Familienleben

Warum wir neue Väter brauchen

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Ein Vater trägt sein Kindergartenkind huckepack auf dem Rücken, beide schauen fröhlich in die Kamera.
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Imago/Westend61

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Um eine gute Beziehung  zu seinem Kind aufzubauen, sollte man gerne Zeit mit ihm verbringen. 

 

Väter, die sich für ihre Kinder interessieren und eine Bindung zu ihnen aufbauen wollen, sollten Zeit mit ihnen verbringen. Wie das im Alltag klappen kann, erzählt der vierfache Vater Tillmann Prüfer. Und er betont: Männer dürfen auch vieles anders machen als die Mutter des Kindes.

Wer zu seinem Kind eine gute Beziehung aufgebaut hat, als es klein war, wird es in der Teenagerzeit besser erreichen als Väter, die sich erst für ihre Kinder interessieren, wenn sie schon fast erwachsen sind. Das ist schon lange bekannt. Doch wie bringt man sich als Vater von Anfang an ein? Wichtig sei, seine eigene Haltung zum Vatersein zu entwickeln, weg von alten Vorstellungen von väterlichen Pflichten oder dem, was ein „echter Mann“ tut, schreibt Tillmann Prüfer, Autor des Buchs „Vatersein. Warum wir mehr denn je neue Väter brauchen“. Jeder Mann könne das Vatersein heutzutage abseits alter Rollenbilder selbst gestalten. Prüfer, Vater von vier Töchtern, stellt fest: „Vatersein ist anstrengend.“ Aber auch: „Vatersein macht glücklich.."

Das eigene Vaterbild

Die Vorstellung davon, was ein guter Vater ist, war in früheren Zeiten gesellschaftlich festgelegt. Der Vater als Patriarch der Familie war als Haushaltsvorstand dafür zuständig, dass es allen gutging, er hatte auch Verantwortung für das Gesinde, nicht nur für die eigenen Kinder. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren viele Väter die Haupternährer der Kleinfamilie und es war gesellschaftlich akzeptiert, dass sie abends spät wiederkamen und sich nur am Wochenende für die Belange der Kinder interessierten.

Väter von heute können sich überlegen, was für ein Vater sie sein wollen: Der, den sie sich selbst immer gewünscht haben? Der gutgelaunte Mann aus der Werbung, der mit den Kindern herumtollt und ein toller Ehemann ist? Oder einfach der, der seinen Kindern zuhört, ihnen „authentisch begegnet“, wie Tillman Prüfer schreibt. 

Keine Konkurrenz 

Ein Kind braucht beides, Mutter und Vater, das können aber auch zwei Bezugspersonen sein, von denen eine in die Vaterrolle, die andere in die Mutterrolle schlüpft. Ein guter Vater ist also eine Ergänzung zur Mutter, keine Konkurrenz. Dementsprechend geht er mit den Kindern auf seine Weise um und muss nicht alles genauso machen, wie die Frau es macht. Prüfer appelliert an alle Väter, sich nicht einschüchtern zu lassen von besorgten Müttern, die die Deutungshoheit über das richtige Wickeln, Füttern oder Ins-Bett-bringen haben.

Zuwendung und Respekt 

Beim Vatersein gehe es um das Interesse, sich in die Erziehung einzubringen. „Ein Vater, der einfühlsam und interessiert ist, hilft seinen Kindern am meisten.“ Das mag dem Bild des unabhängigen Mannes widersprechen, doch Kindern sei es egal, ob ihr Vater cool ist, schreibt Prüfer. Sie brauchen von ihrem Vater Zuwendung, Respekt und Aufmerksamkeit. 

Tipp: Einen Plan machen

Es kann sinnvoll sein, sich zu fragen, warum man Vater werden wollte, und sich gemeinsam zu überlegen, wie die Zeit als Familie gestaltet werden soll: Was ist unser Plan? Welche Ziele hat man für die Familie, welche Ziele für sich selbst, welche Ziele hat die Partnerin?  Und: Was will ich erreicht haben, wenn die Kinder ausziehen?

Tipp: Lerne vom Kind

Beim Vatersein geht es nicht darum, das Kind nach den eigenen Vorstellungen wie ein Haustier zu erziehen, sondern auf die Bedürfnisse des Kindes zu reagieren, deshalb lautet eine Regel: Lerne vom Kind. Erziehen sei ein gegenseitiger Prozess. „Man beeinflusst das Kind, aber vor allem verändert man sich selbst stark.“ Man könne versuchen, die Welt mit den Augen des Kindes zu sehen und selbst jemand Neues werden. 

Tipp: Sei erwachsen

In einer Gesellschaft, in der vor allem Jugendlichkeit zählt und auch Rentner im Kapuzenpulli und Turnschuhen unterwegs sind, fällt es manchen Männern schwer, zu ihrem Erwachsensein zu stehen. Kinder wollen aber keinen Vater, der besonders jugendlich wirkt, sondern einen Erwachsenen, der ihnen Orientierung und Halt gibt. Prüfer schreibt, sie brauchen Eltern, die die Dinge verstehen und überblicken und zeigen, wie man durchs Leben geht.

Tipp: Gefühle wahrnehmen

Vielen Jungen wird antrainiert, nicht zu weinen. Als Erwachsene reagieren sie mit Härte gegen sich selbst, haben Probleme, zuzugeben, wenn sie im Alltag überlastet sind. Es könne aber hilfreich sein, seine Gefühle wahrzunehmen und auszusprechen, wenn man sich zu viel zugemutet hat.

Tipp: Werte vermitteln

Eltern sind für Kinder Welterklärer. Deshalb ist es wichtig, sich klarzumachen, welche Werte man verkörpern will durch das vorgelebte Beispiel. Wer sich für Sport begeistert, kann mit seinen Kindern Sport treiben, wer gern in der Natur unterwegs ist, nimmt sein Kind mit.

Fazit

Prüfer hält noch weitere Hinweise bereit und erklärt stets, warum er sie für wichtig hält, dabei führt er aktuelle Studien aus der Forschung an. Wer das Buch liest, findet viele gute Anregungen, auch als Mutter. 

Tillmann Prüfer, Vatersein. Warum wir mehr denn je neue Väter brauchen. Kindler, 20 Euro.

Andrea Kolhoff