Friedensgottesdienst im Hildesheimer Mariendom

Für den Frieden beten

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Bischof Heiner Wilmer hat den Frauen und Männern von Bundeswehr, Zoll, Polizei und Bundespolizei für ihren Einsatz gedankt. Wilmer feierte mit rund 300 Sicherheitskräften zum inzwischen 37. Mal den Friedensgottesdienst im Dom.


Rund 300 Frauen und Männer von Bundeswehr, Zoll,
Landes- und Bundespolizei feierten zusammen mit
Bischof Heiner Wilmer den traditionellen
Friedensgottesdienst im Dom.

Zum Friedensgottesdienst eingeladen hatte der Leitende Militärdekan Monsignore Rainer Schadt, der für das Militärdekanat Kiel verantwortlich ist, zu dem alle militärischen Einrichtungen in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern gehören.

Schadt begrüßte die Gottesdienstgemeinde, dass er sich nach dem Corona bedingten Ausfall in den letzten beiden Jahren, darüber freue, diesen Friedensgottesdienst nun wieder feiern zu können. „Um den Frieden zu beten, ist angesichts der aktuellen Situation in der Ukraine, aber auch der Krisenherde weltweit umso wichtiger“, so Schadt.

Auch die Bibel berichtet von einer Zeitenwende

Bischof Heiner Wilmer, der den Gottesdienst zelebrierte, ging in seiner Predigt auf den von Bundeskanzler Olaf Scholz im Fokus auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine geprägten Begriff der Zeitenwende ein: „Seit dem 24. Februar 2022 ist unsere Welt eine andere geworden. Wir, die wie hier in Deutschland leben, erlebten vor einem Jahr ein Erwachen: Der Krieg ist vor unserer Haustür angekommen und wir haben viele Geflohene aus der Ukraine hier bei uns.“

Wilmer machte deutlich, wie in der Bibel von einer Zeitenwende gesprochen wird: im Buch Jesaja, sechs Jahrhunderte vor Christi Geburt, als die Babylonier Jerusalem erobert hatten. „Das Land Juda hatte sein Kraftzentrum verloren. Leben, Arbeiten, Religion, alles lag am Boden. Und die Verschleppten, die Kraftvollen? Sie saßen an den Flüssen von Babylon und waren verzweifelt. Fern der Heimat, fern von ihren Familien, fern von ihrem Gott.“ In diese Situation hinein schrieb der Prophet Jesaja von der Zeitenwende und malte das alte neue Land in die Herzen seiner Mitgefangenen – zurück in eine Heimat, in der Friede kein Ende habe. Diese Zeitwende werde durch ein Kind geschehen, so der Prophet, und daran glauben Christinnen und Christen weltweit, „dass dieser Fürst des Friedens uns in Jesus Christus begegnet“.

Aber was, so fragte der Bischof, solle diese Botschaft angesichts eines Angriffskriegs, der zu nichts anderem als zu Ungerechtigkeit, Verwundung, Zerstörung und Tod führe? Was solle diese Botschaft auch mit Blick auf wachsende Bedrohungen für Sicherheitskräfte? Spätestens seit der Zeit der Pandemie steige der Aggressionspegel. Menschen, die ihren Beruf und ihre Berufung darin fänden, für Recht und Ordnung zu sorgen, würden angefeindet, verbal und körperlich angegriffen.

Nach Wilmers Worten steckt in der christlichen Botschaft eine tiefe Wahrheit und „die realistische Vision, dass Kriege, Bedrohungen und Angriffe enden“. Die Sehnsucht nach Frieden habe eine gewaltige Kraft. Das hätten die Gefangenen in Babylon erlebt, als der Perserkönig Kyros die Verschleppten in ihr Land zurückkehren ließ und die Stadt Jerusalem und der Tempel wieder aufgebaut werden konnten.

Sicherheitskräften den Rücken stärken

An die Sicherheitskräfte im Dom gewandt, formulierte der Bischof, was die Gesellschaft für Soldatinnen und Soldaten, für Polizistinnen und Polizisten tun könne: „Wir alle können unseren Beitrag zur Deeskalation beitragen: Einmal, indem wir als Gesellschaft Ihnen, die Sie uns alle in ihren unterschiedlichen Diensten schützen, den Rücken stärken. Wir nehmen wahr, dass Sie Enormes für die Gesellschaft leisten, dass sogar Ihr Leben bedroht sein kann.“

Das Verbindende der biblischen und der gegenwärtigen Zeitenwende seien die Begriffe Frieden und Gerechtigkeit, betonte der Hildesheimer Bischof und ging dabei auch auf die öffentliche Diskussion um Waffenlieferungen an die Ukraine ein. „Meines Erachtens erleben wir gerade hier in Deutschland eine insgesamt sorgsame Debatte über die Wahl der Mittel. Es wird abgewogen, überlegt. Ja, wir sind uns nicht einig, ob und wenn ja welche Waffen bis hin zum Kampfpanzer Leopard 2 in die Ukraine gesandt werden sollen, welche Ausrüstung die Bundeswehr braucht, welche Befugnisse die Polizei haben muss.“

Die Debatte werde aber viel breiter geführt, als das noch vor einem Jahr möglich erschienen sei. Er hoffe, so Wilmer, dass die Sicherheitskräfte dies auch als Rückenstärkung erleben können, auch wenn diese aus fachlicher Perspektive bestimmt einiges anders einschätzten als andere, die nicht so unmittelbar betroffen seien. Er schloss seine Predigt mit Worten des Dankes an die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der Sicherheitsorgane.

Das Heeresmusikkorps Hannover sowie Dommusikdirektor Thomas Viezens an der Orgel gestalteten den Friedensgottesdienst musikalisch. Im Anschluss traf sich Bischof Heiner mit den Teilnehmenden vor dem Bischöflichen Generalvikariat zur Begegnung und zum gemeinsamen Mittagessen.
(bph/ed)