Neue Räume für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Twistringen
Großer Schritt für junge Patienten

Die Kinder- und Jugendpsychiatrische Tagesklinik sowie die Institutsambulanz des Kinderhospitals Osnabrück haben einen neuen Standort im St.-Annen-Stift in Twistringen bezogen. Zuvor war die Einrichtung auf dem Gelände einer ehemaligen Kaserne in Eydelstedt untergebracht.

„Den Umzug nach Twistringen haben wir von vornherein beabsichtigt“, berichtet der Verwaltungsdirektor des Kinderhospitals Osnabrück, Wilfried Siemering. „Das ist uns jetzt endlich gelungen.“
Die Freude ist auch deshalb groß, weil die Arbeitsbedingungen auf dem Kasernengelände in Eydelstedt schwierig waren. Zum einen war der Standort abgelegen und nicht nur für die Patienten und deren Eltern, sondern auch für die Mitarbeiter schwer erreichbar. Zum anderen war das Gebäude, in dem die Tagesklinik untergebracht war, nicht besonders schön: „Es hallte auf den Fluren, Türen ließen sich nicht schließen und die Fenster waren nicht dicht“, berichtet Stationsleiterin Silke Krug-Dyck. Der Wunsch, nach Twistringen umzuziehen, sei deshalb immer größer geworden. Dass er endlich verwirklicht werden konnte, sei „ein Meilenstein“, sagt der Verwaltungsdirektor.
Freundliches Erscheinungsbild
Mit Fördermitteln des Landes Niedersachsen in Höhe von 425 000 Euro konnte ein moderner Standort verwirklicht werden. Die Mitarbeiter sind besonders stolz auf das freundliche Erscheinungsbild: Weil dieselben Materialien und Farben wie im Kinderhospital in Osnabrück verwendet wurden, zeigt sich auch optisch, dass die beiden Häuser zusammengehören.
„Wir fühlen uns hier gut aufgehoben“, sagt Chefarzt Till Berkhoff. Er freut sich vor allem darüber, dass alle Patienten aus dem Landkreis Diepholz nun in etwa gleich weite Wege in die Tagesklinik haben. Ein weiterer Vorteil des Umzugs: Statt zwölf können 14 Behandlungsplätze angeboten werden. „Damit können wir besser auf die verstärkte Nachfrage reagieren“, erklärt Berkhoff.
Seit dem 14. Mai steht die Kinder- und Jugendpsychiatrische Tagesklinik Kindern zwischen sechs und 17 Jahren offen. Das Konzept der Einrichtung zielt darauf ab, die sozialen Kontakte der Patienten zu erhalten. Sie werden morgens von ihren Eltern in die Klinik gebracht, verbringen dort den Tag und können abends im eigenen Bett übernachten.
„Wenn bei einem Kind Probleme auftreten, wird zuerst dieser therapeutische Ansatz versucht, damit es nicht von zu Hause wegmuss“, erklärt Berkhoff.Die vollstationäre Behandlung erfolge hingegen im Kinderhospital in Osnabrück. Die Behandlungszeit in Twistringen beträgt durchschnittlich 60 Tage – hierbei kommt es jedoch auf die Bedürfnisse der Patienten an. „Einige brauchen mehr oder weniger Zeit, um sich einzugewöhnen und Gelerntes umzusetzen“, erklärt Silke Krug-Dyck. Damit die Kinder auch nach der teilstationären Therapie nicht alleine gelassen werden, gibt es die Betreuung in der Institutsambulanz.
Für die Patienten der Tagesklinik ist ein geregelter Tagesablauf wichtig: Am Vormittag findet neben Einzeltherapie auch der Schulunterricht statt, dazu kommen externe Lehrer in die Einrichtung. Trotz teilweise sehr unterschiedlichen Alters werden die Kinder in kleinen Gruppen unterrichtet.
Um die Kreativität und das Selbstvertrauen der Kinder zu stärken, gibt es nachmittags verschiedene Angebote wie einen Werkraum, einen Computerraum und einen großen Außenbereich. In den Pausen können die jungen Patienten Ruhemöglichkeiten nutzen: Jeder hat sein eigenes Zimmer, das individuell dekoriert werden darf.
Kinder mussten lange auf Hilfe warten
Auch im Esszimmer wird regelmäßig gebastelt – zum Beispiel Blumen aus Pappe, auf denen die Therapieaufgaben der Kinder vermerkt sind. „Hier können die Patienten schauen, woran sie arbeiten müssen“, erklärt Krug-Dyck. Für jede erfüllte Aufgabe kommt bei der täglichen Reflexion ein neues Blütenblatt hinzu. Zentraler Bestandteil des Tagesablaufs seien außerdem die gemeinsamen Mahlzeiten: „Viele Kinder kennen das gar nicht von zu Hause“, erklärt sie. Für die meisten Familien aus dem Landkreis Diepholz ist die Tagesklinik die letzte Anlaufstelle.
Denn bevor die Tagesklinik übergangsweise auf dem Kasernengelände in Eydelstedt eingerichtet worden war, hatte es im Landkreis wenige psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten für junge Patienten gegeben. Kinder mit psychischen Erkrankungen mussten oft lange auf Hilfe warten. „Das liegt vor allem daran, dass es schwierig ist, Fachleute nach Twistringen zu bekommen“, erklärt Berkhoff. Doch es gibt auch positive Entwicklungen: „Seitdem es die Tagesklinik gibt, hat sich die Versorgungssituation entscheidend verbessert“, sagt Verwaltungsdirektor Wilfried Siemering und spricht von einem „Sogeffekt“. Mittlerweile hätten sich mehrere Psychotherapeuten im Umkreis niedergelassen, mit denen man gut zusammenarbeite. Jedoch sei es weiterhin wichtig, die Kooperation stärker auszubauen. „Wir wollen noch mehr Kindern eine Perspektive bieten“, sagen die Mitarbeiter der Tagesklinik.
Sandra Röseler
Zur Sache
Die Kinder- und Jugendpsychiatrische Tagesklinik war vor dem Umzug fünf Jahre lang in Eydelstedt untergebracht. Jetzt gibt es noch zwei zusätzliche Behandlungsplätze.
Die Tagesklinik dient als Außenstelle des Kinderhospitals am Schölerberg in Osnabrück. Sie ist verhaltenstherapeutisch ausgelegt, und spezialisiert auf Krankheitsbilder wie Depressionen, Aufmerksamkeitsdefizite sowie Angst- und Lernstörungen.
Die Tagesklinik liegt an der St.-Annen-Straße 15, Telefon 0 42 43/9 41 48 00. Das Team ist montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr erreichbar.