Arnsteiner Pater Alfons Spix

Gedenken, das aneckt

Image
03_Kloster-Arnstein.jpg

Der Arnsteiner Pater Alfons Spix war kein aktiver Widerstandskämpfer oder Held. Trotzdem setzt sich Stefan Diefenbach dafür ein, dass für den einstigen Superior in Kloster Arnstein eine Gedenkstätte eingerichtet wird. Von Heike Kaiser



Die Klosterkirche wird in den nächsten fünf Jahren renoviert. 2018 haben die Arnsteiner Patres das Kloster verlassen, 2019 zog eine griechisch-orthodoxe Schwesterngemeinschaft ein. Eigentümer der Anlage ist das Bistum Limburg.


„Inzwischen habe ich Verständnis für sein verantwortungsvolles Handeln während der NS-Zeit“, sagt Diefenbach. „Er war darauf bedacht, den Regierenden keinen noch so geringen Anlass zu geben, gegen die Gemeinschaft in Arnstein vorzugehen.“ Und trotzdem kam er ins KZ und ist dort ums Leben gekommen.
Diefenbach, Geschäftsführer des „Weltladens“ in Frankfurt-Bornheim, hat bis 2006 zu den Arnsteiner Patres gehört. Als Novize begann er, sich für das Leben von Pater Alfons Spix zu interessieren. Während seines Theologiestudium forschte er über das Schicksal des einstigen Superiors der Arnsteiner Patres. Dessen „Vergehen“ war es, sich als Seelsorger um polnische Fremdarbeiter gekümmert und somit Widerstand gegen die nationalsozialistische Ideologie geleistet zu haben. Spix wurde angezeigt, von der Gestapo verhaftet und starb am 9. August 1942 im KZ Dachau.


Pater Alfons Spix
Foto: Archiv Arnsteiner
Patres

„Heute schätze ich seinen geistigen Widerstand, seine innere Firewall gegen Propaganda und Ideologie: Ein Glaubenszeuge, der gegen die NS-Ideologie des Untermenschen vorgegangen ist“, beschreibt ihn Stefan Diefenbach.
Seit 1942 ist das Grab von Pater Alfons Spix auf dem Arnsteiner Friedhof unverändert. „Doch nicht die Asche von Spix befindet sich in dem Grab, sondern die kremierten sterblichen Überreste namenloser KZ-Häftlinge, die in Dachau zusammengekehrt wurden“, berichtet Diefenbach. „Wo die Asche von Pater Alfons ist, wissen wir nicht.“ Für ihn wird daran das Menschenverachtende des NS-Systems deutlich, „das den Verstorbenen auch noch den Namen nimmt und deren Angehörigen einen Ort der Trauer“.
Auf Diefenbachs Initiative geht es zurück, dass es seit 1987 an der Kreuzgangmauer der Klosterkirche eine Gedenktafel für Pater Spix gibt. Doch die Klosterkirche wird zurzeit renoviert. Inzwischen lebt eine griechisch-orthodoxe Schwestergemeinschaft im Kloster, seit die Arnsteiner Patres es Ende 2018 verließen. (Dazu siehe hier: https://www.kirchenzeitung.de/die-frau-die-die-tiefe-will)
„Es gibt Pläne, im Zuge der Renovierungsmaßnahmen die Gedenktafel zu entfernen, aber auch die Zusage, einen angemessenen Ort des Gedenkens im Kircheninnern einzurichten“, berichtet Stefan Diefenbach. Ihm liegt daran, immer wieder darauf hinzuweisen, „das nicht zu vergessen“. „Es kommt mir wie eine Lebensaufgabe vor, mich gegen das Vergessen und für ein Gedenken nicht nur für Pater Spix, sondern auch für die namenloser Opfer in seinem Grab zu engagieren“, unterstreicht er. „Und dafür, dass Opfer, deren Namen wir nicht kennen, erinnerungswürdig und erinnerungswert sind.“


Stefan Diefenbach
Foto: privat

Es geht ihm darum, das Grab von Pater Spix zu erhalten und in der Klosterkirche Arnstein eine Gedenkstätte einzurichten – „nicht einfach glatt und rund, sondern etwas, das kantig ist, etwas, das ,aneckt‘“, sagt Diefenbach. „Zum Beispiel könnte ein Stück Stacheldraht aus Dachau mit einbezogen werden.“ Gerade an einem Touristenmagnet wie der Arnsteiner Klosterkirche brauche es „Orte, die nachdenklich machen, die aufrütteln“.

 

ZUR SACHE

Holocaust-Tag
Seit 1996 ist der 27. Januar in Deutschland der „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Das Datum erinnert an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch die Rote Armee im Jahr 1945. 2005 wurde der 27. Januar von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt. (kai)

Von Heike Kaiser