Augustiner Jeremias Kiesl spricht über Begegnungen mit Papst Leo XIV.
„Der erste Papst, den ich duze“

„Bob“ nennt er ihn und muss dabei dann doch ein wenig schmunzeln. Denn dieser „Bob“, von dem Pater Jeremias Kiesl, Augustiner aus Erfurt, gerade spricht, ist nicht etwa sein bester Schulfreund. Es ist Robert „Bob“ Francis Prevost, besser: Papst Leo XIV., das neue Oberhaupt der katholischen Kirche. „Wir sprechen uns im Orden mit Vornamen an. Man könnte sagen, Papst Leo ist der erste Papst, den ich duze“, erklärt Pater Jeremias. Die beiden, „Bob“ und er, kennen sich persönlich aus der Zeit, in der Prevost Generalprior der Augustiner, also der weltweite Leiter der Ordensgemeinschaft, war. Pater Jeremias erinnert sich an einen damaligen Deutschlandbesuch, bei dem Prevost auch in Erfurt und Wittenberg Station gemacht hat, interessiert an den Orten, an denen ein berühmter Erfurter Augustiner wirkte: Martin Luther.
Doch natürlich wollen die über 100 Teilnehmer des Gesprächsabends von Pater Jeremias besonders wissen: Wie ist der neue Papst denn nun persönlich? „Einfach ein Gentleman“, findet der Erfurter und erzählt eine Anekdote: Beim Weltjugendtag in Brasilien wollte er, Pater Jeremias, bei einer Messe statt der weißen Priester-Albe sein schwarzes Ordensgewand tragen, um nicht zu sehr als Priester herauszustechen. Prevost kam damals zu ihm und erklärte ihm ruhig, dass er lieber die weiße Albe anziehen solle. Denn die Farbe Schwarz werde in Brasilien mit dem Tod assoziiert. Pater Jeremias war beeindruckt: „Prevost hat mir nicht einfach vorgeschrieben, Weiß zu tragen. Er hat mir den Grund ganz sachlich erklärt.“

Foto: Bistum Erfurt
Leo könnte also ein Papst werden, der das Gespräch sucht, statt vorzuschreiben. Dazu passt sein Verhalten bei einem deutschen Provinzkapitel, also einem Treffen aller Augustiner des Landes, vor 15 Jahren. Diesem stand Prevost vor und es wurde heiß diskutiert, ob die Augustiner eine Gemeinschaft in Erfurt gründen sollten. Prevost fand die Idee gut, doch die Diskussion war verfahren. „Ich habe immer darauf gewartet, dass er sagt: ‚Macht das jetzt! Geht nach Erfurt!‘“, erinnert sich Pater Jeremias. Doch das Machtwort blieb aus und der spätere Papst erklärte ihm in der Pause: „Ich werde das nicht befehlen, du brauchst die Unterstützung deiner Brüder.“ Am Ende entschied sich die Versammlung gegen den Standort in Erfurt. Prevost nahm die Entscheidung hin und riet doch zum Abschluss: „Traut euch, außerhalb der Box zu denken.“ Das taten die Augustiner und gründeten eine Kommission, die zwei Jahre später dann entschied: Die Gemeinschaft in Erfurt kann entstehen. Seither leben Pater Jeremias und sein Mitbruder Pius Wegscheid dort – Bob Prevost hat seinen Teil dazu beigetragen. Pater Jeremias weiß: „Prevost hatte Sympathie für Erfurt und doch wird er Ostdeutschland nicht explizit in den Blick nehmen. Er vertraut darauf, dass wir vor Ort das tun, was zu tun ist.“
Und welche Erwartungen hat der Erfurter an den neuen Papst? „Ich wünsche mir, dass er seinem Weg als guter Zuhörer und als Einer, der auf Vielfalt vertraut, treu bleibt“, sagt Pater Jeremias zum Abschluss des Abends über seinen Mitbruder, über Papst Leo XIV., über Robert Francis Prevost, über „Bob“.