Serie zum Advent

Macht Geschenke! Jetzt!

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Unter einem geschmückten Tannenbaum liegen verpackte Geschenke
Nachweis

Fotos: kna/Harald Opptz

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Geschenke gehören in den meisten Familien zu Weihnachten dazu.

In unserer Adventsserie haben wir dazu ermutigt, nicht zu warten, dass andere etwas tun, und nicht immer alles auf die lange Bank zu schieben. Engagiert euch, betet, freut euch – jetzt! Dieser Gedanke passt auch zu Weihnachten.

Nein, jetzt kommt nicht der nächste Werbespot, der auf die schönsten, originellsten, süßesten oder stilvollsten Weihnachtsgeschenke aufmerksam macht. Dafür wäre es ja sowieso zu spät. Aber um die Erfüllung von Wünschen geht es schon. Um eigene Wünsche, die der uns nächsten und die der uns fremden. Um Geschenke, die man bekommt, um solche, die man macht, und um solche, die eigentlich niemand haben will.


Geschenke, die man sich gewünscht hat

Weihnachten ist die Zeit der Wunschzettel. Bei Kindern sowieso, aber auch Erwachsene werden gefragt: Was wünscht du dir denn? Bei der Antwort muss man allerdings bedenken, dass „einen schönen Pullover“ oder „ein gutes Buch“ vielleicht zu viel Spielraum lassen.

Das Volk Israel hat damit bittere Erfahrungen gemacht. Denn es wünschte sich seit Jahrhunderten einen Messias. Das Alte Testament ist voll von dieser Sehnsucht, von den Bitten an Gott, doch einen Retter zu senden. „O komm, Immanuel, befrei’ dein armes Israel“; „O Heiland, reiß die Himmel auf“.

Unsere Adventslieder singen bis heute die prophetischen Verse und zeigen doch nur eines: Der ersehnte Messias kam ganz anders als erwartet. Gewünscht war ein neuer starker König David, Gott schenkte ein wehrloses Kind, das am Ende statt einer Krone nur Dornen trug und das, statt die verhassten heidnischen Römer zu vertreiben, von ihnen ans Kreuz geschlagen wurde. 

Lange her, klar, aber liegt die Sache heute so anders? Wie oft wünschen wir uns von Gott oder vom Leben etwas – und bekommen es dann doch irgendwie anders. Der Mensch denkt und Gott schenkt.


Geschenke, die unerwartet kommen

In dieser Hinsicht ist Weihnachten das perfekte Vorbild. Denn meinen Sie wirklich, dass Maria sich Jesus aktiv gewünscht hat? Dass sie das wollte: unter unklaren Umständen schwanger werden, so jung und noch nicht einmal verheiratet? Nein, ich glaube: Dieses Kind war doch ein sehr unerwartetes Geschenk. Was nicht heißt, dass Maria (und Josef) sich nicht nach einiger Zeit des Sich-an-den-Gedanken-Gewöhnens auf die Geburt ihres Sohnes gefreut haben. Auch ungeplante Schwangerschaften können zu großem Glück führen. Vielleicht hat der eine oder die andere von Ihnen das auch erlebt.

Überhaupt sind es ja oft die unerwarteten Geschenke, die am meisten Freude machen. Die, für die nicht einfach ein möglichst präziser Wunschzettel abgearbeitet wurde. Die, die deutlich machen: Da hat sich jemand etwas überlegt, da wollte mir jemand eine Freude machen, da hat sich jemand wirklich liebevoll in mich hineingedacht. Das kann man würdigen, selbst wenn dieser Jemand dann doch nicht das Perfekte getroffen hat.

Und was für Weihnachten gilt, gilt auch sonst im Leben: Das Unerwartete, das Überraschende beglückt ganz besonders. Die zufällige Begegnung, die dem Leben eine neue Richtung gibt; die im Internet aufgeploppte Stellenausschreibung, die ganz plötzlich eine neue Perspektive bietet; das im Augenwinkel erhaschte Plakat mit dem Hinweis auf eine Initiative, deren Ziele gerade jetzt genau ins eigene Leben passen. Das sind Geschenke, die uns einfach zufallen.

Allerdings müssen wir auch bereit sein, sie anzunehmen. So wie Maria bereit war, ihre Schwangerschaft anzunehmen. Und auch dann, wenn es, wie bei Maria, nicht sofort im ersten Moment wie das beste Geschenk von allen aussieht. An manchen finden wir eben erst nach dem Auspacken und Ausprobieren so richtig Gefallen.


Geschenke, die man nie haben wollte

Solche Geschenke kennen Sie natürlich auch, nicht umsonst startet nach Weihnachten die größte Umtauschaktion des Jahres. Und nicht umsonst sind viele zum Verschenken von Gutscheinen oder Geld übergegangen – da kann man einfach weniger falsch machen.

Aber so enttäuschend ein misslungenes Weihnachtsgeschenk auch sein mag: Schlimmer ist es,  wenn das Leben Geschenke macht, die man nie haben wollte. Einen Unfall, eine Krankheit, eine Flut. Eine Kündigung. Eine Schwangerschaft, die unglücklich ausgeht – oder gar keine Schwangerschaft. Ein Kind mit schwerer Behinderung. Eine gescheiterte Ehe. Eine Insolvenz. Diese Geschenke will niemand und leider ist Umtausch ausgeschlossen.

Manche Menschen, die solche Geschenke des Lebens bekommen haben, sind daran verzweifelt und zerbrochen. Andere haben es geschafft, irgendwann die Perspektive zu wechseln, nicht nur das Schreckliche zu sehen, sondern auch einen Hauch von Sinn. Zu wachsen an diesen Geschenken. Dem Leben eine neue Richtung zu geben. Neues Glück zu finden, wenn altes zerbrochen ist.

Das eindrucksvollste Beispiel dafür ist Jesus selbst. Das Kreuz ist ganz sicher kein Geschenk, das er haben wollte. „Lass diesen Kelch an mir vorübergehen“, dieses Gebet am Ölberg sagt alles. Ohne dieses furchtbare Geschenk würden wir aber vermutlich nicht Weihnachten feiern. Ohne Kreuz keine Auferstehung, ohne Auferstehung kein christlicher Glaube, ohne christlichen Glauben keine Kirche.

Keiner weiß, welche Geschenke, die niemand haben will, die kommenden Jahre für uns bereithalten. Dass es welche geben wird, ist ziemlich sicher. Vielleicht hilft dann der Glaube daran, dass man nie tiefer fallen kann als in Gottes Hand. Selbst wenn der Sturz sehr schmerzhaft ist.

Geschenke, nach denen man lange suchen muss

Manche Menschen haben Geduld. Früher liefen sie von Geschäft zu Geschäft, um genau das Geschenk zu finden, das sie sich für ihre Liebsten vorgestellt haben. Heute klicken sie sich manchmal eher von Internetseite zu Internetseite, aber auch das braucht seine Zeit.

Viel Zeit braucht es manchmal auch für die Geschenke des Lebens. Vielleicht das wichtigste: der Mensch, mit dem man sein Leben verbringen möchte. Ja, manchem läuft der- oder diejenige schon mit 16 über den Weg; andere suchen länger, viel länger. So lange, dass sie fast schon nicht mehr glauben, dass ihnen dieses Geschenk eines Tages tatsächlich vor die Füße läuft. Gerade ihnen ist aber klar: Liebe kann man nicht machen, sie ist ein Geschenk.

Genauso wie das Gefühl, richtig angekommen zu sein in seinem Beruf. Viele Jugendliche tun sich schwer damit und irren nach der Schule ein wenig ziellos umher. Irgendwann zu erkennen „Hier bin ich richtig!“, auch das ist ein Geschenk, nach dem manche lange suchen müssen. Und wenn sie es gefunden haben, freuen sich Eltern und Großeltern mindestens ebenso sehr.

Auch der Glaube ist so ein Geschenk. Oder um es biblisch zu sagen: eine Gnade. Wenn man ihn hat, ist das keine Leistung, sondern vor allem ein Grund zur Dankbarkeit. Andere suchen danach, haben eine Sehnsucht danach, aber können einfach nicht glauben. Wir können ihnen dieses Geschenk nicht machen, aber eines können wir ihnen schenken, gerade den Nichtglaubenden in unserer Familie, unserem Freudeskreis. Wir können stellvertretend für sie glauben und beten. Und hoffen, dass sie finden, was sie suchen.


Geschenke, die man gerne weiterschenkt

Manche Geschenke haben so einen Wow-Effekt. „Tolle Idee“, denkt man dann, „wäre ich nie drauf gekommen, aber das wäre doch auch mal was für ...“. Und schon steht etwas auf der Liste für nächstes Jahr.

Geschenke mit Wow-Effekt bekommen wir nicht nur zu Weihnachten und man kann sie oft nicht kaufen. Vielleicht ist es ein überraschender Besuch, ein unerwarteter Brief, eine Einladung, eine liebevolle Geste. 

Man kann und soll sie dankbar annehmen, diese Geschenke. Und man kann sich eingeladen fühlen, sie weiterzuschenken. Weil vermutlich auch andere das freut, was uns selber freut.

Geschenke, die man sich nur selbst machen kann

Bekanntlich erwartet Gott von uns nicht nur, dass wir unsere Nächsten lieben, sondern auch uns selbst. Dazu gehört, dass wir auch uns selbst Geschenke machen. Ganzjährig. Einen Konzertbesuch vielleicht, ein schönes Kleidungsstück, einen Urlaub. Ja, wir dürfen auch Geld für uns selbst ausgeben. Vor allem aber dürfen wir unser Inneres pflegen. Grenzen wahrnehmen, etwa in der Pflege eines Angehörigen oder in Beziehungen, die uns nicht guttun; uns freie Zeit gönnen; Nein sagen; um Hilfe bitten. Das zu schaffen, ist ein Geschenk, für das wir uns selbst danken werden. 

Susanne Haverkamp