Orientierungsangebot für junge Menschen
Hier werden Träume klar

Foto: Christian-Schreiber-Haus
Starkes Team: Leon Richter (2. v. r.) und Katharina Weiß (r.) mit den anderen Freiwilligen des Christian-Schreiber-Hauses
Eigentlich wusste Leon Richter (18), was er nach der Schule machen möchte: Maschinenbau studieren. Wozu dann ein Orientierungsjahr? „Um mal ein Jahr eine Pause zu machen“, sagt er. Aber auch „um das WG-Leben, regelmäßige Gebetszeiten und die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen auszutesten“. Genau das kam mit dem Orientierungsjahr „T_Raum“, das von der Jugendbildungsstätte Christian-Schreiber-Haus in Alt-Buchhorst im Erzbistum Berlin angeboten wird, auf ihn zu. Dort ist der Name Programm: Zum einen sollen die Jugendlichen von ihrer Zukunft träumen, zum anderen sollen sie Theos, griechisch für Gott, Raum geben.
Es gehe nicht darum, „die Freiwilligen in einen Orden oder ins Priesterseminar zu schieben“, sagt Richter. „Es geht darum, dass man sich orientieren kann: Was möchte ich eigentlich für meine Zukunft?“ Beruflich, privat und spirituell.
In dem Orientierungsjahr ist sein Arbeitsplatz auch sein Lebensmittelpunkt. Mit den drei anderen Freiwilligen lebt er in einer Wohngemeinschaft. Zwei der vier jungen Erwachsenen machen ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und betreuen vor allem die Kinder und Jugendlichen, die das Bildungshaus für Klassenfahrten, Ausflüge oder Workshops besuchen. Die beiden anderen machen einen Bundesfreiwilligendienst, sie unterstützen in der Küche oder helfen dem Hausmeister bei der Pflege des Grundstücks.
Katharina Weiß (19) aus Thüringen macht mit Richter ihr FSJ. Als sie während der Schulzeit von dem Projekt erfuhr, besuchte sie das Haus und war hin und weg – vom großzügigen Grundstück sowie der familiären Atmosphäre. „Für mich kam einfach nichts anderes mehr infrage“, sagt sie. Sofort schickte sie ihre Bewerbung ab.
Hilfreiches Coaching
Auch sie wusste nach der Schule ungefähr, was sie beruflich machen möchte: ein duales Studium in Immobilienwirtschaft. Das T_Raum-Jahr hat ihr geholfen, diese Entscheidung zu festigen. Dabei sei das Coaching hilfreich gewesen, das zum Projekt gehört, sagt sie: „Wir finden dabei heraus, wo unsere Stärken liegen und wozu wir berufen sind.“

eder Tag der Freiwilligen sieht anders aus. „Fix sind eigentlich nur zwei Termine am Tag“, sagt Richter. Das Morgengebet und das Mittagsgebet. Das halbstündige Gebet am Morgen wird abwechselnd von den Freiwilligen gestaltet. Sie dürfen ausprobieren, was sie möchten: Stundengebet, Rosenkranz, ein Impuls oder einfach nur Lieder singen. Da das Gebet in der Kapelle stattfindet, nehmen ab und zu auch Mitarbeitende oder Gäste des Hauses teil. Das Mittagsgebet auf dem Hof wird „seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine oft als Friedensgebet genutzt“, sagt Richter. Einmal in der Woche werden Gäste eingeladen, die an einem Vormittag über ein Thema sprechen, zum Beispiel über Frauen in der Kirche, den Synodalen Weg oder Hospizarbeit. Manchmal finden in dieser T_Raum-Zeit auch Exkursionen statt.
Johanna Dinter, Koordinatorin des T_Raum-Jahres, erzählt, dass die Projektidee ursprünglich von einer Ordensfrau stammt, die noch bis vor kurzem im Haus gelebt hat: „Sie wollte den jungen Menschen einen Freiwilligendienst ermöglichen, bei dem sie auch etwas für sich mitnehmen, reifen und Glaubenserfahrungen machen.“
Gestärkte Gemeinschaft
Zwar sollten die Freiwilligen die Offenheit für spirituelle Impulse mitbringen, doch sie müssten keine Christen sein, sagt Dinter: „Wir hatten im letzten Jahrgang jemanden dabei, der nicht in der Kirche war.“ Er habe viel hinterfragt und so allen geholfen, den Glauben neu zu entdecken.
Als Höhepunkt des aktuellen Orientierungsjahres nennen Richter, Weiß und Dinter die einwöchige Pilgerfahrt nach Assisi. „Das hat unsere Gemeinschaft enorm gestärkt“, sagt Weiß. Aber auch der dreiwöchige Auslandsaufenthalt in einer Ordensgemeinschaft, den alle Freiwilligen machen dürfen, war für sie etwas „ganz Besonderes“. Sie war in Madrid und sagt: „Zu erleben, wie der Glaube in anderen Ländern gelebt wird im Vergleich dazu, wie es hier ist, war total bereichernd.“
Und das Jahr wirkt nach. Die ehemaligen Freiwilligen kommen gerne in das Christian-Schreiber-Haus zurück. Manche kommen sogar einmal im Monat, um mit anzupacken: Laub wegmachen, die Boote zum Ende des Sommers aus dem See holen, die Hecke schneiden. „Irgendwie ist es schon wie eine kleine Familie“, sagt Dinter. „Eine Familie, die immer weiter wächst.“
Hintergrund
Das Projekt ist eine Kooperation vom Christian-Schreiber-Haus und der Berufungspastoral des Erzbistums Berlin. Die Jugendlichen sind während des Freiwilligenjahres beim Landesjugendring Brandenburg angestellt. Jeden Monat bekommen sie 360 Euro Gehalt; 50 Euro davon müssen sie als Wohnungspauschale an das Haus zahlen. Der Bewerbungsschluss für den nächsten Jahrgang ist der 15. Juni. Mehr Infos unter: www.mein-t-raum.de