Missio-Gast

Auferstehung aus Schrott

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Eine Frau steht neben der Plastik des heiligen Ansgar.
Nachweis

Foto: Matthias Schatz

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Schwester Mercy neben der Plastik des heiligen Ansgar vor dem St. Marien-Dom in Hamburg.

Auf Einladung von Missio stellte die Steyler Schwester Mercy Benson aus Ghana ein Projekt ihres Ordens im Erzbistum Hamburg vor: Sie ist nahe einer Mülldeponie im Zentrum der Hauptstadt Accra im Einsatz. Anfang Oktober ist sie auch im Bistum Osnabrück zu Gast.

Man kann es sich noch vorstellen, wenn man Luftbilder von Agbogbloshie sieht: Der Stadtteil nahe des Zentrums von Ghanas Hauptstadt Accra war einst eine Idylle. Ein Feuchtgebiet mit saftig-grüner Vegetation, durchzogen von einem mäandernden Flusslauf, der über die Korle Laguna in den Atlantik mündet. So beschrieb der ghanaische Journalist Mike Anane jedenfalls die Gegend, in der er als Kind in den 1960er Jahren spielte und Vögel beobachtete. „Das Wasser war voller Fische, Lebensgrundlage für viele Anwohner“, sagte er 2014 der Süddeutschen Zeitung. Rund 50 Jahre später war er entsetzt, was aus dem geworden war, was ein Naherholungsgebiet für eine Millionenmetropole hätte sein können: Afrikas größte Mülldeponie für Elektroschrott. Das ist der Wirkungsort von Schwester Mercy Benson vom Orden der Steyler Missionare.

„Wir zeigen, dass wir in Ghana zum Recycling fähig sind“

Sie tourt derzeit auf Einladung von Missio durch Deutschland, um Geld für das Projekt ihres Ordens zu sammeln, durch das die Lebensumstände vor allem der Kinder und Jugendlichen verbessert werden sollen, die auf der Müllhalde oder in der unmittelbaren Nachbarschaft arbeiten und wohnen. Ende August und Anfang September stellte sie die dortige Arbeit ihres Ordens in Hamburg vor, unter anderem in der Barmbeker Gemeinde St. Sophien, wo sich auch die ghanaische Mission befindet. Und davor hatte sie eine Audienz bei Papst Leo XIV., der bei der Gelegenheit ein Kreuz aus Kupfer segnete, das aus Teilen des Schrotts hergestellt worden war. Sie schenkte ihm überdies ein kleines Brustkreuz, das die Künstler Till-Martin Köster aus Deutschland und Iddriss Salifu aus Ghana aus dem Elektroschrott fertigten. Missio bietet solche Brustkreuze sowie kleine Engelsfiguren nun in Deutschland an. „Wir zeigen damit, dass wir in Gana zum Recycling fähig sind“, sagt Schwester Mercy.

Die derzeitigen Bedingungen dafür sind allerdings höllisch. Denn um an die Wertstoffe aus den Computern, Klimaanlagen, Mobiltelefonen und anderen Geräten zu kommen, müssen diese zunächst zerteilt werden. Anschließend werden einzelne Teile herausgebrochen und über offenen Feuern geschmolzen, um den Kunststoff zu entfernen und an die Metalle zu gelangen. Verseucht die Deponie schon Grund und Boden der einstigen Idylle, so setzten sich die Kinder und Jugendlichen damit auch noch gefährlichen Gasen aus.

Hauptaufgabe ist spirituelle Bildung

„In Zusammenarbeit mit dem Erzbistum führen wir Gesundheitschecks durch“, berichtet Schwester Mercy. „Aber es ist eine große Anlage und wir können nicht alle untersuchen.“ Zudem sei ein Kindergarten abseits der Deponie eingerichtet worden, sodass sich die Kinder wenigstens zeitweise auch in gesunder Umgebung aufhielten. „Dank Missio haben wir auch einen Bus anschaffen können, der die Kinder zum Kindergarten und zurückbringt.“ Überdies betreiben die Steyler Missionare das größte Krankenhaus in Accra und damit in Ghana.

„Hauptaufgabe der katholischen Kirche in Ghana und überhaupt in Schwarzafrika ist spirituelle Bildung“, sagt Schwester Mercy. Dies geschehe hauptsächlich über Ausbildung. „Daher betreiben wir viele Schulen“ So auch in Accra. Sie werden teils von ehemaligen „Porter-Girls“ besucht, die oft vom Land nach Accra gekommen sind, und dort ihren Lebensunterhalt verdienen, indem sie Gepäck Reisender tragen. „Oft schlafen sie nachts in Hauseingängen oder vor Läden“, sagt Schwester Mercy. Die Ausbildung eröffnet ihnen neue Möglichkeiten. „Einige arbeiten jetzt als Friseurinnen, zwei besuchen gar die High-School.“

Den Papst hat Schwester Mercy übrigens eingeladen, eine Messe in Agbogbloshie zu zelebrieren. Und aus dem Elektroschrott werden nun ebenfalls kleine Anhänger in Form von Weihnachtsbäumen gefertigt und verkauft. „Damit soll auch auf den Umweltschutz aufmerksam gemacht werden.“

Matthias Schatz