Abtreibungsrecht

Nicht auf einer Linie

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Paragraf 218
Nachweis

foto: kna/Harald Oppitz

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Blick ins Strafgesetzbuch: Im Paragraf 218 sind Schwangerschaftsabbrüche rechtlich geregelt.

Die Bundesregierung will das Gesetz zu Schwangerschaftsabbrüchen neu regeln und aus dem Strafrecht herausholen. Die evangelische Kirche stimmt verhalten zu, katholische Bischöfe und Verbände sind dagegen.

Die Kirchen in Deutschland positionieren sich unterschiedlich zur geplanten Neuregelung der Abtreibung. Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hält es für denkbar, Abtreibungen unter bestimmten Bedingungen künftig auch außerhalb des Strafrechts zu regeln. Eine „vollständige Entkriminalisierung“ sei allerdings nicht vertretbar, heißt es in einer Stellungnahme.

Eine Kommission aus Medizinern, Juristen und Ethikern soll im Auftrag der Bundesregierung eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts prüfen und hatte Kirchen und Verbände aufgefordert, Stellungnahmen abzugeben. 

Laut Paragraf 218 im Strafgesetzbuch ist ein Schwangerschaftsabbruch derzeit grundsätzlich rechtswidrig. Er bleibt jedoch straffrei, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die schwangere Frau sich zuvor beraten lassen; zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.

Der EKD-Rat spricht sich nun dafür aus, dass es weiter eine verpflichtende Beratung vor einer möglichen Abtreibung geben soll. Die geltende Regelung übertrage die Verantwortung für den Schutz des ungeborenen Lebens vor allem an die Frau, so der Rat weiter. Besser wäre aus dessen Sicht eine „Verantwortung, die Staat und Gesellschaft in diesem Zusammenhang“ übernehmen müssten. So sehr der Schutzstatus des werdenden Lebens bereits ab dem Zeitpunkt der Empfängnis beginne, erscheine es fragwürdig, „ihm zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft mit Mitteln des Strafrechts Geltung zu verschaffen“.

Das Lebensrecht des Ungeborenen und die Schutzpflicht ihm gegenüber nähmen während der Schwangerschaft kontinuierlich zu, so das Papier weiter. Die Frage sei, ob und wie sich dies in Fris-
ten niederschlagen könne, die mit unterschiedlichen Anforderungen und Sanktionen verbunden seien.

Katholische Verbände halten an Regelung fest

Anders argumentieren katholische Verbände. Die bisherige Regelung sichere auch derzeit wirksam die Selbstbestimmung der Frau, heißt es in einer Stellungnahme des Sozialdienstes katholischer Frauen und der Caritas. Beides – Selbstbestimmung sowie Schutz des ungeborenen Lebens – gelinge ohne die Gefahr, dass der Wunsch der Frau kriminalisiert werde. Dies zeige auch die geringe Zahl von Verurteilungen nach Paragraf 218, die jährlich unter zehn liege. Eine grundsätzliche Legalisierung des Abbruchs innerhalb einer bestimmten Frist würde die Balance zulasten des Lebensrechts der Ungeborenen verschieben.

Die Bischofskonferenz erklärte, ihre eigene Stellungnahme sei noch in Vorbereitung. Die Debatte müsse „angesichts des sensiblen Themas sehr sorgfältig geführt und eine Polarisierung vermieden werden“. Es sei aber nicht einsichtig, dass eine außerstrafrechtliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs das Lebensrecht des ungeborenen Kindes in gleicher Weise oder besser schützen soll als die gegenwärtige 
Regelung. Richtschnur sei, dass der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des ungeborenen Lebens ebenso wie die Rechte der Frau sichergestellt sein müssten.

kna