Irmgard Jehles besondere Beziehung zu Lourdes
"Pilgern bestimmt mein Leben"

Foto: privat
Mal erklärt sie, mal betet sie mit: Irmgard Jehle ist aufPilgerreisen vielfältig gefragt.
Ihre ersten Wallfahrten unternahm Irmgard Jehle mit ihrem Bruder und ihren Eltern. Die gläubige Familie aus Garmisch-Partenkirchen besuchte regelmäßig Kloster Ettal, die Wieskirche und Kirchen im österreichischen Inntal. „Das war als Kind natürlich toll, weil es das einzige Mal war, wo wir hinterher ins Wirtshaus gegangen sind“, erinnert sie sich.
1973, noch als Schülerin, durfte sie dann erstmals eine Rom-Fahrt begleiten: „Mein Großonkel, Weihbischof Neuhäusler, war damals Präsident des Bayerischen Pilgerbüros. Er hat dafür gesorgt, dass ich unter der Obhut seiner Sekretärin als Reiseleiter-Lehrling mitfahren durfte.“ Seither hält Jehle dem Bayerischen Pilgerbüro die Treue und begleitete zunächst als Hilfsreiseleiterin Sonderzüge nach Rom und Lourdes. Während ihres Studiums erweiterte sich ihr Radius: „Meine Lieblingsziele waren die arabischen Länder. Später kamen dann China, die Seidenstraße, Indien und Mittelamerika dazu.“
In Europa hätten ihr die Wallfahrtsstätten besonders am Herzen gelegen, sagt Jehle. Allen voran: der französische Marienwallfahrtsort Lourdes. Dort lernte sie 1977 ihren Mann Heiner kennen, der als Reiseleiter für dieselbe Pilgerfahrt eingeteilt war. „Darum hat Lourdes für uns auch eine ganz besondere Bedeutung“, verrät sie. Ein Jahr später verlobten sich die beiden, ein weiteres Jahr später heirateten sie. Die Ringe haben sie in Lourdes gekauft.
Das Paar bekam drei Kinder. Irmgard Jehle engagierte sich in dieser Zeit in der Münchner Pfarrei Leiden Christi – ehrenamtlich bei der Gestaltung der Kindergottesdienste und in der Firmvorbereitung, aber auch hauptberuflich als Pfarrhelferin. Zudem begleitete sie während der Ferien – Ehemann Heiner war Lehrer – einmal im Jahr eine Reise des Bayerischen Pilgerbüros. Als die Kinder größer wurden, schloss Jehle ihr Theologie-Studium ab und promovierte über „Wallfahrt als pastorale Chance im 21. Jahrhundert“ – also darüber, „dass Wallfahrten eine besondere Chance sind sowohl für Priester wie für Laien, um Gemeinde auf Zeit zu schaffen“, erläutert sie.
Jehle schätzt das Wallfahren auch als Kraftquelle für sich persönlich: „Man ist frei von diesen ganzen Alltagspflichten. Man kann ein paar Stunden einfach nur im Hier und Jetzt leben und über sich nachdenken.“ Die langjährige Reiseleiterin hat festgestellt, dass es anderen Pilgern ähnlich geht: „Da wird viel über Glauben gesprochen. Die tiefen Gespräche entstehen oft abends, wenn man noch zusammensitzt.“ Zu manchen Reiseteilnehmern hält sie weiter persönlich oder zumindest per E-Mail oder WhatsApp Kontakt.
Nach dem Studienabschluss baute Jehle ihre Reiseleiter-Tätigkeit beim Bayerischen Pilgerbüro aus und hielt Fortbildungen für Kollegen. Zudem schrieb sie in dieser Zeit die Reihe „Pilgerwege“ – Pilgerführer für Assisi, Fátima, Rom, Santiago und natürlich Lourdes – sowie ein Buch über die dortige Seherin Bernadette Soubirous, um diese Wallfahrtsorte auch anderen Menschen nahezubringen.
Lourdes sei für sie „wirklich die religiöse Heimat“, betont Jehle. Dorthin fahre sie auch immer wieder privat. Kein Wunder, dass eine ihrer beiden Töchter bei ihrem Ordenseintritt den Namen „Maria von Lourdes“ wählte.
Es muss nicht immer weit weg sein
Auch Jehle selbst schätzt Ordensgemeinschaften. So war sie schon öfter bei den deutschen Kapuzinerinnen in Assisi und im niederösterreichischen Benediktinerstift Göttweig zu Gast: „Ich finde Klöster, in denen Benedikts Geist herrscht, immer etwas ganz Besonderes. Da gibt es sicher einige, die ich noch intensiver kennenlernen möchte.“ Außerdem würde sie gern den Franziskusweg von Florenz nach Rom gehen oder den Benediktweg nach Montecassino – und sich dabei bewusst mit den Lebensstationen dieser Heiligen befassen.
In ihrer bayerischen Heimat gibt es ebenfalls Pilgerziele, die Jehle immer wieder gern aufsucht: „Wenn ich in die Münchner Fußgängerzone gehe – vielleicht ist das noch ein Kinderritual, meine Mutter ging mit mir immer zum Pater Rupert Mayer –, komme ich an der Bürgersaalkirche nicht vorbei. Oder wenn ich in Augsburg bin, dann ist mein erstes Ziel die Knotenlöserin“ – also das gleichnamige Gnadenbild in der Wallfahrtskirche St. Peter am Perlach.
Der ein oder andere Knoten bildete sich auch in Jehles Leben. „Mein Vater war sehr lebensfroh und kam fünf Tage, nachdem er als Organist an der Partenkirchener Wallfahrtskirche St. Anton in Pension gegangen war, ins Krankenhaus und starb. Da dachte ich schon: Warum er?“ Auch angesichts der Situation im Heiligen Land stellt sich Jehle die Frage: „Wie kann Gott das zulassen?“ Lösen kann sie diese Knoten freilich nicht.
Die katholische Kirche hält aus Jehles Sicht hingegen an manchen Knoten fest, die durchaus zu lösen wären: „Ich verstehe nicht, warum das Diakonat der Frau nicht möglich sein soll oder die Priesterweihe verheirateter Männer. Das wäre biblisch alles völlig vertretbar. Da denke ich, sollte man wirklich mehr auf die Pastoral schauen und nicht nur Strukturen schaffen.“
Wenn sie auf ihren eigenen Lebensweg zurückblickt, ist die 68-Jährige zufrieden: „Das Pilgern bestimmt mein Leben. Ich freue mich, dass ich es hoffentlich so lange wie möglich machen kann. Es müssen auch keine weiten Pilgerfahrten mehr sein. Ich werde wahrscheinlich nicht mehr nach Guadalupe in Mexiko kommen, aber Altötting und die europäischen Wallfahrtsorte sind auch etwas Besonderes. Da darf ich schon bald wieder hin.“