Bischofswahl in Osnabrück

Das Verfahren wird dauern

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Ein leerer Stuhl im Altarraum
Nachweis

Foto: bpo/Thomas Arzner

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Zurzeit ist der Bischofssitz in Osnabrück verwaist. Das Wappen von Franz-Josef Bode wurde entfernt.

Die Suche nach einem neuen Bischof für Osnabrück ist in vollem Gange. Im Moment dürfte das Verfahren in Berlin liegen, beim Apostolischen Nuntius, dem Botschafter des Vatikan in Deutschland. Dann geht es weiter nach Rom.

Das Domkapitel hatte Ende Juni mitgeteilt, dass es die erste Etappe des Verfahrens beendet habe – auf Grundlage der Beratungen mit Vertretern der Laien habe es eine Liste mit Vorschlägen erstellt und über den Nuntius nach Rom übermittelt. Doch bevor die Liste im Dienstgebäude der römischen Bischofskongregation am Eingang des Petersplatzes oder gar auf dem Schreibtisch des Papstes landet, wird es wohl einige Wochen oder gar Monate dauern.Denn nicht nur das Osnabrücker Domkapitel schickt seine Vorschläge. So bestimmt der heute noch geltende Vertrag zwischen dem ehemaligen Land Preußen und dem Vatikan, dass alle Bischöfe des ehemaligen Preußen Vorschläge einreichen können. Dazu kommen noch Namen, die unabhängig von konkreten Verfahren in Rom landen. Gemäß Kirchenrecht sollen nämlich die Bischöfe einer Kirchenprovinz oder die Bischofskonferenz alle drei Jahre die Namen „von Priestern, … die für das Bischofsamt besonders geeignet sind“, an den Vatikan melden.

Diese Listen muss nun der Nuntius bearbeiten. In Deutschland ist das seit 2013 der aus Kroatien stammende Erzbischof Nikola Eterović. Er war seitdem an der Suche nach 14 Diözesanbischöfen beteiligt. Seine Aufgabe beschränkt sich aber nicht darauf, die Listen zu sortieren, zusammenzufassen und auf Papier nach Rom zu schicken. Vielmehr ist der Nuntius eine zentrale Stelle des Verfahrens. Er sammelt Informationen über die Kandidaten. Wie das konkret geschieht, ob er beispielsweise alle Vorschläge erforscht oder gleich Kandidaten ausschließt oder ob die Häufigkeit der Namensnennung eine Rolle spielt, darüber hüllt sich der Nuntius in Schweigen. Eine Anfrage nach einem Interview ließ er unbeantwortet.

Hauptinstrument für den sogenannten Informativprozess ist ein Fragebogen, der an Menschen geschickt wird, die etwas über den Kandidaten sagen könnten. Den Fragebogen hatte vor einigen Jahren der Kölner Stadtanzeiger veröffentlicht. Seitdem ist er im Internet zu finden. In rund 60 Fragen geht es um menschliche Qualitäten, Bildung, intellektuelle und geistliche Eigenschaften, Führungsqualität und Seelsorgeerfahrung. 

„Doppeldeutigkeiten in seinem Verhalten?“

Gefragt wird etwa: „Halten Sie ihn [den Kandidaten] für psychisch ausgeglichen, verantwortungsbewusst, höflich, aufrichtig und fähig zu einem besonnenen Urteil?“ Oder: „Ist er aufmerksam für die Bedürfnisse der Menschen oder ist er selbstbezogen?“ Auch das Thema Missbrauch spielt eine Rolle: „Wenn er mit Fällen von Kindesmissbrauch befasst war, finden Sie, dass er immer angemessen und gerecht gehandelt hat?“ Dann werden die Befragten aufgefordert, das moralische Verhalten des Kandidaten zu beurteilen: „Gibt es in seinem Verhalten und seiner Sprache Doppeldeutigkeiten?“ Und später geht es um die Frage, ob der Kandidat den Zölibat „lebt und fördert“. Eine wichtige Rolle spielt die „Rechtgläubigkeit“. Unter dieser Überschrift wird zum Beispiel gefragt, welche Haltung der Kandidat zu den vatikanischen Dokumenten „über Amtspriestertum, Priesterweihe der Frau, Ehe, soziale Gerechtigkeit und Sexualethik“ habe. Ebenso geht es auch um seine Treue zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Aber auch „ökumenische Sensibilität“ und die „Fähigkeit zum interreligiösen Dialog“ sind ein Thema, genauso wie das geistliche Leben aus Bibellesung, täglicher Eucharistie, Stundengebet, Beichte und Marienverehrung. Auch werden die Befragten aufgefordert, weitere Menschen zu nennen, die mit gutem „Urteilsvermögen, Gelassenheit und Diskretion“ Informationen beisteuern können.

Die Urlaubszeit sorgt für Verzögerungen

Es wird eine ganze Zeit lang dauern, bis die Angeschriebenen den umfangreichen Fragebogen zurückgeschickt haben und die Antworten ausgewertet sind. Gerade in der Urlaubszeit. Auf Grundlage dieses Informationsprozesses schickt der Nuntius eine eigene Liste mit drei Namen nach Rom. Dabei darf er allerdings nichts unter den Tisch fallen lassen: Im Kirchenrecht steht, dass er mit seiner Liste die Vorschläge der anderen Stellen ebenfalls nach Rom schicken muss.

In Rom werden die Unterlagen dann in der Bischofskongregation bearbeitet. Ihr zentrales Gremium ist die Vollversammlung der Kongregation, die aus rund 30 Kardinälen und Bischöfen aus dem Vatikan und aller Welt besteht. In ihr werden alle Personalvorschläge diskutiert. Aus Deutschland gehört dem einflussreichen Gremium derzeit ein Nachbar des Bistums Osnabrück an – der Münsteraner Bischof Felix Genn. Doch auch er gewährt keinen Einblick in die Abläufe – aus Gründen der Diskretion gibt er zur Arbeit in der Bischofskongregation keine Interviews. 

Informationen muss man sich also zusammensuchen. Doch viel Fantasie braucht man nicht, um sich auszumalen, dass dem Wort der Bischöfe aus dem Land, in dem der zu besetzende Bischofsstuhl steht, besonderes Gehör geschenkt wird. Nach Ende ihrer Beratung erstellt die Bischofskongregation wieder eine Dreierliste, die dem Papst vorgelegt wird. Seit April leitet Erzbischof Robert F. Prevost die Kongregation. Der US-amerikanische Ordensmann war lange Bischof in Peru. Nun sitzt er in der Regel samstags beim Papst, um mit ihm die aktuellen Personalentscheidungen zu besprechen.

Das Domkapitel rechnet mit einer guten Auswahl

Wenn der Papst die Dreierliste absegnet, geht sie endlich zurück an das Domkapitel in Osnabrück, das dann zur Wahl schreitet. Nach den verschiedenen Bearbeitungsstationen kann es sein, dass auf der endgültigen „Terna“ (lateinisch drei) kein Name aus der ursprünglich aus Osnabrück auf den Weg gebrachten Liste mehr zu finden ist. Doch während die Domkapitel etwa unter Papst Johannes Paul II. befürchten mussten, eine Liste mit zwei Zählkandidaten und dem Wunschkandidaten Roms vorgelegt zu bekommen, scheint das mittlerweile anders zu sein. Aus anderen Diözesen sei zu hören, dass bei vorhergehenden Bischofswahlen eine gute Auswahl aus Rom zurückgekommen sei, heißt es aus dem Domkapitel.

Wie lange das Verfahren dauert, ist völlig offen. Zumal vorher noch die Erzbischofssitze in Paderborn und Bamberg besetzt werden müssen. Und: Mit der Wahl durch das Domkapitel ist das Verfahren ja nicht beendet. Der Gewählte muss die Wahl auch annehmen. Und das ist längst nicht mehr selbstverständlich.

Voraussetzungen für einen Bischof

Das kirchliche Gesetzbuch schreibt hinsichtlich der Eignung der Kandidaten für das Bischofsamt vor, dass der Betreffende:

- sich auszeichnet durch festen Glauben, gute Sitten, Frömmigkeit, Seeleneifer, Lebensweisheit, Klugheit sowie menschliche Tugenden und die übrigen Eigenschaften besitzt, die ihn für die Wahrnehmung des Amtes, um das es geht, geeignet machen

- wenigstens 35 Jahre alt ist

- wenigstens seit fünf Jahren Priester ist

- einen guten Ruf hat

- den Doktorgrad oder wenigstens den Grad des Lizenziaten in der Heiligen Schrift, in der Theologie oder im kanonischen Recht an einer vom Apostolischen Stuhl anerkannten Hochschuleinrichtung erworben hat oder wenigstens in diesen Disziplinen wirklich erfahren ist.

Ulrich Waschki