An der Seite der Armen

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Pater Karl Meyer vor seiner Primiz, die kurz nach seiner Priesterweihe in der Kirche Christus König, im holsteinischen Marne stattfand.
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Pater Karl Meyer (7. v.l.) vor seiner Primiz, die kurz nach seiner Priesterweihe stattfand, und zwar in der Kirche Christus König, im holsteinischen Marne. Dorthin war seine Familie nach seiner Geburt gezogen. Sein Vater war dort als Pflanzenzüchter tätig.

Der Dominikanerpater Karl Meyer feiert ein seltenes Jubiläum: Vor 60 Jahren wurde er zum Priester geweiht. Eine Herzensangelegenheit ist ihm bis heute das Wirken für die Alimaus, wo der 86-Jährige versucht, jede Woche zu helfen.

„Ich dachte, das ist genau das Richtige, um nach der Zeit als Ordensoberer endlich wieder Bodenkontakt zu bekommen“, sagt Pater Karl Meyer. Das „Richtige“ war 1993 die Alimaus respektive der Hilfsverein St. Ansgar, der diese Tagesstätte für obdachlose und bedürftige Menschen am Nobistor in Altona unterhält. Von der Einrichtung habe ihm Schwester Barbara von den „Grauen Schwestern“, der Kon­gregation der Schwestern von der heiligen Elisabeth berichtet. Bis heute ist die Alimaus eines der großen Herzensprojekte des Dominikanerpaters, der am 20. Juli sein Diamantenes Priesterjubiläum begeht. 

Pater Karl wurde am 14. Juni 1937 in Busdorf bei Schleswig geboren und wuchs in einer katholischen Familie auf. Schon früh habe er gelernt, was es bedeute, in einer Gemeinde tätig zu sein und bedürftigen und armen Menschen zu helfen, sagt er. Das sei seiner Familie immer ein wichtiges Anliegen gewesen. Es verband ihn auch mit Gabriele Scheel, Gemeindereferentin und Mitbegründerin der Alimaus, die eine wichtige Bezugsperson in seinem Leben und für seine Arbeit in der Alimaus war. Von 2001 bis 2022 war Pater Karl dann Vorsitzender des „Hilfsvereins St. Ansgar e.V.“. Bis heute engagiert er sich in der Alimaus und versucht, wöchentlich vor Ort zu helfen.

Als Jugendlicher hatte er seinen ersten Kontakt mit dem Dominikanerorden, als er von 1951 bis 1957 das Internat der Dominikaner in Vechta besuchte. „Das ist so langsam gekommen, da habe ich gedacht, das ist gar nicht so falsch, in der Richtung weiterzugehen. Und dann bin ich anschließend in den Orden eingetreten“, erzählt Pater Karl. Mit dem Entschluss, Priester zu werden, stand für ihn auch fest, in den Dominikanerorden einzutreten. Er habe sich mit dieser Lebensweise schon damals identifizieren können. Von 1958 bis 1965 studierte er an der Dominikaner-Hochschule in Walberberg Philosophie und Theologie. Am 20. Juli 1963 wurde er in Walberberg von Carl Maria Splett, dem von den Kommunisten vertriebenen Bischof von Danzig, zum Priester geweiht.
In Hamburg promovierte er 1974 im Fach „Geschichte der Naturwissenschaften“, arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Assistent und als Studentenseelsorger an der Technischen Universität Berlin. Nach seiner Amtszeit als Provinzial (1979 bis 1992) kam er wieder nach Hamburg und war von 1997 bis 2006 und von 2016 bis 2019 Prior des Dominikanerkonventes St. Johannis in Barmbek. 


„Der Glaube ist kein Konsumgut“


Pater Karl sieht deutlich, dass sich die Gesellschaft und auch die katholische Kirche über die Jahre verändert hat. Er hat das Gefühl, dass es heutzutage einen „Kampf“ um den Menschen als Konsumenten gibt und dass die Kirche manchmal versuche, sich an diesem „Kampf“ zu beteiligen. Aber der Glaube könne dem nicht gleichgesetzt werden, der Glaube sei kein Konsumgut. „Weiß der Priester noch, dass er Freund Jesu Christi ist? Dafür bin ich berufen, und wenn ich das nicht mehr weiß, vor lauter Rumwirtschaften, aus Sorge, da Priester, aber auch Katholiken immer weniger werden, dann ist das gefährlich.“ Es werde darauf ankommen, an der Quelle des Glaubens zu leben und ein ganz offenes Herz für Menschen zu haben.

„Solange sich die Katholiken auf die Quelle ihres Glaubens besinnen, auf Gott und Jesus“, so die Überzeugung von Pater Karl, „muss man sich keine Sorgen machen, dass die Kirche untergeht“. Blickt er in der Geschichte zurück, fällt ihm auf, dass es schon immer Zeiten gab, in denen sich die Menschen von der katholischen Kirche entfernten. Dann seien Personen oder Bewegungen aufgetaucht wie beispielsweise der heilige Dominikus, die den Menschen den Glauben wieder nähergebracht hätten – und dies in Blütezeiten und nicht in Zeiten von Katastrophen.

Pater Karl ist überzeugt, dass es wieder Menschen geben wird, die den Glauben in die Gesellschaft tragen werden. „Es wird eine Generation geben, die sich fragt, ist mein jetziges Leben das, was mich wirklich erfüllt? Komme ich selbst als Mensch nicht viel zu kurz, lebe ich am Leben vorbei? Das reicht mir nicht mehr. Gibt es nicht eine andere Ebene, auf der ich leben kann?“, sagt Pater Karl. 

Der Dominikanerpater würde sich auch heute wieder zum Priester weihen lassen. Er ist dankbar für die Menschen, die ihn auf seinem Lebensweg begleitet haben. Durch all die Erfahrungen, die er über die Jahre sammeln konnte, habe er festgestellt, dass es für die Menschen der katholischen Kirche wichtig sei, nach dem Evangelium zu leben. 

Für ihn war Gabriele Scheel eine Person in seinem Leben, die ihn daran immer wieder erinnert habe. „Bei einem Interview für die Alimaus sagte ich mal, dass der Glaube auch ein Beweggrund für unsere Arbeit sei. Da hat mir Frau Scheel dazwischengeredet und gesagt: ‚Nein, der Glaube ist der Beweggrund!‘“, erinnert er sich. „Wenn es hieß, das ist unser Chef, da habe sie immer gesagt: ,Nein, der Chef ist oben.‘ So habe ich von ihr an wichtigen Stellen in meinem Leben gelernt.“ So sei es entscheidend, nie zu vergessen: „Wer ist der Akteur der ganzen Sache? Jesus Christus ist unser Herr, der durch uns seine wunderbaren Taten an den Menschen vergegenwärtigt.“

Anlässlich des Diamantenen Priesterjubiläums von Pater Karl wird in der Barmbeker Kirche St. Sophien am Samstag, 22. Juli um 17 Uhr ein festlicher Gottesdienst stattfinden.

Anna Neumann