Blick hinter die Kulissen

Küster - Jetzt eine Teamaufgabe

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Küster Joachim Gerhard
Nachweis

Foto: Gertrud Wellner

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Regelmäßige Kontrolle: Küster Joachim Gerhard überprüft das Weihrauchgefäß

Wer legt die Messgewänder bereit, wer füllt die Hostien auf? Wie in vielen Bereichen fehlen katholischen Gemeinden auch im Bereich des Küsterdienstes die Fachkräfte. Doch vielerorts haben Ehrenamtliche das Problem erkannt und werden tätig.

„Es ist doch eigentlich viel besser, diese Arbeit als Team zu teilen, anstatt dass einer alles alleine machen muss“, sagt Joachim Gerhard. Seit April ist der 74-Jährige Teil des neuen, fünfköpfigen Küsterteams in seiner Kirche St. Remigius und St. Kilian in Ingelheim bei Mainz. Dazu gehören außer ihm noch Teamleiter Lukas Römer, Anke Kondla, Monika Monerjan und Alexander Budjan. Drei von ihnen sind noch berufstätig.

Das Problem, vor dem die Pfarrei St. Maria Magdalena Ingelheim vor wenigen Monaten stand, gibt es in vielen Gemeinden: Küstermangel. Lukas Römer, der heute Leiter des ehrenamtlichen Teams ist, teilte sich die Küsteraufgaben bis dato mit einer Kollegin. Als diese ausfiel, fand sich niemand Neues. Alleine konnte und wollte Römer den Dienst nicht verrichten. Pfarrer Christian Feuerstein wandte sich also an die Gemeinde und fragte, wer sich als ehrenamtlicher Küster engagieren könnte. Rasch fanden sich die fünf Helferinnen und Helfer zusammen, inzwischen sind sie ein eingespieltes Team. Jeder und jede verrichtet etwa einmal im Monat den Küsterdienst in der Pfarrkirche.

Das Problem der fehlenden Küster kennt Christof Mulach aus dem Bistum Mainz sehr gut. Der Pfarrer der Gemeinde St. Marien Mörfelden bietet Küsterdienst-Kurse für Ehrenamtliche an. An der Schulung nehmen jährlich etwa 10 bis 20 Menschen teil. Es werden aber eher weniger als mehr. „Die Veränderungen in unserer Gesellschaft spiegeln sich auch im Leben der Kirchengemeinden wider“, sagt Mulach. Am Wochenende werde vieles nachgeholt, was unter der Woche liegengeblieben ist – sei es Arbeit, Einkäufe oder Zeit mit der Familie. So bleibe weniger Zeit für die Kirche. „Der Küsterdienst erfordert aber genau diese Verlässlichkeit: kontinuierliche Präsenz auch an Feiertagen, oft auch früh am Morgen oder am Abend“, so Mulach. „Das ist eine große Verpflichtung. Gleichzeitig ist die freie Zeit für viele Menschen knapp und besonders wertvoll. Vor diesem Hintergrund fällt es immer schwerer, Menschen für ein solch intensives kirchliches Ehrenamt zu gewinnen.“

Den Trend zum ehrenamtlichen Küsterteam hat er in den Pfarreien seiner Region schon beobachtet: „Mir ist keine Pfarrgemeinde bekannt, in der eine einzelne Person den gesamten Küsterdienst allein trägt. In der Regel sind es zwei oder mehrere, die sich die Aufgaben teilen.“ Wer sich entschließe, Küsterin oder Küster zu werden, sei in der Gemeinde meist fest verwurzelt und empfinde die Verantwortung nicht als Last, sondern als Ansporn. „Sie geben ihrer Kirche vor Ort ein Gesicht.“

Teil des eigenen Lebens

Das Küster-Team
Das Küsterteam von St. Remigius, Ingelheim (von links): Alexander Budjan, Joachim Gerhard, Anke Kondla, Monika Monerjan und Lukas Römer.
Foto: Gertrud Wellner

Küster zu werden – das war für Joachim Gerhard aus Ingelheim gewissermaßen eine logische Entwicklung seines katholischen Lebens. Das liegt auch daran, dass seine ganz persönliche Lebensgeschichte mit der Kirche St. Remigius eng verwoben ist. Wenn er den Mittelgang zwischen den Bankreihen entlanggeht, um in der Sakristei alles für den Gottesdienst vorzubereiten, denkt er an die vielen besonderen Gelegenheiten, zu denen er hier gewesen ist. Die Hochzeit, die Taufen seiner beiden Kinder und der sieben Enkelkinder. Er war hier Messdiener bis ins Erwachsenenalter, später Lektor, dann Kommunionhelfer. Außerdem engagiert er sich im Stiftungsbeirat der Kirche. Während seiner Amtszeit als Bürgermeister der Stadt Ingelheim betreute er archäologische Grabungsarbeiten auf dem Kirchengelände. Gerhard kann lange und spannend von dem Gotteshaus erzählen. „Ich habe das Gefühl, es ist ,meine‘ Kirche“, sagt er. So oder ähnlich ist das auch bei seinen Teamkollegen: Lukas Römer etwa kennt die Kirche seit Kindesbeinen, weil bereits seine Eltern dort den Küsterdienst verrichteten. Für die neue Küstergruppe ist es eine Selbstverständlichkeit, sich auf dieser Ebene für ihre Kirche einzusetzen.

Nicht überall lässt sich ein solches System jedoch umsetzen. Richard Bok ist hauptamtlicher erster Küster am Fuldaer Dom, im Team mit seinem Kollegen Carlo Grabenau ist er seit über 30 Jahren dort tätig. Die Idee, den Dienst im Ehrenamt zu verrichten, findet er grundsätzlich nicht schlecht: „Wir haben hier im Bistum Fulda kaum noch hauptamtliche Küster. Ehrenamtlich funktioniert das aber nur in kleineren Kirchen.“ In großen Domen oder Wallfahrtskirchen brauche man jemanden, der wirklich den ganzen Tag da ist. Im Fuldaer Dom etwa werden jeden Tag Gottesdienste gefeiert, viele Pilger besuchen die Bonifatiusgruft. Bok organisiert auch die Reinigungskräfte und weist Handwerker ein. Ehrenamtliche, die noch einen anderen Hauptberuf haben, wären am Dom überfordert, denkt Bok.

Checkliste für den Gottesdienst

Joachim Gerhard aus Ingelheim sagt, er habe „großen Respekt vor Menschen, die diesen Beruf 20, 30 Jahre machen und sich damit auch zeitlich sehr an ihre Arbeitsstätte binden.“ Weil es langfristig wohl keinen neuen Küster für seine Kirche gibt, bringt er sich gern in seiner Freizeit ein. In der Sakristei von St. Remigius liegt nun eine dicht beschriebene Din A 4-Seite parat, „unsere Checkliste“, wie Gerhard sagt. Dort sind alle wichtigen Aufgaben der Küsterinnen und Küster aufgeführt: Gewänder bereitlegen, die Steuerungseinheit der Liedanzeige überprüfen, flüssiges Wachs nachfüllen und nachschauen, ob Hostien konsekriert werden müssen – dies sind nur einige Punkte. Während des Gottesdienstes bleibt Gerhard meist in der Sakristei, um dem Pfarrer im Notfall noch etwas zu bringen. „Dieser Dienst macht mir sehr viel Freude“, sagt Gerhard.

Pfarrer Mulach aus Mörfelden hofft, dass er in den kommenden Jahren noch viele weitere Ehrenamtliche für das Amt ausbilden kann: „Dieser Dienst ist durch nichts zu ersetzen. Darum sehe ich es als meine Verpflichtung an, den Ehrenamtlichen mit Ausbildungskursen und praktischer Begleitung zur Seite zu stehen. Ich möchte betonen: Jede Gemeinde schuldet ihren Küsterinnen und Küstern Dankbarkeit und Respekt.“

Gertrud Wellner und Elisabeth Friedgen

Zur Sache

Generell liegen alle Vorbereitungsdienste und Aufräumarbeiten im Aufgabenbereich eines Küsters, einer Küsterin. Das reicht etwa vom Auflegen der liturgischen Gewänder über das Herrichten des Altars zu Gottesdiensten bis hin zur Ordnung in der Sakristei. Das Glockenläuten zu den festgesetzten Zeiten gehört zum Küsterdienst ebenso wie die Pflege der liturgischen Geräte, beispielsweise der Kelche und Leuchter. Entsprechend liegt auch die Reinigung und Reparatur der liturgischen Geräte, der Paramente und der weiteren Kirchenwäsche in seiner Verantwortung.

Oft werden neue Küster und Küsterinnen vom Pfarrer vor Ort angelernt. Es gibt aber auch Einführungskurse in den Bistümern – so etwa einmal jährlich im Bistum Mainz über das Liturgiereferat. Das Erzbistum Paderborn bietet regelmäßig einen E-Learning-Kurs an – auch für Interessierte außerhalb des Erzbistums. Dabei reichen die Module über die liturgischen Farben, Bücher und Geräte bis hin zum Glocken- und Läutewesen und Tipps, wie ein Altargesteck gestaltet werden kann.

Auf der Homepage der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (www.vbg.de) kann die Broschüre „Küster-, Mesner- und Hausmeisterdienst gut organisieren und durchführen“ eingesehen werden. Im Buch „Nicht nur Glockenläuten!“ von Anneliese Hück finden insbesondere Ehrenamtliche alles Wichtige für den Dienst. Neben Informationen zum Küsterdienst werden Gottesdienstformen, Sakramente und das Kirchenjahr erläutert.