Rettungsdienste sind vielerorts am Limit
Höchstes Gut: die Mitarbeiter
Krankenhäuser und Rettungsdienste sind vielerorts am Limit. Die Gründe: Fachkräftemangel, Krankheitswelle, die hohe Gewaltbereitschaft gegenüber Einsatzkräften. Wie geht der Malteser Hilfsdienst (MHD) im Bistum Limburg damit um? Von Heike Kaiser
„Die Situation im Rettungsdienst ist angespannt“, bestätigt Markus Schips, Landesgeschäftsführer des Malteser Rettungsdienstes in Hessen. „Auch bei uns fehlt es an Fachkräften, an Notfallsanitätern.“ Mehr Notrufe bedeuteten mehr Arbeit und damit mehr Personalbedarf. Im Bereich der Diözese Limburg gibt es derzeit 13 offene Stellen. „Doch trotz der zusätzlichen Belastung durch die aktuelle Krankheitswelle können wir unsere Fahrzeuge weitestgehend adäquat besetzen“, betont er. Im Herbst und Winter häufen sich wetterbedingte Unfälle, besonders hohe Einsatzzahlen hatten die Malteser im Dezember an den Tagen mit Glatteis.
Um besser mit der Überlastung umzugehen, hat der MHD bereits Anfang 2021 seinen Rettungsdienst neu organisiert. „Wir haben unsere Kräfte hessenweit gebündelt“, sagt Schips. Mehr als 1200 Rettungskräfte arbeiten an 39 Standorten. „Das macht uns auch mit Blick auf den vorhersehbaren Personalmangel flexibler: So ist es möglich, dass Mitarbeiter an verschiedenen Standorten einspringen können“, erläutert des Landesgeschäftsführer. Der Anspruch der Malteser sei, „hessenweit höchste Qualitätsstandards zu erfüllen – auch in angespannten Zeiten“.
Anstrengungen, um neue Fachkräfte zu gewinnen
Wie die Einsatzkräfte mit der Überlastung umgehen, sei individuell verschieden. „Unsere Mitarbeitenden sind unser höchstes Gut“, unterstreicht Schips. Deswegen würden alle Register gezogen, um die hohe Arbeitsbelas-tung zu reduzieren und neue Fachkräfte zu gewinnen. „Es ist wichtig, dass unsere Mitarbeitenden Ausgleich finden.“ Deswegen werde ein Firmenfitnessprogramm gefördert. „Nach besonders belastenden Einsätzen bieten wir Supervision an oder Einsatznachbesprechungen durch Notfallseelsorger, die helfen, das Erlebte zu verarbeiten“, nennt Markus Schips Beispiele psychosozialer Unterstützung.
Nach seiner Beobachtung häufen sich auch beim Malteser Rettungsdienst „Aufträge, bei denen es sich nicht um Notfälle handelt und ein Rettungswagen nicht notwendig gewesen wäre“. Für die Einsatzkräfte sei das manchmal frustrierend. „Denn sie sind für echte Notfälle ausgebildet, wollen rechtzeitig vor Ort sein, wenn es wirklich um Leben und Tod geht.“
Es gelte jedoch: „Wir wollen den Menschen helfen, die Hilfe benötigen. Warum wählen Menschen den Notruf, obwohl sie keine lebensbedrohliche Erkrankung haben? Weil sie niemanden finden, der sich um ihr Problem kümmert“, so die Erfahrung von Schips. Es werde an Konzepten gearbeitet, die bessere Antworten auf akutmedizinische Anliegen im Rettungsdienst zu finden, unterstreicht er. Zum Beispiel Gemeinde-Notfallsanitäter – ein Modell, dass die Malteser bereits in Oldenburg erprobt haben.
In den Städten mehr Gewalt als auf dem Land
Sorgen bereitet auch den Maltesern eine Gewaltbereitschaft, „die auf konstant hohem Niveau geblieben ist und leider weiterhin auch den Rettungsdienst betrifft“, beklagt Markus Schips. Er berichtet von verbalen Attacken auf Einsatzkräfte, körperliche Angriffe blieben glücklicherweise die Ausnahme. „Insgesamt ist Gewalt gegen Rettungskräfte im städtischen Umfeld ausgeprägter als in ländlichen Regionen“, so seine Erfahrung. Sämtliche Fälle müssten konsequent gemeldet und gegebenenfalls zu Anzeige gebracht werden, fordert er, „die Dunkelziffer ist hoch.“ Den Einsatzkräften der Malteser würden regelmäßig Deeskalationsschulungen angeboten. Denn: „Prävention ist entscheidend.“
Von Heike Kaiser