Kirchenbeauftragter der SPD

Hubertus Heil will Brücken bauen

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Porträtfoto Hubertus Heil
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Foto: imago

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Der Niedersachse Hubertus Heil ist Kirchenbeauftragter der SPD.

Der Niedersachse Hubertus Heil ist neuer Beauftragter der SPD für Kirchen und Religionsgemeinschaften. Würde er heute den Kriegsdienst verweigern?

Der ehemalige Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist neuer Beauftragter der SPD-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften. Der 52 Jahre alte Niedersachse aus Peine wurde in Hildesheim geboren und vertritt den Wahlkreis Gifhorn-Peine. Heil ist Protestant, hat schon in der Jugend den Kirchentag besucht und gehört heute dem Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages an.

Sie sind neuer Kirchenbeauftragter der SPD. Worum geht es da?

Es geht um den Austausch zwischen Kirchen, Religionsgemeinschaften und Staat. Ich habe den Auftrag, Brücken zu bauen zwischen politischer Verantwortung und religiöser Orientierung. Das ist keine Führungsposition in der Regierung, aber es ist eine wichtige parlamentarische Aufgabe. Gerade in unseren stürmischen Zeiten können die Kirchen und Religionen wichtige Beiträge zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, zur ethischen Orientierung und zur Gestaltung unseres Zusammenlebens leisten. Es geht auch um den Dialog zwischen den Religionen in Deutschland, um mehr Respekt und mehr Toleranz.

Sie haben als eines ihrer Vorbilder Erhard Eppler genannt, der in den achtziger Jahren als einer der Väter der Friedensbewegung galt. Wie beurteilen Sie heute vom christlichen Standpunkt die Frage der Nachrüstung?

Heute sehe ich vieles anders als der Jugendliche, der ich in den 1980er-Jahren war. Damals kam auch ich mit dem lila Halstuch der Friedensbewegung zum Kirchentag 1983 in Hannover. Da war Erhard Eppler Kirchentagspräsident. 

Wie kam es zu Ihrem Meinungswandel?

Ich bin sehr geprägt durch meine eigene Familiengeschichte. Meine Mutter war Jahrgang 1937 und hat noch kurz vor Kriegsende einen 16-jährigen Bruder verloren, der als Soldat verheizt wurde. Sie selbst war nach Ende des Krieges Vollwaise und musste ihre pommersche Heimat verlassen. Auch deshalb habe ich später als junger Mann den Dienst mit der Waffe verweigert und Zivildienst geleistet.

Würden Sie heute auch den Kriegsdienst verweigern?

Nein, ich glaube nicht. Ich habe einiges erlebt, was meine Haltung zu militärischen Mitteln verändert hat. Vor 30 Jahren geschah der Völkermord in Srebrenica, als serbische Truppen Bosnier in einer UN-Schutzzone ermordeten und Europa tatenlos zusah. Kurze Zeit später musste ich als junger Bundestagsabgeordneter über den ersten Kampfeinsatz der Bundeswehr im Kosovo mitentscheiden. In der SPD gab es auf einem Parteitag darüber eine hitzige Diskussion, in der ausgerechnet Erhard Eppler für den Bundeswehreinsatz geworben hat. Sein Argument, dass es politische Situationen gibt, in denen man größere Schuld auf sich lädt, wenn man tatenlos zuschaut, wie Menschen ermordet werden, hat mich überzeugt. Verantwortungsethik heißt also: Wir sind nicht nur dafür verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir unterlassen.

Was können die Kirchen zum Frieden beitragen? Haben sie überhaupt einen Einfluss, oder sind die Friedensbitten und Gebete nur symbolisch?

Niemand sollte Gebete und Friedenssehnsucht verächtlich machen. Und der Vatikan etwa hat sich auch ganz praktisch in die Lösung vieler internationaler Konflikte eingeschaltet. Zudem können in Deutschland kontroverse und differenzierte Debatten innerhalb der Kirche über Fragen von Krieg und Frieden einen Beitrag zur Verständigung leisten.

Interview: Michael B. Berger