Erinnerungen an Papst Franziskus

„Er war wie ein Pfarrer, wie ein guter Vater“

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Papst Franziskus - Pater Mauritius Wilde
Nachweis

Foto: privat/Mauritius Wilde

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Hoher Besuch im Benediktinerkloster Sant'Anselmo in Rom: Der damalige Abtprimas Gregory Polan und Pater Mauritius Wilde begrüßen Papst Franziskus.

Benediktinerpater Mauritius Wilde stammt aus Hildesheim und lebt im Kloster Sant’Anselmo in Rom. Er traf mehrmals mit Papst Franziskus zusammen und erinnert sich an diese zum Teil sehr persönlichen Begegnungen.

Ich durfte Papst Franziskus einige Male begegnen. Er kam zu uns Benediktiner nach Sant‘Anselmo jedes Jahr an Aschermittwoch. Als Prior begrüßte ich ihn zusammen mit dem Abtprimas. Beim ersten Mal hatte ich mir ein paar italienische Worte zurechtgelegt, für den Fall, dass sich ein kleines Gespräch ergeben sollte. Der Papst aber kam – wie oft - aus Sicherheitsgründen – viel zu früh, und ich war total überrumpelt und vergaß all meine vorgefertigten Sätze. Doch da ergriff er mit beiden Händen meine Hand und alles war gut. Papst Franziskus hatte eine ganz warme und herzliche Ausstrahlung. Anschließend feierten wir immer in Santa Sabina die Eucharistie und da stand er in dieser nicht allzu großen Kirche am Altar wie ein Pfarrer. Ja, er war wie ein Pfarrer und wie ein guter Vater. Papst Franziskus hatte auch viel Humor. Einmal verabschiedete er sich von uns an Aschermittwoch und der Abtprimas sagte zu ihm: „Buona Quaresima!“ das bedeutet: „(Ich wuensche Ihnen) eine gute Fastenzeit!“. Daraufhin der Papst: „Ja, ich kümmere mich um das buona, und Sie sich um die Quaresima, ok“? 

Buchüberreichung
Pater Mauritius Wilde überreicht Papst Franziskus sein neuestes Buch. 
Foto: privat/Mauritius Wilde

Bei jeder Begegnung hatte er etwas Aufbauendes auf den Lippen. Als ich ihm einmal mein neuestes Buch überreichte, sagte er: „Vai avanti“ … „weiter so!“ 

Andere haben mir auch schöne Geschichten von ihm erzählt. Der Präfekt des Klerusdikasteriums, Kardinal Lazarus You Heung-sik, zum Beispiel, war gerade von Papst Franziskus von Korea nach Rom berufen worden - gegen seinen Willen, als die Pandemie einsetzte. So musste er isoliert in Santa Marta leben. Der Papst kam jeden Tag vorbei, klopfte an seine Tür und fragte, wie es ihm gehe. Einmal sagte der Kardinal: „Ach, ich fühle mich so einsam.“ Darauf der Papst: „Warum einsam? Du kannst doch mit deinen Schutzengeln sprechen!“ Der Papst war aber nicht nur ein guter, sich kümmernder Vater, sondern auch ein Fels. Wenn er da bei der Liturgie mit all seinem Gewicht auf der Kathedra saß. Nichts konnte ihn umstoßen, so schien es. Das galt auch im übertragenden Sinn bei all den Konflikten, denen er sich ausgesetzt sah. Das erste Mal bei einer Liturgie habe ich ihn in der Lateranbasilika erlebt. Die Kirche war prächtigst geschmückt und beleuchtet, ein großer Chor bereitete sich gerade noch vor und sang, die Orgel rauschte – bei so einer gepflegten Liturgie geht einem Benediktiner das Herz auf! – da kam Franziskus an, die Aktentasche unter dem Arm, schlurfte er mit seinen schwarzen Schuhen ganz allein quer durch das Presbyterium in die Sakristei. Da dachte ich: Wie gut! Er hilft uns in der Kirche, nicht in Brimborium und Ritualismus abzugleiten, und bleibt auf dem Boden. 

Ich bin dankbar, was Papst Franziskus der Kirche gegeben hat, und auch dafür, dass ich ihn etwas näher erleben durfte.

 

Mauritius Wilde