Wenn ein Holzhammer an der Tür klopft

Ein Neujahrsbrauch im Artland: Bökern

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Ein Holzhammer wird von einer Hand auf ein Brett gehauen
Nachweis

Foto: Heiko Bockstiegel

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Der Bökerhammer besteht aus einem Holzklotz und einem langen Stiel. In der Regel werden sie selbstgefertigt. Foto: Heiko Bockstiegel

Der frühere Realschullehrer Heinrich Böning (84) aus Quakenbrück hat das Stadtmuseum in Quakenbrück aufgebaut und 45 Jahre lang geleitet. Der Heimatforscher betreut das Archiv des Museums. Er erklärt das Bökern im Interview.

Was ist das Bökern?

Es ist ein Brauch zum Jahreswechsel. Am Silvestertag ziehen Kinder und Jugendliche mittags los, um ihre Nachbarn und Freunde aufzusuchen. Mit einem Holzhammer klopfen sie dort, bis sich etwas regt. Dann werfen sie die Neujahrsbriefe, die sie zuvor geschrieben haben, zur Tür herein und verstecken sich. Die Bewohner des Hauses suchen die Überbringer und laden sie ins Haus ein. Belohnt werden sie mit Geschenken in Form von Süßigkeiten, Backwaren und anderen Kleinigkeiten. 


Was sind das für Neujahrsbriefe?

Die werden meistens schon vor Weihnachten vorbereitet. Die Kinder und Jugendlichen verfassen diese Briefe selbst – manchmal auch mit Hilfe der Eltern. Darin sammeln sie Lob und gute Wünsche für die Empfänger. Oft sind sie in Gedichtform geschrieben und mit Zeichnungen und Bildern verziert.

Portraitfoto eines älteren Mannes
Hat als Kind auch gebökert: Heinrich Böning. Foto: privat


Wozu braucht es den Hammer?

Der Brauch stammt aus einem ländlichen Gebiet. Auf den großen Bauernhöfen gab es keine Klingeln. Deshalb hat man mit einem selbstgefertigten Holzhammer an das große Holztor des Haupteingangs geklopft. Das hat ziemlichen Krach gemacht. Ohne diesen Hammer gab es keine Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen. 


Wo wird gebökert? 

Im gesamten Artland – dazu gehören Quakenbrück, Badbergen, Menslage und Nortrup – und ein wenig darüber hinaus wird dieser Brauch bis heute gepflegt. Es ist tatsächlich so, dass einige der alten Bräuche heute wieder lebendig werden. Soweit man das überblicken kann, bökern heute mehr Leute als vor zehn oder zwanzig Jahren.


Wie ist der Brauch entstanden?

Die Bauern hier im Artland leben nicht so dicht zusammengedrängt wie in einer Stadt. Ihre Grundstücke sind relativ groß, deshalb brauchen sie einige Minuten, um ihre Nachbarn zu erreichen. Das können schon mal 400 bis 500 Meter Fußweg sein. Durch die Entfernung ist die Verbindung zum Nachbarn nicht so eng. Das hat dazu geführt, dass mit der Zeit verschieden Bräuche entstanden sind, um zusammenzukommen. Einer dieser Bräuche ist das Bökern.


Wie lange gibt es diesen Brauch schon?

Das lässt sich schwer sagen. Denn der Brauch hat sich eher mündlich weitergetragen. Es gibt dazu keine Forschung oder Berichte, die das geschichtlich darstellen. Nur Randnotizen und alte Kalender geben Hinweise darauf. Fest steht nur, dass es den Brauch schon vor der Reformation gab, damals aber noch am Dreikönigstag. Das hat sich dann mit der Zeit auf den Jahreswechsel verschoben.

 
Haben Sie schon mal gebökert?

Als Kind habe ich einige Male gebökert. Vor allem über die Geschenke haben wir uns gefreut. Ansonsten fand ich es schön, die Nachbarn zu treffen und mich über alles Mögliche mit ihnen zu unterhalten. Es war einfach gesellig. Gerade im Bauernalltag war das etwas ganz Besonderes, weil jeder auf seinem Hof eher für sich gelebt hat.
 

Jasmin Lobert