Angehende Pflegekräfte lernen dazu

„Up Platt“ lernen und lachen

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Sechs Menschen sitzen vor einem Mikrofon in einem Hörfunkstudio
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Foto: Petra Diek-Münchow

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Lust auf Plattdeutsch – haben Marco Strodt-Dieckmann (v.l.vorn), Ralf Manning, Anna Brümmer, Anna Albers, Nils Bröker und Markus Jänen. Foto: Petra Diek-Münchow

Plattdeutsch öffnet Türen – gerade zu älteren oder erkrankten Menschen. Daher lernen mehrere Klassen an der Meppener Marienhausschule seit kurzem diese Sprache auch für Pflegeberufe. Davon erzählen sie in einem Podcast.

„Und jetzt mal bitte einen großen Applaus!“ Marco Strodt-Dieckmann hat gerade sein Mikro eingeschaltet – und freut sich, dass die Gäste in der Meppener Marienhausschule seiner Aufforderung genauso lautstark wie herzlich nachkommen. Das macht sich gut für die neue Folge im „Platt-Cast“. So heißt der plattdeutsche Podcast aus dem Emsland, den der Sozialpädagoge mit seinen Freunden Markus Jänen und Ralf Janning für digitale Streamingdienste wie Spotify und Co. betreibt. Witz und Liebe zur niederdeutschen Sprache zeichnen die Hörbeiträge aus (siehe auch „Zur Sache“).

An diesem Nachmittag ist das Trio aus dem Harener Ortsteil Wesuwe für die 69. Sendung zu Gast in der Berufsfachschule – in einem vollen Saal. Gäste von der Bezirksregierung, vom Landkreis Emsland, von der Emsländischen Landschaft und dem Vitus-Werk hören bei der Aufnahme zu. Und unterstreichen durch ihre Präsenz und kurze Ansprachen, wie wichtig sie Plattdeutsch für die Arbeit der Kranken- und Pflegeberufe finden. Dass die Marienhausschule, die genau in diesen Feldern junge Menschen ausbildet, darauf großes Augenmerk legt, findet nicht nur die Geschäftsführerin der Landschaft, Veronika Olbrich, „ganz großartig“. 

Was das in der Schulpraxis bedeutet, erzählen Lehrerin Anna Brümmer sowie für die Schülerschaft Anna Albers und Nils Bröker Publikum und Podcast – natürlich auf Plattdeutsch. Die zwei 17-Jährigen stellen dabei die „Plattschnacker-Pause“ vor. Dazu treffen sich einmal in der Woche alle Schülerinnen und Schüler, die gern „Platt“ reden wollen. Anna und Nils sind immer dabei, weil sie es schade finden, dass diese Sprache mehr und mehr aus dem Alltag verschwindet. „Aber die sollte man auf jeden Fall erhalten“, meint Nils.

„Häbbt Ih Piene“ (Haben Sie Schmerzen?)

Warum? Weil sie ein wichtiges Stück Kulturgut und Identität ist – und weil sie in der Pflege und im sozialen Miteinander von Menschen eine große Rolle spielt. Gerade für Schwerkranke, für ältere Menschen oder für Demenzpatienten, die noch mit Plattdeutsch aufgewachsen sind, schafft die vertraute Muttersprache Heimat, Nähe und Geborgenheit – kann so in Altenpflegeheimen oder Krankenhäusern Gesprächstüren öffnen. Da wäre es doch besser, wenn Pflegekräfte zumindest bestimmte Begriffe wie „Kusenkellen“ (Zahnschmerzen) oder Redewendungen wie „Häbbt Ih Piene“ (Haben Sie Schmerzen?) auch beherrschen – meinen die drei von der Marienhausschule und bekommen dafür den nächsten Applaus von den Gästen und „Platt-Castern“.

Der gilt zugleich für weitere plattdeutsche Aktionen, die seit Februar auch in einen regulären Unterricht münden. Etwa 70 Schülerinnen und Schüler in drei Klassen der Berufsfachschule Pflegefachfrau/-mann lernen kontinuierlich Plattdeutsch für ihren späteren Berufsalltag. „Wir docken das an den Lernplan und die Lerninhalte wie zum Bespiel Gesundheitsförderung oder auch ganz konkrete Pflegesituationen an“, berichtet Anna Brümmer. Zugleich lockert der eine oder andere plattdeutsche Spruch dabei auch die Atmosphäre auf. „Das ist Lernen mit ganz viel Lachen“, sagt die Pädagogin, die auch für die Schulpastoral an der Marienhausschule zuständig ist.

„Plattdeutsch kann Menschen verbinden und Brücken bauen“

Sicher auch deshalb misst die von Haus und Herzen gern plattsprechende Lehrerin diesem Thema noch eine weitere Bedeutung zu: bei der Inklusion und Integration. Sie denkt an Menschen mit Behinderungen aus dem Meppener Vitus-Werk, die in der Cafeteria die Schülerschaft verpflegen – und an künftige Heilerziehungspfleger in eben solchen Einrichtungen. Sie denkt an die Kindertagesstätten und die künftigen Erzieherinnen – und an die jungen Menschen aus 24 Nationen, die die Marienhausschule besuchen. In allen diesen Feldern „kann Plattdeutsch Menschen verbinden und Brücken bauen“, sagt Anna Brümmer.
Diese Gedanken spielen auch in der aktuellen Folge des „Platt-Cast“ eine Rolle – sogar kulinarisch. Drei junge Leute aus Uganda, Rumänien und der Türkei haben für die Gäste der Sendung Speisen aus ihrer Heimat gekocht: Pfannkuchen, Nachtisch und Gebäck. Begeistert probieren alle die Leckerbissen – Marco Strodt-Dieckmann, Markus Jänen und Ralf Manning direkt am Mikro. Und zeigen, dass das plattdeutsche Sprichwort „Watt de Buer nich kennt, das frett häi nich“ schon lange nicht mehr stimmt. Wer „up Platt“ mehr darüber wissen will, kann jetzt die Episode anhören.

An der Marienhausschule in Trägerschaft der Schulstiftung im Bistum Osnabrück werden 629 Frauen und Männer unterrichtet – vor allem in sozialpädagogischen und -pflegerischen Ausbildungsgängen wie in der Pflege, in Erzieherberufen, in der Heilerziehungspflege und Ergotherapie. Infos gibt es hier.

Zur Sache

„Platt-Cast“ aus Wesuwe
„Platt-Cast“: So nennen Marco Strodt-Dieckmann, Markus Jänen und Ralf Manning ihren Podcast. In den Hörbeiträgen reden die drei Wesuweer auf Plattdeutsch und mit viel Humor über aktuelle Ereignisse – wollen so Lust auf die niederdeutsche Sprache machen. Alle drei Wochen gibt es eine neue Folge, zu hören im Internet unter www.Platt-Cast.de, auf Spotify, Deezer oder ITunes.

Petra Diek-Münchow