Frisieren gegen die Einsamkeit

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Hochbetrieb im ehrenamtlichen Frisiersalon des Malteserstifts St. Maximilian Kolbe in Wilhelmsburg.
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Foto: Stefanie Langos

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Hochbetrieb im ehrenamtlichen Frisiersalon des Malteserstifts St. Maximilian Kolbe in Wilhelmsburg: Zu sehen sind (v.l.n.r.): Peter Feldt, Mohammad Aghazade, Noushafarin Asadi Mofrad, Ebrahim Aghjanifard und Sylwester Blachowski

Drei Geflüchtete schneiden im Malteserstift St. Maximilian Kolbe Senioren ehrenamtlich die Haare und bieten weiteren Pflegeservice. Wie von selbst kommen sie dabei mit den Kunden ins Gespräch. Das hilft allen Beteiligten.

Peter Feldt und Sylwester Blachowski brauchen einen neuen Haarschnitt. Die beiden älteren Herren sitzen im Rollstuhl und werden von einer Mitarbeiterin des Malteserstifts St. Maximilian Kolbe in Wilhelmsburg in einen Raum im Tiefgeschoss des Pflegeheims geschoben. Statt ausgemusterter Pflegebetten gibt es dort Waschbecken, professionelle Trockenhauben, die anderswo ausgedient haben, sowie Kämme, Rasierer, Sprühflasche und Föhn – kurz alles, was es sonst auch in einem Friseurladen gibt.

Ob Haareschneiden, Augenbrauen zupfen, Färben, Rasieren oder Nägel lackieren: Die Iranerin Noushafarin Asadi Mofrad und ihre beiden Landsleute Ebrahim Aghjanifard – genannt Parham – und Mohammad Aghazadeh machen das alles möglich. Mit Engelsgeduld gehen sie auf die Wünsche ihrer Gäste ein. Das Team, das jeden Montag Senioren im Malteserstift St. Maximilian Kolbe ehrenamtlich die Haare frisiert, hat eine Stunde vorher noch die Schulbank gedrückt. Die drei besuchen einen Erstorientierungskurs der Malteser am Malteser Campus St. Maximilian Kolbe.

Die Idee zu diesem Projekt hatte Moustafa Masoud, der am Campus als Ehrenamtskoordinator im Integrationsdienst und für das Projekt Miteinander-Füreinander zuständig ist. Es setzt sich gegen Einsamkeit im Alter ein. Seit Anfang Oktober bieten er und sein Team aus Ehrenamtlichen dieses Schönheitsangebot für Senioren an. „Viele können sich Haarschnitte nicht leisten“, sagt Masoud. Auch sei das Angebot eine gute Gelegenheit für Smalltalk – für beide Seiten.

In seiner Heimat war Parham Versicherungsexperte. Mohammad Aghazadeh ist gelernter Fitnesstrainer; er assistiert bei den Beauty-Nachmittagen seiner Landsfrau Asadi Mofrad. Seit 15 Jahren schneidet sie anderen Menschen die Haare. Heimbewohner Sylwester Blachowski ist zum zweiten Mal dabei. „Das sind Iraner, die sprechen kein Deutsch“, meint er. Noch nicht viel Deutsch trifft es eher.

Asadi Mofrad lebt seit elf Monaten in Deutschland. Sie versteht schon viel, nur das Sprechen fällt ihr noch schwer. Die Mutter eines 19-jährigen Sohnes möchte gern in Deutschland als Friseurin arbeiten. Deswegen paukt sie in Kursen in Barmbek und Wilhelmsburg fleißig die deutsche Sprache. Die Möglichkeit zum Austausch ergibt sich beim Frisieren ganz nebenbei. Blachowskis Frisur nimmt langsam Formen an, dann bekommt er noch den Bart gestutzt. „Danke, sehr nett!“, sagt er, als er fertig frisiert und abgebürstet ist.


Service wird künftig freitags geboten


Moustafa Masoud holt jeden Gast aus seinem Zimmer ab. So auch Carmen Funk. Auf einen Rollator gestützt, kommt sie in den Frisiersalon. Mit dabei hat sie ein neues Fläschchen Nagellack in einem dunklen Rotton. „Schöne Farben haben Sie sich ausgesucht“, sagt Massoud. Auch goldglänzende Nagelsticker – eine Art Aufkleber für die Nägel – hat Funk mitgebracht. „Für mich ist das zu viel Fummelei, aber das können die hier gut“, sagt sie. Die Frau im blauen Strickpullover ist schon zum zweiten Mal dort. „Sonst mache ich mir das selbst. Aber wenn man Rechtshänderin ist, wird es schwierig“, sagt Funk und meint damit das Auftragen des Nagellacks und der Aufkleber.

Bevor es mit dem Lackieren losgehen kann, entfernt Praham noch den alten Nagellack. Anschließend trägt der Iraner sorgsam die neue Farbe auf. Zum Schluss nimmt er eine Pinzette und platziert die Aufkleber. Anschließend pustet er noch über die Nägel, damit alles gut trocknet. Fertig. „Wunderbar, junger Mann, hübsch gemacht!“, freut sich die Seniorin. 

An diesem Montag hat das Team drei Herren und zwei Damen glücklich gemacht. Noushafarin Asadi Mofrad habe hinterher immer das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. „Damit schläft es sich gut“, sagt sie. Zukünftig wird das Schönheitsangebot für Senioren immer freitags stattfinden. Mohammad Aghazadeh fegt noch schnell den Raum, damit alles für das nächste Mal sauber ist. Die nächsten Interessenten warten schon. 

Stefanie Langos