Pfarrei St. Bonifatius Amöneburger Land
Nicht alles mal 13 machen
Die zum Jahreswechsel entstehende Pfarrei St. Bonifatius Amöneburger Land wird mit 10000 Katholiken nicht die größte im Bistum Fulda werden. Jedoch 13 Kirchorte kann bislang keine Pfarrei aufweisen. Aber: „Wir machen nicht alles mal 13. Das haut nicht hin“, betont Amöneburgs Pfarrer Marcus Vogler.
Die meisten der 13 Kirchorte sind – abgesehen von Kirchhain – katholisch geprägt. Und dies seit der Reformation in einem evangelischen Umfeld. Pfarreien, die seit 200 Jahren ihre Dörfer geprägt haben, hören mit dem Jahreswechsel auf, zu bestehen. „Jemand sagte mir: Das ist schon ein Stück Kirchengeschichte“, berichtet Pfarrer Vogler.
Der Priester beobachtet, dass vor allem die Verantwortlichen in den Pfarr- und Verwaltungsräten spüren, dass da etwas unwiederbringlich zu Ende geht. Etwa, wenn jetzt die Kirchenbücher nach Fulda gebracht werden. In der neuen Pfarrei wird es dann ein neues Kirchenbuch geben. „Das bedeutet Abschied nehmen. Und: Da muss auch Zeit zur Trauer sein. Die muss man zulassen“, ist der Seelsorger überzeugt.
Corona-Erfahrungen sind hilfreich für Neubeginn
Der Neubeginn birgt für Pfarrer Vogler vor allem Chancen. Die gelte es nun zu entdecken. Und dabei sind die Erfahrungen aus den vergangenen Monaten hilfreich. Denn in der Corona-Pandemie merkten die Menschen immer wieder, dass neue und ungewohnte Wege beschritten werden mussten, weil bis dahin Gewohntes nicht möglich war. Ein Satz wie „Es soll so sein, wie es immer war“, der geht Menschen nach Corona nicht mehr so ohne weiteres über die Lippen.
Manche neuen Wege in der Corona-Zeit öffneten Perspektiven. So befindet sich unterhalb von Amöneburg der Ort, an dem nach der Überlieferung Bonifatius getauft hat. Als Bischof Michael Gerber nach Amöneburg kam, fand dort eine Tauferneuerung statt. „Ich habe da gedacht: Da hätte ich doch viel früher drauf kommen können“, sagt Vogler mit Blick zurück und nach vorn.
Der Pfarrer nennt als Beispiel auch Fronleichnam in Mardorf. Vor Corona sei es undenkbar gewesen, dass die Prozession anders stattfinden könnte als in den Jahrzehnten zuvor. Wegen der Pandemie ist sie zwar nicht ausgefallen, musste aber anders abgehalten werden. So gab es einen Gottesdienst im Freien an der Mariengrotte. Und dann zog der Priester allein durch die Straßen und segnete die Häuser und die Menschen darin. „Danach sagte mir jemand: Da ist mir der Sinn dieses Festes deutlicher bewusst geworden als in den Jahren zuvor“, erinnert sich Vogler.
Für den Seelsorger steht fest: „Wir können der Kirche ein neues Gesicht geben. Und zwar nicht nur die Hauptamtlichen, sondern alle. Die Frage ist: Wie können sich die Einzelnen kreativ ins Gemeindeleben einbringen?“ Er weiß aber auch: „In der Vergangenheit war das Gemeindeleben auf den Pfarrer zentriert.“ Dass Laien als Getaufte und Gefirmte das Geschehen in der Gemeinde mitgestalten, sei etwas Neues.
Pfarrer will beratend zur Seite stehen
Für Vogler ist klar: „Jeder Kirchort ist so lebendig, wie die Menschen, die den Ort prägen.“ Das bedeute, dass sich alle die Fragen stellen: Wo stehen wir? Was hat sich bewährt? Wo wollen wir hin? Was passt zu uns? Seine eigene Aufgabe in diesem Prozess sieht der Pfarrer in der eines Spirituals, der helfend und beratend zur Seite steht und begleitet. Vogler: „Es geht darum, Menschen zu befähigen, Kirche zu sein.“ Zweifler verweist er auf den Titel eines Kirchenlieds: „Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist.“
Den Wegcharakter macht auch die Aktion „Bonifatius on tour“ deutlich. Bis Ende August werden in 13 Etappen alle künftigen Kirchorte besucht. Mit dabei: eine Reliquie des künftigen Pfarrpatrons. Wichtig ist es Vogler, dass alle 13 Kirchorte gleich behandelt werden – unabhängig von ihrer Größe. So ist jeder Kirchort im künftigen Pfarrgemeinde- und Verwaltungsrat vertreten. „Ich habe gemerkt, dass dies Ängste genommen hat.“ Auch werden künftig wie bisher in den Kirchorten die jeweilige Kirchweihe und das Gedenken des Kirchenpatrons (Patrozinium) gefeiert.
Von Hans-Joachim Stoehr