Was uns diese Woche bewegt
Eine Denunziation und ihre Folgen

Wissen Sie, wer Kurt Elvers war? Mir war sein Name nicht bekannt – bis ich vor kurzem auf seine Geschichte stieß, bei einem Termin im Bremer Focke-Museum. Elvers, geboren 1919, war Soldat und angehender Kunststudent in Bremen – ebenso talentiert wie kriegsmüde und kritisch gegenüber dem NS-Regime. „Schade, dass es nicht geklappt hat, sonst hätten wir jetzt Frieden“, äußerte er sich nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944.
Ein Satz mit dramatischen Folgen. Kommilitonen denunzierten Elvers bei der Gestapo. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt, zum Tode verurteilt und in seiner Heimatstadt Hamburg erschossen. Nach Kriegsende wollte sein Vater Gerechtigkeit, aber die Denunzianten wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Sie galten lediglich als „Mitläufer“. Beschämend für die damals junge westdeutsche Demokratie.
Denunziation gab und gibt es immer und überall. Verpetzen, anschwärzen, Gerüchte verbreiten, ein (vermeintliches) Fehlverhalten anderer öffentlich machen – wie man es auch nennt. Es geschieht oft aus niederen Beweggründen wie Neid, Rache oder Eifersucht. Man will sich eines Konkurrenten entledigen oder handelt aus Geldgier – für „30 Silberlinge“ wie einst Judas.
Gefährlich ist Denunziantentum vor allem in Diktaturen. Da blüht es regelrecht auf, das belegt die Forschung. Denn in totalitären Staaten wollen die Mächtigen nicht, dass sich Bürger ins Private zurückziehen, wo sie gegen den Staat agieren könnten. Das war im NS-Staat so und auch in der DDR. Ich habe es selbst erlebt, sogar noch kurz vor dem Mauerfall, in der Lokalredaktion, in der ich damals arbeitete: Da fühlte sich eine Kollegin berufen, eine andere Kollegin, die sich in der Bürgerrechtsbewegung „Neues Forum“ engagierte, dem Chefredakteur zu melden. Zum Glück hatte das keine Konsequenzen mehr. Und leider auch nicht für die Denunziantin. Die hat später noch ordentlich Karriere gemacht.
Menschen wie Kurt Elvers sind nicht so bekannt wie beispielsweise die Offiziere um Stauffenberg. Aber ihr Schicksal macht auf erschreckende Weise deutlich, was eine Diktatur für den Einzelnen bedeutet. Deshalb müssen solche Geschichten erzählt werden, auch 80 Jahre nach Kriegsende – gerade in diesen Zeiten, in denen die Demokratie weltweit bedroht ist.