen Panzer, Gewehre, Raketen und Drohnen. Und bei allem, es ist und bleibt legitim, wenn ein Land sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriff verteidigt und seine Freiheit sowie das Leben seiner Bürgerinnen und Bürger schützen will“, betonte die Bischöfin.

Erzbischof Heße konstatierte: „Dieser Krieg, den wir jetzt erleben, der will ja nicht nur hie und da etwas zerstören, sondern der will ein Volk zerstören, der will es von der Bildfläche verschwinden lassen. Und deswegen ist es nicht nur ein Krieg gegen die Häuser, sondern gegen die Menschenleben in einer ganzen Kultur“, so Heße, der ergänzte: „Es geht um einen Kampf ums Ganze.“

Konsulin erinnert an die täglichen Schrecken

Schlimmer noch als Krieg sei jedoch Gleichgültigkeit. „Ich kann gar nicht anders leben, als mich verantwortlich zu fühlen für meine Schwestern und Brüder“, sagte er mit Blick auf den Lesungstext aus dem ersten Buch Mose. Und er betonte: „Es darf keine Globalisierung der Gleichgültigkeit geben. Dann sind wir alle geliefert, dann geben wir uns alle auf. Es braucht eine Globalisierung der Liebe“, so Heße.

Hamburgs Zweite Bürgermeis­terin Katharina Fegebank verwies in ihrer Ansprache auf die Entschlossenheit, die Ukraine weiter zu unterstützen und ihr solidarisch zur Seite zu stehen. Die konsularischen Vertreter sendeten mit ihrer Anwesenheit „ein starkes Signal, dass Europa zusammensteht“ und dies auch mit den transatlantischen Partnern gemeinsam tue. 

Die ukrainische Generalkonsulin in Hamburg, Iryna Tybinka, erinnerte daran, dass sich die Ukraine bereits seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland mit dem Land im Krieg befinde: „Krieg ist das reine Böse. Alles, was er mit sich bringt, ist böse – Mord, Missbrauch, Plünderung, Verstörung, Zerstörung. Die Ukraine und ihr Volk erleben diese Schrecken jeden Tag. Verlust, Schmerz, Trauer, Ungewissheit über die nächste Minute. Das ist die bittere Erfahrung der Ukraine, nicht nur in den letzten zwei Jahren“, sagte sie. 

Der Gottesdienst war noch nicht zu Ende, da eilten die Genannten schon zur Ernst-Barlach-Stele auf dem Hamburger Rathausmarkt, wo sie gemeinsam mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher und Carola Veit, Präsidentin der Hamburger Bürgerschaft, Kränze niederlegten. 

Marco Heinen