Wo das Inventar aufgegebener Kirchen geblieben ist

Alles bleibt in Gebrauch

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Schachtel mit Weihrauch und einem Notizzettel
Nachweis

Foto: Pawel Mazan

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Bei den Reliquien aus den Altären fand sich Weihrauch und eine Notiz, die der Osnabrücker Weihbischof Johannes von Rudloff verfasst hatte. 

Cornelia Will aus der Kieler Pfarrei Franz von Assisi brachte Inventar von fünf profanierten Kirchen in Polen, Belarus und andernorts unter.

Es war eine Belastungsprobe, für die Pfarrei und für die Menschen in den betroffenen Gemeinden: Zwischen Februar 2021 und November 2022 wurden fünf der zuvor zehn Kirchen im Großraum der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt profaniert. Doch wohin mit Altären, Ambos, Orgeln, Leuchtern, dem Inventar der Sakristeien und der Gemeindehäuser? Cornelia Will, seit 25 Jahren in verschiedenen Kirchenvorständen der heutigen Großpfarrei tätig, setzte sich ein Ziel und zwar „so viel wie möglich einer Wiederverwendung zuzuführen“, wie sie erzählt. Denn: „Wenn ich als Kirchenvorstandsmitglied für die Profanierung von Kirchen stimme, gehört für mich auch die Verantwortung und Umsetzung für die anschließenden notwendigen Arbeiten dazu.“ Mehrere Hundert Stunden Arbeit investierte die ehrenamtlich tätige Seniorin, fuhr rund 10.000 Tausend Kilometer mit Interessenten von Kirche zu Kirche.

Das Inventar der Sakristeien war ruckzuck weg, denn der Flurfunk im Erzbistum funktioniert ausgezeichnet. Priester meldeten sich und fragten nach Stolen, Kelchtüchern und anderem. „Alles, was man innerhalb der Sakristei hat, von der Kerze bis zum Gewand, war immer ganz schnell weg“, so Will. Stühle, Tische und Geschirr aus den Gemeindehäusern holten sich gemeinnützige Vereine ab. Und die Reliquien aus den Altären brachte sie persönlich ins Archiv des Erzbistums in Hamburg. „Reliquien im Rucksack, das ist schon ein komisches Gefühl“, lacht sie. Durch Vermittlung eines Priesters gingen einige Kelche und Paramente an Missionstellen in Togo und Angola, aber auch nach Brasilien. Der Verwaltungsrat der Pfarrei hatte mit Genehmigung des Erzbistums beschlossen, all diese Dinge zu verschenken. Allerdings mussten die Empfänger für Abbau, Transport und Zollgebühren selbst gerade stehen. 

Und das ist nicht ohne, denn die wirklich schweren Sachen wurden nach Polen und Belarus transportiert. Doch auch das ging schneller als gedacht. „Ich habe ein ganz tolles Netzwerk über die polnische Mission und einzelne direkte Kontakte nach Polen und Belarus“, erläutert Will. Allein nach Belarus gingen fünf Tonnen Material, darunter vier Glocken und Kirchenbänke aus Heilig Kreuz, eine Sakristeiausstattung und mehrere Tabernakel. Wegen eines Embargos durften dorthin aber keine Gegenstände aus Stein ausgeführt werden. Altäre, Ambos und Taufbecken wurden deshalb vollständig nach Polen abgegeben. Eine Kirchengemeinde freute sich, ihren Holzaltar austauschen zu können und eine Breslauer Gemeinde konnte ihre Bierbänken ähnelden Sitzgelegenheiten durch Kirchenbänke ersetzen. Alles Brauchbare ist weg, bis auf drei Orgeln. Aber auch für die gibt es schon Interessenten.

Marco Heinen