Männerwallfahrt nach Rulle

Singend und betend durch den Morgen

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Eine Gruppe von Menschen geht einen Feldweg entlang. Einige haben Liederbücher in der Hand.
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Foto: Christoph Beyer

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Am Schluss der Wallfahrt nach Rulle erwartete die Männer eine politisch geprägte Predigt von Diakon Gerrit Schulte. Foto: Christoph Beyer

„Geh mit uns“ lautete das Motto der Männerwallfahrt nach Rulle, die vom Osnabrücker Dom zur Wallfahrtskirche St. Johannes führte. Die Traditionsveranstaltung fand in diesem Jahr zum 91. Mal statt. Die Predigt war politisch geprägt.

Durch die stillen Straßen schritten die Wallfahrer zunächst zur Christus-König-Kirche im Stadtteil Haste. Bei einem kurzen Zwischenstopp stießen weitere Teilnehmer hinzu. Gemeinsam ging es singend und betend an den Stadtrand, hinaus in die offene Landschaft, die im Dunst des sonnigen Morgens besonders reizvoll wirkte. 

Erstmalig führte die Route unmittelbar über das Gelände des Klosters Nette, wo bereits seit dem Vortag ein Vater-Kind-Zeltlager stattfand. Mehrere der Teilnehmer schlossen sich mit ihren Kindern der Wallfahrt an, darunter auch der aus Hollage stammende Andre Butke und seine zwei Söhne. „Wir hatten eine wunderbare Zeit hier am Kloster und freuen uns jetzt darauf, mitgehen zu können“, berichtete er. Seine Kinder würden Kirche an diesem Wochenende auf einem sehr niederschwelligen Niveau erleben. „Und das finde ich richtig gut“, ergänzte Butke. Für den Hollager war es die dritte Teilnahme an der Männerwallfahrt. 

40 Jahre Wallfahrtserfahrung

Die aus Glane im südlichen Teil des Landkreises Osnabrück angereisten Cousins Klaus und Christoph Buchholz blicken hingegen auf rund 40 Jahre Wallfahrtserfahrung zurück. „Unsere Väter haben uns schon als Kinder mitgenommen und dann hat sich das verselbstständigt und wir sind dabeigeblieben“, erzählten sie. Die Männerwallfahrt nach Rulle habe für sie einen festen Platz im Jahreslauf und sei nicht nur ein spirituelles, sondern vor allem auch ein Gemeinschafts- und Naturerlebnis. „Wir freuen uns jedes Mal auf die Teilnahme“, betonte Klaus Buchholz. 

Vorbereitung auf die Wallfahrtssaison

Entlang von einzelnen Höfen, sonnenbeschienenen Feldern und Pferdekoppeln zogen die Wallfahrer singend Richtung Nettetal, dem besonders idyllischen Abschnitt der Route. „Das Vogelgezwitscher, die aufgehende Sonne, die durch das Blätterwerk dringt, das ist hier schon was ganz Besonderes“, erzählte der aus Bissendorf stammende Christoph Brinker, der ebenfalls mit seinem Cousin an der Männerwallfahrt teilnahm. Mit dabei war auch Alfons Hagedorn aus Glandorf. Für ihn war die Teilnahme eine Premiere. „Ich bin eigentlich Telgter Wallfahrer, habe aber schon seit Kindestagen von der Ruller Männerwallfahrt gehört und jetzt von Kollegen den Anstoß bekommen, endlich mal mitzulaufen.“ Die Teilnahme sei für ihn eine Vorbereitung auf die Wallfahrtssaison. In der Woche zuvor habe er bereits an einer Wallfahrt im bayrischen Altötting teilgenommen.

Zwei Stunden und zwanzig Minuten nach dem Start erreichte der Zug das Außengelände der Ruller Wallfahrtskirche, wo bereits zahlreiche Besucher für den kurz darauf beginnenden Freiluftgottesdienst Platz genommen hatten. Fahnenabordnungen der Verbände nahmen Aufstellung, während unter anderem Diakon Gerrit Schulte die Wallfahrer willkommen hieß. 

Predigt gegen Rechtspopulismus

In seiner politischen Predigt nahm Schulte Bezug auf die Position der katholischen Bischöfe, die die AfD im Februar dieses Jahres als für Christen nicht wählbar erklärt hatten. Seine Predigt geriet zu einem mit vielen historischen Bezügen untermauerten Plädoyer gegen das Erstarken des Rechtspopulismus. Es gebe, so Schulte, auch eine Verbindung bestimmter konservativer, christlicher Milieus mit der neuen Rechten, wobei Themen wie Familie, die Rechte der Frau und der Schutz des Lebens instrumentalisiert würden. „Diese Menschen leugnen den universalen Anspruch des christlichen Menschenbildes, und ihr Ziel ist letztlich eine Revision des Zweiten Vatikanischen Konzils“, betonte Schulte. Es gelte, dagegenzuhalten und sich für den Erhalt einer lebendigen Demokratie starkzumachen. Für ihn, so Schulte, sei vor allem die katholische Basis dabei eine ganz wichtige Kraft. Dass auch das Engagement der Wallfahrer an diesem Tag damit gemeint war, verstand sich für die Anwesenden von selbst.

Christoph Beyer