Jugendbildungsstätten bangen um Existenz

Warum so radikal?

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Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern hat sich mit Plakaten versammelt.
Nachweis

Foto: Marstall Clemenswerth

Die drei katholischen Jugendbildungsstätten im Bistum Osnabrück wehren sich mit Nachdruck gegen geplante Kürzungen. Sie fürchten um ihre Existenz und rufen zum Protest auf.

Heute ist richtig was los im Marstall Clemenswerth. Mehrere Schulklassen sind für einige Tage religiöser Orientierung zu Gast in der Sögeler Jugendbildungsstätte. „Ja – das Haus ist voll“, sagt Geschäftsführer Michael Engbers. „Wie so oft, der Bedarf ist einfach da.“ Und genau deshalb können er und sein Co-Geschäftsführer Michael Westermann die Kürzungen des Bistums Osnabrück in ihrer geplanten Höhe in keinster Weise nachvollziehen.

Ein geringer Spareffekt

Nach diesen Plänen müssten die Bildungshäuser im Bistum in den nächsten Jahren auf etwa 45 Prozent der bisherigen Förderung verzichten. Bei den drei Jugendbildungsstätten Marstall Clemenswerth in Sögel, dem Jugendkloster Ahmsen und dem Haus Maria Frieden in Rulle könnten es laut Engbers sogar bis zu 50 Prozent werden. Dabei sei der Spareffekt für den gesamten Bistumshaushalt nach seiner Rechnung eher gering. „Das macht weniger als 0,5 Prozent des Haushalts aus“, sagt er. „Warum also so radikal?“, fragt auch sein Kollege Westermann. „Die Bildungsstätten dürfen nicht so überproportional beschnitten werden.“

Keine faire Chance für die Zukunft 

Denn das würde auf Dauer den Fortbestand der Häuser in ihrer Existenz bedrohen, sagen beide. „Wenn das wirklich so kommt, wird eines unserer Häuser vielleicht schließen müssen“, sagt Engbers mit Blick auf Sögel und Ahmsen, die unter dem Dach eines Vereins zusammengehören. „Das können wir nicht kompensieren. Und das wäre keine faire Chance für die Zukunft.“ Die Teilnehmerpreise deutlich zu erhöhen, darf seiner Ansicht nach keine Option sein. Dann könnten sich bestimmte Gruppen den Aufenthalt nicht mehr leisten. Dabei erkennen beide an, dass grundsätzlich gespart werden muss, aber eben nicht in dieser Höhe. „25 Prozent, wie im Durchschnitt“, das wünschen sie sich.

Kritik kommt auch von anderen

Mit ihrer Kritik stehen die Hausleiter nicht alleine da. Der Diözesanverband der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und die Jugendverbände stellen sich hinter die Forderung an die Bistumsleitung, die Kürzungen in der Höhe nochmal zu überdenken. Gemeinsam organisieren sie daher für den 22. März vor dem Osnabrücker Dom eine Kundgebung (siehe auch „Termin“), für die sie auf viel Zulauf hoffen – nicht nur von jungen Leuten. 

Darauf hofft auch BDKJ-Diözesanstellenleiterin Vera Seeck. Sie hat das Gefühl, dass die „Stimme der Jugend bei der ganzen Diskussion um die Kürzungen gar nicht richtig gehört wurde“. Und sie betont, dass eine Gefährdung der drei Häuser „der kompletten Jugendarbeit im Bistum erheblich schaden würde“. Orte wie Sögel, Ahmsen und Rulle brauche es unbedingt – und die Nachfrage spricht ihrer Ansicht nach Bände. Im vergangenen Jahr verzeichneten die drei Häuser 60 000 Teilnehmertage und 24 000 Gäste. 

Die Einrichtungen übernehmen laut Seeck „als zentrale Säule der kirchlichen Jugendarbeit“ und „positives Aushängeschild der Kirche“ eine wichtige Funktion. „Man darf die Magie dieser Häuser nicht unterschätzen.“ Hierher kommen junge Menschen aus Gruppenleiterrunden, Schulen, Kirchengemeinden oder Jugendverbänden zu Fortbildungen, Freizeiten, Gottesdiensten, Orientierungstagen, Seminaren zur Demokratiestärkung und Persönlichkeitsentwicklung. Sie erleben nach ihren Worten dabei Kirche lebendig und machen echte „Leuchtturmerfahrungen“. Und die prägen. „Viele Menschen aus unserem Bistum sind mit ihren Lebenswegen eng verbunden mit den Häusern. Das hat ihrem Leben eine Bedeutung gegeben“, sagt Engbers.

Engbers, Westermann und Seek danken dem Bistum ausdrücklich für die bisherige Förderung. „Aber wir brauchen jetzt das Signal für eine faire Chance.“ Sie erwarten in weiteren Gesprächen klare Begründungen und eine echte Mitbestimmung bei Entscheidungen. 

 

Petra Diek-Münchow

Terminankündigung

„Eine faire Chance für Bildungsstätten“ ist der Tag der Jugendpastoral am Samstag, 22. März, in Osnabrück überschrieben. Ab 14 Uhr laden die drei Jugendbildungsstätten und die Jugendverbände zur Kundgebung auf den Domplatz ein. Aus Sögel fährt ein Bus.

Anmeldungen ab sofort per E-Mail: info@marstall-clemenswerth.de