Singen im Advent

Gerne mit ganz vielen

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Adventssingen im Stadion
Nachweis

Foto: imago/Funke Foto Services

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Eine richtig schöne Atmosphäre: Vereine und Kirchen laden zum Adventssingen in große Stadien ein. Und die Leute kommen

Im Advent wird überall gesungen: in der Schule, im Stadion, in der Nachbarschaft, auf dem Marktplatz, im Seniorenheim. Natürlich auch in der Familie und in der Kirche. Warum ist Singen gerade jetzt so beliebt? Und was hilft es in dunkler Zeit?

"Vier dicke, rote Kerzen“, „In der Weihnachtsbäckerei“, „Schneeflöckchen“ und  „Last Christmas“. Nicht nur aus Lautsprechern und Radios klingen diese Lieder, sie klingen auch aus vielen Kehlen, aus großen und kleinen, alten und jungen.

„Singen führt zusammen“, sagt Ralf Stiewe, Kirchenmusiker im emsländischen Papenburg. „Auf dem Weihnachtsmarkt unserer Stadt steht eine Bühne, da wird ständig Musik gemacht. Schulen, Chöre und ein großes Rudelsingen für alle. Wenn das nicht wäre, würde etwas fehlen.“

Mit den vertrauten Liedern würden „Resonanzen angeschlagen“, Erinnerungen geweckt. „Diese Lieder sind einfach anrührend“, sagt Stiewe. Und es sei kein Zufall, dass die ältesten deutschsprachigen Kirchenlieder Advents- und Weihnachtslieder sind. „Es ist eine sehr bewegende Zeit im Jahr. Und mit der Geburt eines Kindes ein auch menschlich berührendes Fest.“

Das würde man auch in den Gottesdiensten merken. „Wir müssen im Advent einfach ‚Wir sagen euch an ...‘ singen“, sagt der Kirchenmusiker. „Sonst beschweren sich die Leute hinterher, dass es gar nicht richtig Advent ist.“

Oder in den adventlichen Rorate-Gottesdiensten, in denen das Licht so weit abgedunkelt ist, dass man nur schlecht lesen kann. „Wir singen dann die alten Lieder, die alle auswendig kennen: ‚Macht hoch die Tür‘, ‚Tauet Himmel‘, ‚Komm, o Heiland‘“, sagt Stiewe. „Da wird dann wirklich gesungen, was die Stimme hergibt.“ Und das schwappt auf junge Sängerinnen und Sänger über. „Der Kinderchor freut sich jedes Jahr auf den Advent und seine Lieder.“

Mit wem soll man singen, wenn man alleine wohnt?

Wenn der Eindruck nicht täuscht, hat das Singen im Advent in den vergangenen Jahren sogar zugenommen. So laden Sportvereine, manchmal im Verbund mit den Kirchen, ins Stadion ein. Nachbarschaften treffen sich beim „lebendigen Adventskalender“ singend vor den Häusern, Schulen singen in der Turnhalle mit allen Jahrgängen zusammen, Senioren singen beim Adventskaffee im Gemeindehaus oder im Speisesaal des Altenheims. Und sogar im Bundestag wird 
jedes Jahr zum Adventssingen eingeladen.

Vielleicht hat der Erfolg dieser Aktionen ja auch damit zu tun, dass immer mehr Menschen allein leben. „Alleine zu singen, macht keinen Spaß“, sagt Stiewe. Die wenigsten Paare werden sich zum Singen an den Adventskranz setzen, und manche Kleinfamilie traut sich nicht so richtig. Auch deshalb sollten wir uns jetzt in den Kirchengemeinden musikalisch besondere Mühe geben, sagt Ralf Stiewe: „Ein Chor oder ein solistischer Beitrag im Gottesdienst, ein offenes Musikangebot am Nachmittag, ein Konzert – das alles hilft, zur Ruhe zu kommen und die Adventszeit bewusst zu erleben.“

Susanne Haverkamp