Auf den Spuren der Lübecker Märtyrer

Beten und Strampeln

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Radfahrer am Kanal
Nachweis

Foto: Marco Heinen

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Der schönste Teil der Pilgertour von Hamburg-Volksdorf führte entlang des Elbe-Lübeck-Kanals.

Am Pilgertag brach auch eine Gruppe mit Fahrrädern von der Kirche Heilig Kreuz in Hamburg-Volksdorf zur Propsteikirche Herz Jesu in Lübeck auf.

Das Wetter hätte kaum besser sein können: knapp unter 25 Grad Celsius, blauer Himmel mit ein paar kleinen weißen Wölkchen, kein Gewitter im Anmarsch. Unter solchen Bedingungen machten sich gut zehn Pilger von der Kirche Heilig-Kreuz in Hamburg-Volksdorf gern mit ihren Fahrrädern auf nach Lübeck zur Propsteikirche Herz Jesu. Sie waren wie einige Hundert andere Menschen dem Aufruf von Erzbischof Stefan Heße gefolgt, an insgesamt acht Pilgertouren auf den Spuren der Lübecker Märtyrer teilzunehmen, die die Diözese erstmals unter dem Titel „Unterwegs“ anbot. Vier erfolgten mit dem Fahrrad, vier zu Fuß, davon eine in vier Tagen vom Mariendom aus. Deren Teilnehmer hatten allerdings am Donnerstag ein heftiges Unwetter zu überstehen. 

Bei der Verköstigung der Pilger scheuten die Gastgeber keine Mühe. Foto: Marco Heinen

Am Ziel wurden sie nicht nur mit Kaffee und Kuchen sowie anderen Snacks belohnt, sondern mit einer bewegenden Pilgermesse in dem vollbesetzten Gotteshaus, in dessen Krypta die sterblichen Überreste von einem der Märtyrer bestattet sind. „Legen Sie dort ihre Anliegen und Sorgen ab, die Sie auf dieser Wallfahrt mit nach Lübeck gebracht haben“, ermutigte der Erzbischof die Pilger in seiner Predigt. Er sei froh, dass die Diözese diesen Wallfahrtsort habe und dort erstmals diesen Pilgertag feiern könne. „Ich hoffe, dass dies eine gute Tradition wird, die für unser Bistum wichtig ist.“ Später erschallten in der prächtigen Akustik unter anderem zwei Lieder, die die Märtyrer und ihren Widerstand gegen das NS-Regime zum Inhalt hatten. Ihr Wirken ist angesichts gestiegenem Zuspruchs zu inhumanen und demokratiefeindlichen Tendenzen wieder hochaktuell. 

Nur leichte, aber doch lange Steigungen

Die Pilger aus Volksdorf starteten von einer Stätte aus, die sich besonders mit den Lübecker Märtyrern verbindet. Denn in Heilig Kreuz feierte einer von ihnen, Johannes Prassek, seine Heimatprimiz. Nach ihm ist auch die Pfarrei im Nordosten Hamburgs benannt, der die Gemeinde angehört. So wurde ihm gleich dort mit einer Erinnerung an seine Vita sowie mit Gesang und Gebet gedacht. Die folgenden Stopps in Ahrensburg, Sandesneben und Krummesse galten dann den weiteren drei Märtyrern Eduard Müller, Hermann Lange und Karl Friedrich Stellbrink, die 1943 von den Nazis hingerichtet wurden.

Aus der Pfarrei Seliger Johannes Prassek stammten sämtliche Pilger dieser Tour, die laut Flyer für „junge Menschen“ konzipiert war. Das ist nun sehr relativ. Tatsächlich lag die Altersspanne von Ende 20 bis Anfang 70 und in Sandesneben schloss sich noch ein Vater mit seinem Sohn im Grundschulalter an. Armin Zuther aus der Gemeinde St. Wilhelm in Hamburg-Bramfeld schreckte die ungefähre Altersbegrenzung denn auch nicht ab – ebenso wenig den Autor dieses Artikels. Jean-Bertrand Tabandite, der zusammen mit Pater Zephyrin die Tour organisiert und konzipiert hatte, beruhigte denn auch mit den Worten, man sei ja immer so alt, wie man sich fühle und der Langsamste gebe das Tempo vor. 

Nur die im Vorfeld geäußerte Aufforderung, mit einem E-Bike oder Pedelec zu fahren, habe ihn nachdenklich gestimmt, sagte Armin Zuther. Er ist dann trotzdem mit einem „Bio-Fahrrad“ ohne elektrischen Zusatzantrieb gekommen. Probleme hat er nicht gehabt, er ist allerdings auch trainiert, macht regelmäßig Fahrradtouren über rund 30 Kilometer. „Manchmal hätte ich auch schneller fahren können, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache.“

Pilgergottesdienst in der Lübecker Propsteikirche. Foto: Marco Heinen

Dem Autor mit seinen 64 Jahren ging es zuweilen anders, zwischenzeitlich machten ihm die zwar leichten, aber doch langen Steigungen zu schaffen. Sie zogen das Peloton immer mal auseinander. Auch mussten die Fahrradfahrer stärker auf andere Verkehrsteilnehmer und die Beschaffenheit der Fahrbahn achten. Das kürzte die Gespräche und das Kennenlernen der Teilnehmer natürlich ab, machte die Tour gewissermaßen zum „Pilgern light“. Das spirituelle Erlebnis beschränkte sich weitgehend auf die Haltepunkte.Dennoch blieb ausreichend Gelegenheit, den Blick auf Felder und Gewässer, ja die von Gletschern am Schluss der Eiszeit geformte Endmoränenlandschaft zu genießen, Blicke in sorgsam gepflegte Gärten der Dörfer und auf deren Fachwerkhäuser zu werfen oder auch auf Gäste in einem Biergarten am Elbe-Lübeck-Kanal. 

So strahlten die Gesichter, als man auf der Parade in Lübeck die anderen Pilger und den Erzbischof traf. Armin Zuther fand die Tour „toll“ und er kann sich vorstellen, auch im kommenden Jahr wieder dabei zu sein, wie er auf der Rückfahrt bekannte. Die fand übrigens im Bus des Bonifatiuswerks statt, der die Fahrräder im Anhänger bis nach Volksdorf mitnahm.

Matthias Schatz