Kirchenvertreter über Rechtspopulismus

„Bedrohliches Ausmaß“

Image
Protest gegen Rechtspopulisten
Nachweis

Foto: imago/Anthea Schaap

Caption

Starkes Zeichen: In Berlin haben am vergangenen Wochenende Tausende Menschen gegen Rechtsextremismus demonstriert.

Kirchenleute reagieren entsetzt auf Pläne von Rechtsextremen und AfD-Vertretern, Millionen Menschen aus Deutschland zu vertreiben. Diese Ideen seien menschenverachtend, sagt etwa Bischof Gerhard Feige.

Führende Vertreter der katholischen Kirche haben entsetzt auf Pläne rechtsextremer Kreise zu einer Vertreibung von Millionen Menschen aus der Bundesrepublik reagiert. Die Kirche stelle sich dem entschieden entgegen, betonte etwa der Sonderbeauftragte der Bischofskonferenz für Flüchtlingsfragen, Erzbischof Stefan Heße.

„Die Vorbereitung rechtsextremer Umsturz- und Vertreibungspläne in unserem Land hat ein bedrohliches Ausmaß erreicht“, sagte Heße. „Was AfD-Politiker und weitere Rechtsextremisten mit dem verharmlosenden Schlagwort Remigration versehen, ist letztlich nichts anderes als ein zutiefst menschenverachtender und verstörender Plan zur systematischen Diskriminierung, massenhaften Ausweisung und Deportation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte.“
„Parallelen zu den dunkelsten Zeiten“

Laut Recherchen des Netzwerks Correctiv fand im November in Potsdam ein Treffen von Rechtsextremen statt, an dem auch hochrangige AfD-Mitglieder teilnahmen. Unter den Teilnehmern war demnach neben dem persönlichen Referenten von AfD-Bundesparteichefin Alice Weidel, Roland Hartwig, auch der Co-Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund. Dabei sei es um eine Strategie für eine massenhafte Umsiedlung gegangen, sobald die AfD in Regierungsverantwortung komme.

„Die neue Enthüllung scheint nur die Spitze des Eisbergs zu sein und lässt Parallelen zu den dunkelsten Zeiten unserer Geschichte erkennen“, warnte der Hamburger Erzbischof. „Ideologische Allianzen zwischen rechtsextremen und vermeintlich bürgerlichen Milieus sind brandgefährlich.“

Auch der Magdeburger Bischof Gerhard Feige verurteilte die öffentlich gewordenen Pläne scharf: „Ich bin fassungslos!“ Die Gesprächsergebnisse erinnerten ihn schockierend an Prozesse in der deutschen Geschichte, „die zu den Schrecken und Gräueltaten des NS-Regimes geführt haben“, sagte Feige. „Offensichtlich haben die Beteiligten daraus nichts gelernt“, sagte er. „Diese Gespräche so rücksichtslos zu führen, lässt jede Form von Haltung, sozialer und menschlicher Verantwortung vermissen“, so Feige. „Leider ist der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt wieder einmal bestätigt worden, der die AfD als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft hat.“

Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkommitees deutscher Katholiken, äußerte sich ebenfalls erschüttert: Das Treffen in Potsdam zeige, „wie weit sich die AfD und die rechte Szene in Deutschland von der Verfassung entfernt haben. Wer immer noch glaubt, hier handle es sich um Einzelfälle und Einzelpersönlichkeiten, lässt sich täuschen.“ Stetter-Karp sieht Katholikinnen und Katholiken aufgefordert, gegen extremistisches Gedankengut anzukämpfen. „In keiner Weise darf es möglich sein, dass Menschen, die solche politischen Ansichten teilen, haupt- oder ehrenamtlich in der Kirche aktiv sind.“

Nicht alle AfD-Wähler sind rechtsextrem

Die Kirche sollte im Umgang mit der AfD nach Ansicht des Theologen Thomas Arnold „den Mut haben, klar zu benennen, dass die AfD keine Partei ist, die aus dem Verständnis eines christlichen Menschenbildes heraus wählbar ist“. Gleichzeitig müsse sie sehen, „dass Menschen, die bereit sind, die AfD zu wählen, nicht alle rechtsextrem sind – und deshalb kommt es darauf an, genau hinzuhören, was die Menschen motiviert, diese Partei zu wählen“, so Arnold. In Sachsen habe das mit den Erfahrungen der Wiedervereinigung und den jetzt erneut aufkommenden vielfältigen Krisen zu tun. 

kna