Besondere Seelsorge

Menschen, die es gut meinen

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Gefängnisseelsorgerin Patricia Sorek
Nachweis

Fotos: Ruth Weinhold-Heße

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Patricia Sorek hat ihre Berufung in der ehrenamtlichen Gefängnisseelsorge gefunden.

Wie erfüllend es sein kann, die Frohe Botschaft zu Gefangenen zu bringen, weiß Patricia Sorek aus Dresden. Die ehrenamtliche Seelsorgerin will eine Brücke zwischen Gefängnissen und ihrer Pfarrei St. Martin schlagen.

„Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass mich das so erfüllen kann“, sagt Patricia Sorek über ihr Ehrenamt und schiebt hinterher: „Ich habe so etwas wie eine Berufung gefunden.“ Ihre Begeisterung ist ansteckend, wenn Patricia Sorek erzählt, wie sie ins Gefängnis geht, den Gefangenen einen Lichtblick bringt, weil jemand da ist, der nicht vorverurteilt, der Gottes Liebe zeigen will. 
Angefangen hat alles 2017, da machte Sorek eine Ausbildung zur Gottesdienst-Beauftragten. Dabei lernte sie Angelika Lang kennen, damals hauptamtliche Gefängnisseelsorgerin in Dresden. „Sie fragte mich, ob ich nicht an Weihnachten mit in den Gefängnis-Gottesdienst kommen will. Da das am Vormittag des 25. Dezembers war und meine Familie da vermutlich noch schlafen würde, habe ich zugesagt. Ich war sehr gerührt bei diesem ersten Gefängnisgottesdienst“, sagt Sorek, die hauptamtlich im Verein Christlicher Hospizdienst Dresden arbeitet.
Ein Jahr lang vertrat sie im Team mit Diakon Christoph Nitsche und anderen Ehrenamtlichen einmal im Monat die katholische Gefängnisseelsorge im Gottesdienst. Auch als ein neuer hauptamtlicher katholischer Seelsorger kam, blieb es dabei. Ihr Mann und die drei Kinder haben sie bereits ins Gefängnis begleitet, etwa um in den Weihnachtsgottesdiensten zusammen zu musizieren.

Gefangenen ihre Menschenwürde bewahren

Warum sie das so gerne macht? „Ich nehme die Leute wahr, die im Gefängnis sind, welche die Gesellschaft als Verbrecher bezeichnet. Ich will sie gerne als Menschen sehen und ihnen ein Stück weit ihre Menschenwürde bewahren“, so Patricia Sorek. „Wenn man hört, warum sie dort sind, erfährt man oft, dass viele in Familien hineingeboren wurden, die kriminell sind. Ich dagegen hatte das Glück in eine Familie hineingeboren worden zu sein, die sowas wie eine heile Welt war. Deshalb habe ich die gute Pflicht, ihnen etwas zurückzugeben“, sagt sie über ihre Motivation. Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Dresden gehört zur Pfarrei St. Martin als ein kirchlicher Ort. „Wir sind vom Bischof sozusagen beauftragt die Frohe Botschaft auch dort zu verkünden“, erzählt Patricia Sorek. 
Was sie bei Gefängnisgottesdiensten oder dem Chor, der zwei Mal monatlich hinter Gittern probt, erlebt, ist viel Dankbarkeit. „Für die Menschen ist mein Zeitgeschenk kostbar. Sie sind so froh, dass sie gesehen werden“, erzählt Sorek. „Glaube wird im Gefängnis existenziell, das erlebt man draußen nicht so offensichtlich“, erklärt sie.

Treffen im Gemeindesaal
Das Freiraum-Treffen bietet Austausch zwischen (ehemaligen) Gefangenen und der Gemeinde.

Manche Gefangenen wollten einfach nur eine Abwechslung, andere beteten auch das Vaterunser mit und viele genießen die besondere Atmosphäre des Gottesdienstes. Wird ein Gefangener entlassen oder in eine andere JVA verlegt, wird er gesegnet –  auch die Mitgefangenen, die einen besonderen Bezug zu ihm haben, legen ihm die Hände auf und sprechen einen Segenswunsch aus. Sorek und ihre Mitsreiter sammeln außerdem Gebetsanliegen der Gefangenen und nehmen sie mit in ihre Gemeinde und Gruppen, damit dort dafür gebetet wird. Ebenso werden im Gefängnis auch Fürbitten für die Gemeinde gehalten. Denn ein wichtiges Anliegen der haupt- und ehrenamtlichen Gefängnisseelsorger ist die Vernetzung mit der Pfarrei. 
In der Kirche St. Josef, die zur Pfarrei St. Martin gehört, findet alle zwei Monate ein Freiraum-Treffen statt, bei dem nicht nur ehemalige und Gefangene mit Freigang, sondern auch die Gemeinde eingeladen sind zu Essen und Austausch sowie, um zusammen Gottesdienst zu feiern. „Wir wollen eine Brücke zwischen Gefängnis und Gemeinde schlagen“, so Sorek. Freiraum ist eine Kooperation des Vereins SET-FREE, der sich um Straffällige kümmert, der Gefängnisseelsorge und der Pfarrei St. Martin.
Den Kontakt zu ehemaligen Gefangenen zu halten, sei oft schwierig, viele von ihnen schämten sich auch, sagt Sorek. Aber für manche werden die Ehrenamtlichen auch eine Art Ersatzfamilie. Denn es sind einfach Menschen, die es gut mit ihnen meinen.

Das nächste Freiraum-Treffen mit anschließendem Gottesdienst findet am 27. Januar ab 14 Uhr in St. Josef in Dresden (Rehefelder Straße 61) statt. Ein Ausbildungskurs für Ehrenamtliche in der Gefängnisseelsorge ist im zweiten Halbjahr geplant. Anmeldung über: ang.lang1964@gmail.com

 

Ruth Weinhold-Heße