Ruhestandsgeistliche über ihr Leben
„Mir geht es sehr gut“
Schon jetzt sind im Durchschnitt der deutschen Diözesen mehr als 40 Prozent der Priester „Ruhestandsgeistliche“. Um das Jahr 2025 herum wird die Gruppe der Pensionäre genauso groß sein wie die der Priester im aktiven Dienst. Wie leben die Priester i. R.? Werden sie noch gebraucht? Sind sie zufrieden?
Wie geht es Priestern im Ruhestand? Vier von ihnen, zwischen 82 und 90 Jahren alt, haben auf diese Frage geantwortet – und auf weitere Fragen: Ob sie Kontakte mit Kollegen und zu früheren Gemeinden pflegen, ob sie sich im Alter einsam fühlen. Die vier ehemaligen Pfarrer unterscheiden sich in ihrer Lebensweise, gemeinsam ist ihnen aber eine dankbare und zufriedene Grundhaltung – und dass ihre Mitarbeit in den Gemeinden auch im Ruhestand gefragt war und ist.
Pfarrer Franz-Peter Breidbach, Fulda
„Grundsätzlich sollte man im Ruhestand nicht in dem Ort bleiben, wo man als Pfarrer tätig war“, ist die Meinung von Pfarrer Franz-Peter Breidbach, 82. Und so verließ er 2012 Ufhausen, wo er die letzten zwölf Jahre als Seelsorger tätig war. Er ist nach Petersberg gezogen, das in unmittelbarer Nähe seiner Heimatstadt Fulda liegt. „Ich habe das Glück, dass ich hier ein kleines Haus mieten konnte, direkt neben dem Haus, in dem meine Haushälterin mit ihrer Familie wohnt“, erzählt er, „und ich habe auch Anschluss an ihre Familie.“
„Es ist eine große Gnade, dass ich Priester werden durfte, und es ist gut, dass meine Dienste noch gebraucht werden“, sagt er. „Seit zehn Jahren helfe ich aus, wo ich gefragt werde.“ Er hält auch den Kontakt zu seiner früheren Gemeinde im 30 Kilometer entfernten Ufhausen. „Ich bin sehr froh, dass ich ‚alle Tassen im Schrank‘ in der richtigen Reihenfolge habe“, merkt er an. „Ich habe das große Los gezogen, und wenn ich nicht zufrieden wäre, wüsste ich nicht, was Gott mir sonst noch bieten müsste.“
Pater Matthias Rummel, Limburg
„Ich fühle mich pudelwohl mit vielen alten Mitbrüdern“, sagt Pater Matthias Rummel, 84. „Es wird vorbildlich für uns gesorgt. Ich bin zwar nicht pflegebedürftig, aber die Pflegeabteilung achtet darauf, dass wir uns zeigen.“ Im Sommer 2021 ist er ins Missionshaus der Pallottiner in Limburg zurückgekehrt – nach der Auflösung des Klosters Tiefenthal in Eltville-Martinsthal. Dort war er Hausseelsorger bei den Armen Dienstmägden Jesu Christi, Dernbacher Schwestern genannt. Nicht nur im Kloster, sondern auch in umliegenden Gemeinden hielt er regelmäßig Gottesdienste und Messen, insbesondere in den Kirchorten Martinsthal, Rauenthal und Walluf. Dort schätzten ihn die Ehrenamtlichen, weil er ihnen jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stand. Die Gläubigen im Rheingau haben ihn ins Herz geschlossen, wie auch er sie, ihre Landschaft und das Kloster Tiefenthal ins Herz geschlossen hat. „Ich durfte acht gute Jahre hier verbringen; dafür bin ich dankbar“, versicherte Pater Rummel bei seinem Abschiedsgottesdienst in Martinsthal.
„Ich bin nicht in ein fremdes Altenheim gegangen, sondern heimgegangen in das Haus, was mir schon Heimat war“, erzählt er. „Hier war ich früher schon sechs Jahre als Schüler, und von 1978 bis 1984 war ich Rektor des Hauses. Im Pflegefall haben wir hier eine eigene Abteilung.“ Aber so weit ist es bei ihm noch nicht. Innerhalb des Hauses ist er weiter seelsorglich für die Mitbrüder tätig, und er führt einzelne Gespräche mit Leuten, die ihn kennen und aufsuchen.
Pfarrer Günther Gutensohn, Dernbach
„Mir geht es sehr gut“, antwortet Pfarrer Günther Gutensohn, 90, auf die Frage nach seinem Befinden. „Ich fühle mich hier gut aufgehoben, und ich bekomme alles, was ich brauche.“ Seit einem Jahr lebt er im Seniorenzentrum St. Josef in Dernbach. Die Umgebung ist ihm vertraut. „14 Jahre war ich hier als Altenheimseelsorger tätig.“ Als er 2008 in den Ruhestand ging, zog er nach Ebernhahn, wo er regelmäßig die Gottesdienste mitfeierte. Im Dezember 2018 feierte er aus Anlass seines diamanten Priesterjubiläums in Konzelebration mit anderen Priestern die Eucharistie in der Kirche in Ebernhahn. „Im Weihekurs waren wir 15, davon leben noch drei“, berichtet er. „Zu zweien habe ich noch postalischen Kontakt. Hier im Seniorenheim bin ich der einzige Pries-ter im Ruhestand.“ Große Freude hat es ihm gemacht, dass er an Weihnachten mit Pater Elmar Busse die heilige Messe in der Klosterkirche der Dernbacher Schwestern feiern durfte.
Professor Helmut Schwalbach, Mainz
„Mein Berufsende verlief in zwei Schritten“, sagt Professor Helmut Schwalbach, 85. Mit 65 beendete er seine hauptamtliche Tätigkeit an der Katholischen Hochschule Mainz als Pastoraltheologe, blieb aber noch zehn Jahre als Pfarrer in Mainz-Ebersheim, wo er auch während seiner Tätigkeit an der Hochschule seit 1979 als Pfarrer tätig war. „Nun lebe ich in der Mainzer Altstadt in einer Mietwohnung und versorge mich selbst“, berichtet er. „In den ers-ten Jahren im sogenannten Ruhestand wurde ich noch zu vielen Gottesdienst-Vertretungen in der Umgebung angefragt, war noch weiter tätig in der Ausbildung von Diakonen und begleitete ein paar Wallfahrten der Diözese.“ Heute ist er noch gelegentlich als Aushilfe bei Gottesdiensten in den Mainzer Pfarreien St. Stephan und St. Ignaz tätig.
„In der Diözese Mainz gibt es monatlich an unterschiedlichen Orten ein Treffen der Pensionäre; es sind aber inzwischen immer weniger Teilnehmer“, erklärt er. Das liege wohl teilweise an der Corona-Pandemie, aber auch daran, dass viele weite Anfahrten scheuen oder gesundheitlich immer mehr eingeschränkt seien. „Mir geht es gesundheitlich altersgemäß noch ganz gut, auch wenn die geistigen und körperlichen Kräfte immer mehr nachlassen. Freude machen mir meine regelmäßigen Spaziergänge in der Natur“, erzählt er. „Insgesamt darf ich dankbar auf meinen Weg zurückschauen, aber auch auf meine jetzige Situation. Ich schätze dabei aber auch sehr das Gesangbuchlied 437: ‚Meine engen Grenzen, meine kurze Sicht …‘ und kann es zur Besinnung sehr empfehlen.“
Von Christa Kaddar