Wie man einen Wald anlegt

Setzlinge kaufen und loslegen

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Eine Allee aus mehreren Bäumen und Sträuchern
Nachweis

Foto: citizens-forests.org

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So kann es aussehen, wenn ein Wäldchen mit heimischen Bäumen entsteht – hier in Bönningstedt in Schleswig- Holstein.

Viele Menschen möchten aktiv werden und Bäume pflanzen, um das Klima zu verbessern. Eine Initiative aus Schleswig-Holstein gibt anderen Gruppen Tipps, wie es am besten geht. Aber auch als Einzelperson kann man über die Jahre hinweg ein Wäldchen anlegen.

Der Eifer der Kinder steckte auch die Erwachsenen an: Die Vorschulkinder im niedersächsischen Bohmte hatten den Tag des Baumes in der Grundschule besucht und dort viel über die Bedeutung der Bäume für den Klimaschutz erfahren. Also sammelten die Eltern beim Martinsfest der Kindertagesstätte St. Johannes Spenden, damit auch in ihrer Gemeinde neue Bäume gepflanzt werden können. Das Geld für die Setzlinge übergab die Kita-Leitung später an Mitglieder des Ausschusses „Faire Gemeinde“, die eine Baumpflanzaktion vorbereiten sollen.  

Ein Grundstück war schnell ausgesucht, denn die Bohmter Kirchengemeinde St. Johannes besitzt ein Wäldchen neben einer Ackerfläche. Doch der richtige Zeitpunkt zum Pflanzen war bei Spendenübergabe schon verpasst. „Wir haben gelernt, dass Forstarbeit Winterarbeit ist“, sagt Ausschussmitglied Elke Stolte. So wurde nach Absprache mit einem Förster im Sommer die Zeit genutzt, Bäume, die durch Stürme umgefallen waren, aus dem Mischwald zu holen und eine Lichtung für die Setzlinge vorzubereiten. Als Nächstes ist geplant, gemeinsam mit Kindern Benjeshecken anzulegen, bevor im späten Herbst dann Buchen und Eichen gepflanzt werden. Der Ausschuss selbst hat fünf Mitglieder, für die Arbeitseinsätze stoßen dann noch weitere Freiwillige dazu.

„Citizens Forests“
Dass man bei Pflanzaktionen Unterstützung erhält, diese Erfahrung haben die Mitglieder des Vereins „Citizens Forests“ aus Bönningstedt in Schleswig-Holstein auch gemacht: Es braucht ein paar Leute, die eine Aktion planen und gut vorbereiten, beim Pflanzen vor Ort kommen dann tatkräftige Helferinnen und Helfer  dazu. Länger als drei Stunden sollte der Einsatz aber nicht dauern, denn sonst lasse der Schwung der Mitwirkenden spürbar nach, hat Pascal Girardot, einer der Vorsitzenden des Vereins, festgestellt. Das erste Grundstück mit einer Größe von 200 Quadratmetern hat der Verein 2019 in Bönnigstedt bepflanzt, inzwischen sind weitere Wäldchen hinzugekommen. Es geht nicht um eine Aufforstung in großen Waldgebieten, sondern um das, was eine lokale Initiative, ein Freundeskreis oder eine Familie mit Unterstützern leisten können. Auch auf kleinen Flächen Bäume zu pflanzen, lohne sich schon ab 60 Quadratmetern, sagt Pascal Girardot. Er habe jedenfalls gedacht, man müsse angesichts des Klimawandels etwas tun und einfach anfangen: „Ich wollte nicht akzeptieren, dass wir als Gesellschaft nichts tun.“

„Gesellschaftliche Wirkung“
Pascal Girardot hat festgestellt, dass die Arbeitseinsätze auch die Haltung der Mitwirkenden positiv verändern. „Das entfaltet eine große Wirkung, weil man aktiv wird. Und es zeigt, dass wir selber ins Handeln kommen können.“ Sein Fazit: „Es entsteht ein Klimawald, ein ökologischer Wald und ein gesellschaftlicher Wald.“ Um klarzumachen, was da von Freiwilligen geschaffen wurde, stellt der Verein „Citizen Forests“ Tafeln auf, die Spaziergänger darüber informieren, dass ein Klimawald entstanden ist.  

Die MIyawaki-Methode
Der Verein bepflanzt regionale Flächen nach der Miyawaki-Methode. Sie wurde in Deutschland in den 1970er Jahren von dem Pflanzensoziologen Akira Miyawaki entwickelt. Sie folgt der Idee, den Boden erst vorzubereiten und dann durch eine erhöhte Dichte einheimischer Bäume einen natürlichen „Urwald“ entstehen zu lassen. Auf der Internetseite des Vereins heißt es: „Unsere Wälder sind die natürlichsten und besten Kohlendioxidspeicher, die wir auf der Erde haben. Zusätzlich filtern sie Staub und bieten vielen Tierarten ein Zuhause.“  
Um Grundstücke zu finden, tritt der Verein auch an Kommunen und Privatleute heran. Wer seine Fläche für eine Bepflanzung zur Verfügung stellt, muss sich verpflichten, den Wald  mindestens 15 Jahre lang nicht anzutasten.

Nachmachen erwünscht
Der Verein berät andere Initiativen, die ebenfalls Bäume pflanzen wollen. Wenn die Projekte ganz in der Nähe sind, packen einige Bönningstedter auch selbst mit an. „Citizen Forests“ dokumentiert seine Aktivitäten auf einer Website, dort können sich andere Initiativen mit ihren Projekten ebenfalls vorstellen.

Spenden und Sponsoring
Um Setzlinge zu kaufen und eventuell einen Zaun errichten zu können, muss genügend Geld da sein. Da können eine einmalige Spende oder das Geld aus einer Kollekte  beim Erntedankgottesdienst nur eine Anschubfinanzierung sein. Alle Initiativen, die Bäume pflanzen, freuen sich über Spender und Sponsoren, die ihre Aktionen langfristig unterstützen. Auf der Website von „Citizen Forests“ kann man direkt anklicken, wie viel man spenden möchte, ob drei Euro für einen Baum oder 50 Euro für zwanzig Meter Wildschutzzaun.

Biotop als Langzeitprojekt
Wie schnell sich ein bepflanztes Grundstück positiv entwickeln kann, sieht man im Bohmter Ortsteil Hunteburg. In der Gemarkung Schwege hat Architekt Martin Nordhoff 2006 ein Grundstück erworben, das als Ausgleichsfläche des Landkreises Osnabrück dient. Damals war dort eine Wiese, inzwischen ist ein Mischwald entstanden, der Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen ist. Das Grundstück ist 28 000 Quadratmeter groß. Nordhoff ließ mit dem Bagger Erdreich ausheben, um einen Teich anzulegen. Ein Teil des Mutterbodens wurde abgefahren, ein Teil verwendet, um hügelige Bereiche anzulegen. So wurden Feuchtzonen und trockene Gebiete geschaffen.
Über die Jahre pflanzte Martin Nordhoff viele verschiedene Bäume, darunter Akazien, Ahorn, Buchen, Eichen, Eschen, Erlen, Eiben, Hainbuchen, Haselnuss- und Walnussbäume und Linden, seinen Lieblingsbaum. Die Birken, die dort stehen, haben sich selbst ausgesät. „Eichen und Buchen habe ich gekauft, die Birken schickt der liebe Gott“, sagt er. Gepflanzt werde am besten im November, dann sei die beste Anwachszeit, weil der Baum kein Laub trägt und Zeit hat, Kraft zu sammeln. 

Von Zeit zu Zeit werden junge Birken gekappt, wenn sie in der Nachbarschaft einer Eiche wachsen und ihr das Licht wegnehmen. Im Halbschatten am Rand wachsen Vogelnährgehölze: Weißdorn, Sanddorn und Schlehe, im Spätsommer leuchten ihre Früchte im Sonnenlicht. Auch die Apfel-, Pflaumen- und Birnbäume tragen jetzt Früchte, ebenso die üppig wuchernden Brombeerhecken. 

Der Teich mit der kleinen Insel darin bietet einen Rückzugsraum für Vögel, die vom Dümmersee her einfliegen, darunter Enten, Wildgänse, Blesshühner und Teichrohrsänger. Auch einige Diepholzer Gänse haben sich angesiedelt. Wenn Martin Nordhoff morgens im Biotop nach dem Rechten sieht, warten sie schon auf Futter. Den Drang, Bäume zu pflanzen, hat Architekt Nordhoff schon als Kind gehabt; jetzt würde er gerne andere damit anstecken: „Wenn ein Bauprojekt beendet ist, schenke ich den Bauherren einen Baum, den sie pflanzen können.“ Bevorzugt eine Linde. 

Andrea Kolhoff