Brauchtum

Roratemesse geht auch ohne Kerzen

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Frau schaut freundlich in die Kamera
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Ruth Beerbom

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Liturgiexpertin Inga Schmitt erklärt, was genau Roratemessen im Advent sind.

Für viele Menschen ist die Roratemesse im Advent ein besonderes Erlebnis. Oft findet sie in der Kirche bei Kerzenschein statt. Doch warum feiern wir eigentlich Roratemessen? Fragen an Inga Schmitt, Referentin für die Bereiche Liturgie und Glaubenskommunikation im Bistum Osnabrück.

Die Roratemessen sind im Advent meistens gut besucht. Stimmt es, dass das ein Mariengottesdienst ist?

Ich sag mal: Ja und Nein. Die Roratemesse im engeren Sinne ist die Messe vom vierten Advent. Da gibt es den Eröffnungsvers „Rorate caeli desuper“, zu deutsch „Tauet, Himmel, von oben“, ein Zitat aus dem Buch Jesaja. 

Also kommt der Name Rorate von diesem Vers?

Ja, genau. Roratemesse nennt man allerdings auch die adventliche Votivmesse zu Ehren der Gottesmutter; Votivmesse bezeichnet eine Messe in einem bestimmten Anliegen. Diesen Brauch gibt es schon seit Jahrhunderten. Da kam die Bevölkerung, zunächst nur an den Adventssamstagen, später dann auch täglich, morgens zur Feier der Roratemesse zusammen. Weil es noch dunkel war, brachten die Menschen die Lichter, die sie unterwegs auf ihrem Fußmarsch dabeihatten, mit in die Kirche. So war es bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil. 

Und dann?

Seit der Liturgiereform gibt es für jeden einzelnen Tag im Advent ein spezielles Messformular. Und die Regel ist, dass dann Votivmessen nicht gefeiert werden dürfen. Die Ausnahme von der Regel besagt jedoch, dass Votivmessen bis zum 16. Dezember gefeiert werden dürfen, wenn der pastorale Nutzen es erfordert. Und damit sind wir wieder bei der verbreiteten und beliebten Roratemesse, bei der die Gemeinde in der nahezu dunklen Kirche bei Kerzenschein zusammensitzt und das Kommen des Lichts, Jesus Christus, erwartet – auch wenn ausschließlich Kerzenschein nichtliturgisch notwendig ist. 

Nicht notwendig bedeutet, ich brauche gar keinen Kerzenschein für eine Roratemesse?

Richtig. Nur bei Kerzenschein zu feiern, ist Brauchtum. Eine Messe ist dann eine Roratemesse, wenn im Advent ein Messformular für eine Marienmesse gewählt wird; dadurch sind Eröffnungsvers, Tagesgebet, Gabengebet, Kommunionvers und Schlussgebet marianisch geprägt, dazu gesellen sich die Lesungstext des jeweiligen Tages. Ausschließlich Kerzenschein ist nicht erforderlich. 

Diese Votivmesse kann also auch mit künstlichem Licht gefeiert werden?

Ja. Wenn man allerdings die Leute fragt, was eine Roratemesse ist, würden viele sicher sagen: eine Messe im Kerzenschein, was ja auch ein besonderer Reiz ist. Aber auch ohne Kerzen wäre eine adventliche Marienmesse eine Roratemesse. 

Interview: Andrea Kolhoff