Hildesheimer Bildungshaus stellt sein außergewöhnliches Programm vor.

Der Lüchtenhof als „ganzheitlicher Ort“

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Eine Reihe von Bildungshäusern hat das Bistum in den letzten Jahren geschlossen. Die verbleibenden sollen ein besonderes Profil bekommen. Dazu gehört der Hildesheimer „Lüchtenhof“. In der vergangenen Woche hat das Haus erstmals ein eigenes Programm vorgestellt – und das ist außergewöhnlich.


Licht und Schatten im Hof des Lüchtenhofs: Stephanie und Dirk Brall leiten die Einrichtung und haben ein neues Konzept für das Haus entwickelt. Generalvikariatsrat Christian Hennecke (links) macht darauf aufmerksam, dass viele Häuser sich derzeit neu aufstellen.

Vor 700 Jahren wurden im Lüchtenhof an der Neuen Straße die „Lüchten“ (Kerzen) für die Prozessionen gezogen. Jetzt ist das ehemalige „Tagungshaus Priesterseminar“ zwischen Hildesheimer Altstadt und Neustadt zu seinem alten Namen zurückgekehrt.

Die Direktion des Lüchtenhofs haben seit dem Sommer 2021 die Publizistin Stephanie Brall und der Kulturwissenschaftler Dirk Brall inne. „Unser Angebot richtet sich an alle, die sich austauschen und inspirieren wollen, um Gesellschaft zu gestalten“, erläutert Stephanie Brall die Neuausrichtung. „Der Lüchtenhof möchte seinen Gästen Erfahrungsräume öffnen rund um nachhaltige Lebenskunst, kreative Unternehmungskultur und klösterliche Spiritualität“, sagt sie.

Prozesse und Erfahrungen teilen

„Hier treffen Tradition und Innovation, Spiritualität und Gesellschaft aufeinander“, ergänzt Dirk Brall, der bis 2021 das von der evangelischen Kirche getragene Literaturhaus St. Jakobi in Hildesheim leitete. „Wo vor 700 Jahren die Lüchten für die Prozessionen gezogen wurden, heißen wir heute das Teilen und Erfahren von Prozessen neu willkommen. Vom Dazwischen und Unterwegssein, vom Verweilen und Wandeln, vom Suchen und Lernen, von Lücht und Schatten.“

Vom Kino zum Kopfkino: „Lüchtspiele“

Das, was das Ehepaar Brall vorhat, spiegelt sich im Programm wider. Los geht es am 25. November mit einem sogenannten „Lüchtspiel“. Wer dabei an Lichtspiel denkt, liegt nicht ganz falsch, doch anders als im Kino sollen keine Bilder an die Wand geworfen werden, sondern – wie die beiden erklären – im Kopf entstehen. Thema der ersten Veranstaltung unter dem Motto „whats next?“ ist der gesellschaftliche Wandel. Die Aktivistin Fatuma Musa Afrah und der Gestalter Jon Hoekstra gestalten einen sogenannten „Inspirationstag“ mit Werkschau, Übung, Werkstattgespräch und interdisziplinärem Austausch. Die „Lüchtspiele“ sollen ein fester Bestandteil des Lüchtenhof-Programms werden. Mehr oder minder bekannte Experten aus Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Medien werden in diesem Rahmen „ihre Erfahrungen und Strategien rund um Lebenswandel und Gesellschaftswandel“ teilen, wie das Bistum erklärt.

Ebenfalls fest im Programm verankert sind jahreszeitlich inspirierte „Retreats“ (Rückzugsmöglichkeiten). Vom 8. bis 11. Dezember findet das erste „Winterlücht“ statt. Ein verlängertes Wochenende, um die Jahreszeit wahrzunehmen und das eigene Leben darin zu verorten. „Natur und Handwerk, Storytelling, Meditation und Körperarbeit inspirieren zum Teilen, Gründen und Wandeln“, heißt es von den Machern. Klassische kirchliche oder religiöse Angebote stehen hingegen nicht auf dem Programm.

Ausschließlich veganes und vegetarisches Essen

Wert gelegt wird im Lüchtenhof auf eine besondere Ästhetik. Das drückt sich nicht nur in den Räumlichkeiten aus, sondern auch in den Materialen: Für das Haus wurde ein eigenes Schriftbild mit angeschnittenen Buchstaben entworfen. „Sie sollen die Offenheit für Prozesse und Inspirationen, aber auch für Spiel und Raum symbolisieren“, erläutert Dirk Brall. Eine große Rolle spielt bei den Veranstaltungen auch das Essen, dem Lüchtenhof geht es um eine „inspirierende Kulinarik“. Das, was während der Veranstaltungsreihen auf den Tisch kommt, ist vegan oder zumindest vegetarisch und soll ein besonderes Geschmackserlebnis bieten. Die Zutaten sollen zudem möglichst saisonal, regional, bio und fair sein.

Neben dem Programmangebot, das bundesweit allen Interessierten gleich welcher Konfession offensteht, ist der Lüchtenhof wie bisher der Ort, an dem das Bistum Hildesheim Aus-, Fort- und Weiterbildungen für die Mitarbeitenden und Engagierten der verschiedensten Berufe und Aufgaben in Caritas, Schule und Pastoral veranstaltet. Auch Tagungen und Übernachtungen für Gruppen und Einzelgäste aus Organisationen rund um Bildung, Kultur und Gesellschaft finden im Lüchtenhof weiterhin statt. Für mehrtägige Veranstaltungen stehen 23 Einzel- und vier Doppelzimmer zur Verfügung.

 „Wir wollen den Lüchtenhof als ganzheitlichen Ort weiterentwickeln. Mit inspirierender Raumgestaltung, Unternehmenskultur, Kulinarik und relevantem Programm für alle unsere Gäste“, so Stephanie Brall. „Unsere Gesellschaft braucht in diesen Zeiten Menschen, die den Wandel zuversichtlich mitgestalten. Menschen, die suchen, gründen, lehren, leiten, entwickeln und verändern“, ergänzt Dirk Brall.

Auch andere Häuser stellen sich neu auf

„Der Lüchtenhof ist eine der Bildungseinrichtungen im Bistum Hildesheim, die sich neu aufstellen“, ergänzt Generalvikariatsrat Christian Hennecke. „Auch die anderen Einrichtungen entwickeln sich derzeit weiter. Wir sind in Bewegung, um die Zukunft unseres Bistums zu gestalten. Das Godehardjahr, das wir gerade begehen, will ja diese Zukunftsausrichtung auf den Weg bringen, ganz im Sinne unseres Mottos „Go!“. 

(bph/bd)
 
Homepage: luechtenhof.de