„Es wird nicht leichter“

Image
Geistliche und Messdiener vor dem Doberaner Münster mit Weihbischof Horst Eberlein, Pastor Wulf Schünemann und Pfarrer Dietmar Wellenbrock.
Nachweis

Foto: Andreas Hüser

Caption

Man sieht den Wind des Septembermorgens in den Gewändern. Geistliche und Messdiener vor dem Doberaner Münster mit Weihbischof Horst Eberlein, Pastor Wulf Schünemann und Pfarrer Dietmar Wellenbrock (rechts). 

„Gemeinsam den Aufbruch wagen“, unter diesem Motto trafen sich die Katholiken aus der großen Pfarrei Herz Jesu vor der berühmtesten Kirche der Region: dem Doberaner Münster. Das hat schon lange Tradition.

„Ja, dies ist ein vertrauter Ort“, so begann Weihbischof Horst Eberlein die Begrüßung der Wallfahrer vor dem Doberaner Münster. „An einem solchen Ort suchen wir Nähe.“ Die Nähe zu Gott, zu Menschen, und zu den Menschen, die vor langer Zeit diesen Glauben gelebt haben. Für einige der 500 Pilger am vergangenen Sonntag hatte die Wallfahrt schon Stunden vor dem Gottesdienst begonnen. Eine Gruppe kam mit dem Fahrrad, eine andere zu Fuß: gut sechs Kilometer vom Bahnhof Parkenthin mit einer Station in der Kapelle Althof. Althof war nicht nur lange das Wallfahrtsziel des Dekanats Rostock. Wo heute nur eine Kapelle steht, ließen sich 1171 die ersten Zisterzienser nieder. Nach einem blutigen Überfall wurde ihr Kloster zerstört und danach in Doberan neu gebaut. 

Nicht alles, was gut ist, geht auch gut. Das Wallfahrtsmotto „Gemeinsam den Aufbruch wagen“ sollte eine Antwort auf die vielen Ängste und Verunsicherungen sein, die das Leben heute verdüstern. Die Fußpilger hatten im Gepäck einen alten Text von Teresa von Avila: „Nichts soll dich beunruhigen. Nichts soll dich ängstigen. Gott geht nicht weg. Gott allein genügt.“ In wundervoller Landschaft gab es Zeit, diese Worte zu bedenken, die eigenen Ängste und Unsicherheiten darin zu finden – und am Ende auch Trost und Vertrauen. 

Pilger wissen: Jeder Aufbruch hat etwas Schönes und Vielversprechendes. Aber wie geht es weiter? Darüber sprach Weihbischof Horst Eberlein in der Wallfahrtspredigt. „So habe ich mir das nicht vorgestellt.“ Diesen Satz könne man häufig hören: ob von Schulanfängern, Eheleuten, Priestern, Politikern, Berufseinsteigern. Und auch die Jünger Jesu, so vermutet Horst Eberlein, haben sich die Sache anders vorgestellt. „Begeistert alles stehen und liegen lassen? Ja. Volle Netze ins Boot ziehen? Ja. Großen Zustrom erleben? Ja.“ Aber dann gibt es Hinweise, dass der Weg gefährlich wird und nicht gut enden wird. Am Ende steht das Kreuz. „Es wird nicht einfacher“, sagte der Weihbischof. Zum Gipfel hin wird der Weg immer steiler. Diese Erfahrung macht auch jeder gewöhnliche Wanderer. „Auf jedem Gipfel steht ein Gipfelkreuz. Wer nach oben will, kommt am Kreuz nicht vorbei.“ 

Und Eberlein erinnerte an einen Satz von Madeleine Delbrel, der Mystikern der Straße aus einer Industriestadt nahe Paris. „Was von uns verlangt wird, ist dies: als Menschen leben, die ihre Passion erwarten.“ 

Heiterer ging es bei den Kindern zu, die auf der anderen Seite des mächtigen Münsterchores unter sich waren. Mit schillernden Seifenblasen und gebastelten Regenbogen ging es in die Welt der Farben. „Keine Farbe ist wichtiger als die andere. Keine Farbe kann ohne die andere sein.“ 

Viele Kinder auf dem Wallfahrtspltaz gehen in dieselbe Schule: die Rostocker Don Bosco-Schule. Sie wurde jetzt 25 Jahre alt und macht in der nächsten Woche Zirkus. Eine kleine Kostprobe artistischer Darbietungen gab es schon am Ende des Gottesdienstes. Eine Werbung für die Aufführungen, Eintrittskarten gab es direkt vor Ort. Vor der Schlussandacht konnten die Pilger noch etwas Außergewöhnliches erleben: ein Orgelkonzert von Werner Koch zwischen himmelhohen Gerüsten. Das Münster wird zur Zeit restauriert.

Andreas Hüser