Neujustierung in Heilig Geist

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Thomas Benner und Pavlo Vorotnjak vor dem Eingang des Pfarrhauses neben der Kirche St. Bonifatius
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Foto: Matthias Schatz

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Thomas Benner (li.) und Pavlo Vorotnjak vor dem Eingang des Pfarrhauses neben der Kirche St. Bonifatius (Am Weiher 29). Von dort aus leiten sie nun die Pfarrei Heilig Geist, deren Einzugsgebiet von Winterhude über Rotherbaum und Eppendorf bis nach Eimsbüttel reicht.

Auch der Pastorale Raum, der sich von Winterhude bis Rotherbaum erstreckt, wird nun von einer Doppelspitze geleitet. Die Pfarrer Thomas Benner und Pavlo Vorotnjak lernen sich noch kennen, setzen aber schon erste Akzente.

Wer das Pfarrhaus neben der Kirche St. Bonifatius in Eimsbüttel betritt, gelangt gleich rechter Hand in einen Raum mit zwei Schreibtischen. Auf einem steht ein Computer, neben dem ein paar weitere Büroutensilien ausgebreitet sind. Es ist der Arbeitsplatz von Thomas Benner, der am vergangenen Sonntag in solidum mit Pavlo Vorotnjak als Pfarrer von Heilig Geist eingeführt worden ist. Die Fläche des gegenüberliegenden Schreibtisches ist hingegen leer. Allerdings nicht, wenn Vorotnjak kommt. Denn dann bringt er seinen Laptop mit, der ansonsten in seinem Büro neben der Kirche St. Antonius in Winterhude genutzt wird. 

Wie schon die City-Pfarrei St. Ansgar so wird nun auch Heilig Geist, zu der noch die Gemeinde St. Elisabeth in Harvestehude gehört, von einer Doppelspitze geleitet. Sind es dort ein Geistlicher und ein Laie, nämlich Pfarrer Thorsten Weber und Pastoralreferent Heiner Ganser-Kerperin, so sind es hier zwei Geistliche. Die Gründe, dieses Modell zu wählen, sind freilich sehr ähnlich. „Der Verwaltungsaufwand, dazu noch die starken Veränderungen in der Kirche – das ist ein bisschen viel für eine Person“, sagt Benner. Er spricht aus Erfahrung. Denn zuvor leitete der 63-Jährige die Pfarrei Franz von Assisi in Kiel und war Pfarrer des Pastoralen Raums im Hamburger Westen. Zudem ist er nun katholischer Dekan für Hamburg und Domkapitular. „Insofern sind wir beide froh, dass wir uns die Leitungsaufgaben teilen können“, sagt Benner. Er sei Erzbischof Stefan Heße sehr dankbar, dass er trotz der Personalknappheit seinem Wunsch entsprochen habe, nicht noch einmal solo eine Pfarrei zu leiten. Zudem: „Wir haben dadurch jeder auch mehr Zeit für die Pastoral, für die wir eigentlich da sind.“ 

Pavlo Vorotnjak nickt zustimmend. Der 48-Jährige war zuvor rund ein Jahr Pfarradministrator von Heilig Geist, bekam so einen Vorgeschmack darauf, was es bedeutet, eine Pfarrei zu leiten. Allerdings sei seine Lebenssituation ganz anders, sagt er im Gespräch auf den blauen Sesseln der Sitzgruppe im Pfarrbüro. Er ist nämlich Geistlicher einer mit Rom unierten Kirche, genauer der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche. Als solcher durfte er auch heiraten und eine Familie gründen. So lebt er mit Frau, Sohn und Tochter zusammen im Pfarrhaus am Lattenkamp. Dort sind nun auch seine Schwiegereltern untergekommen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. 

Vorotnjaks Familie stammt ebenfalls aus der Ukraine, er ist aber in Deutschland aufgewachsen. „Dadurch bin ich sowohl mit dem byzantinischen als auch mit dem römischen Ritus groß geworden.“ 2014 startete er in St. Antonius noch als Praktikant, wurde erst kurz darauf zum Kaplan ernannt. „Ich hatte aber mit Ansgar Hawighorst und Wilm Sanders als meine Nachbarn und Bruder Gregor Mundus aus dem Kloster Nütschau gute Lehrer.“ 


Stärkeres Zugehen auf Single-Haushalte


Insbesondere im Hinblick auf die anstehende Vermögens- und Immobilienreform, aber auch die Schulentwicklung freut sich Vorotnjak, mit Benner einen erfahreneren Kollegen an seiner Seite zu haben. In Kiel hat Benner fünf von zehn Kirchen schließen müssen – „eine Erfahrung, die uns hier Gott sei Dank erspart bleibt, von der ich aber für die Arbeit hier gelernt habe“, sagt Benner. Zudem bringe er seine Expertise als Dekan ein, eine Funktion, die er zuvor für Schleswig-Holstein ausgeübt hat. „Da kann ich die Interessen der Pfarrer und Pfarreien bündeln und sie gegenüber der Kurie vertreten. Und das ist manchmal schon ein Gegenüber, das muss man schon deutlich so formulieren.“

Die Arbeitsfelder haben sich die beiden noch nicht aufgeteilt. „Wir müssen uns erst einmal aufeinander einlassen“, sagt Benner. „Das wollen wir auch freien und guten Herzens. Das wird natürlich Zeit brauchen – um sich kennenzulernen, pastorale Optionen auszuloten und in eine Strategiedebatte einzutauchen.“

Gleichwohl werden erste Akzente gesetzt. Einigkeit besteht darin, sich stärker mit den Stadtteilen in Beziehung zu setzen. So wird beispielsweise am 15. November in St. Elisabeth an der Hochallee ein Abend für Singles veranstaltet. „Die Pfarrei ist sehr stark auf die Tauf- und Familienpastoral ausgerichtet. In der Tat haben wir überdurchschnittlich viele Taufen. Aber insgesamt leben hier mehr Menschen als Singles als in Familien“, so Vorotnjak. 

„Es gibt auch ein großes interreligiöses Umfeld hier, mit dem wir uns vernetzen wollen“, ergänzt Benner. Neben großen evangelischen Gemeinden auch eine jüdische. So nimmt Vorotnjak beispielsweise am 9. November an der Gedenkfeier zur Reichsprogromnacht auf dem Joseph-Carlebach-Platz teil.
Für Vorotnjak ist die anstehende Aufgabe der beiden Pfarrer vergleichtbar mit der Arbeit, ein Uhrwerk mit vielen Zahnrädern aufzubauen und zu justieren. Die größten Räder sind die drei Gemeinden, zu denen jeweils eine Grundschule und eine Kita gehören. Dazu gibt es aber auch die Hochschulgemeinde, die spanischsprachige, englischsprachige und slowenischsprachige Gemeinde sowie die Seelsorge am Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE). „Das ist eine spannende, wunderbare Aufgabe“, so Vorotnjak. Diesmal stimmt ihm Benner nickend zu.

Matthias Schatz