Kirchenreinigung in der Dresdner Hofkirche
Damit das Haus des Herrn erstrahle
Fotos: Michael Burkner
Elena Theochari wechselt die Papierhandtücher.
Montagfrüh, kurz nach zehn. Während die ersten Touristen in den hellen Innenraum der Dresdner Kathedrale strömen, starten in der Sakristei Elisabeth Woelki und Elena Theochari in die neue Woche. Heute sind sie spät dran, manchmal sind sie schon fast fertig, wenn die Portale der Kathedrale um zehn Uhr öffnen. Woelki ist Kathedralküsterin und gerade frisch aus dem Urlaub zurück. „Dann sammelt sich immer ein Stapel an, den muss ich jetzt erstmal abarbeiten“, erklärt sie entschuldigend und zieht sich an ihren Schreibtisch zurück, um Mails zu beantworten, Bestellungen aufzugeben und die Kirchenführungen zu organisieren. Weit kommt sie dabei zunächst nicht, weil ständig das Telefon klingelt. Viele Fäden der Kathedrale laufen bei ihr zusammen.
Gut, dass sie Unterstützung von Elena Theochari hat. Während die Küsterin ihr Handy ans Ohr klemmt, drückt die Reinigungskraft mühsam das Portal zum Kirchenraum auf. „Die hohen Türen hier sind nicht für kleine Leute gemacht“, lacht sie. Seit Sommer 2024 arbeitet sie in der Kathedrale mit den hohen Klinken, davor war sie im benachbarten Haus der Kathedrale tätig. „Unsere Kirche hat Geschichte, die hat Vergangenheit. Das ist das Schöne“, findet sie und beginnt damit, die Bänke im Seitenschiff abzustauben. Zügig arbeitet sie Sitzfläche für Sitzfläche, Ablage für Ablage ab. Zwischendrin schnauft sie kurz durch und blickt hinüber ins Mittelschiff. „Das machen wir wann anders, jetzt sitzen zu viele Leute in den Bänken“, erklärt sie und fährt mit ihrer Arbeit fort.
Von Griechenland und Wasserhähnen
Kurz vor elf. Elena Theochari legt eine kleine Pause ein, bespricht mit Elisabeth Woelki die nächsten Arbeiten. Gemeinsam schauen sie, wer was übernehmen kann. Normalerweise reinigen beide zusammen, heute hat Woelki aber zu viel Papierkram zu erledigen. „In Griechenland sagt man: Eine Hand wäscht die andere und beide zusammen waschen das Gesicht“, sagt Elena Theochari zur Arbeitsteilung. Die Griechin wurde in Essen geboren und wuchs in ihrer südeuropäischen Heimat auf. Später lebte sie in Baden-Württemberg, seit ein paar Jahren ist sie nun in Sachsen. Zweimal wurde sie getauft, in Deutschland katholisch und in Griechenland orthodox. „Glaube geht nur in Gemeinschaft“, findet sie und erklärt, dass sie in Dresden deshalb lieber katholische Gottesdienste besuche.
Nach der kurzen Verschnaufpause geht es in den Keller. Montags stehen Toiletten auf dem Plan, kein Problem für Elena Theochari: „Man weiß ja, dass man Toiletten putzen muss, wenn man herkommt.“ Außerdem habe sie früher schon an Tankstellen geputzt. Elena Theochari folgt ihren klaren Arbeitsabläufen: Zunächst füllt sie die Papiertücher nach, dann leert sie den Müll. Als nächstes sind die Waschbecken, Toiletten und Pissoirs an der Reihe. Blaue Mikrofasertücher sind für die Oberflächen bestimmt, rosa Tücher für die Toiletten. Jeder Handgriff sitzt, Elena Theochari kommt schnell voran. Nur einmal verweilt sie etwas länger an einer Tätigkeit: „Das Polieren der Wasserhähne ist meine Macke“, sagt sie. „Früher dachte ich immer, reinigen sei ehrliche Arbeit. Aber bei den großen Reinigungsfirmen war immer Zeitdruck. Da neigt man dazu, zu schummeln.“ Jetzt sei sie beim Bistum angestellt und habe mehr Zeit: „Am Freitag müssen wir mit allem fertig sein, das ist alles“, erklärt sie. Dann wischt sie ein letztes Mal über den Wasserhahn.
Ein Traumberuf und stille Feierabende
Viertel vor zwölf. Als auch die Spiegel und der Fliesenboden geputzt sind, geht Elena Theochari zurück in die Sakristei. Kaffeepause. Elisabeth Woelki packt ein belegtes Brot aus. Geküstert habe sie schon in ihrer Heimat, im sächsischen Lichtenstein, erzählt sie und kommt dabei ins Schwärmen: „Das war eine schöne Gemeinde da.“ 1989 habe sie sich in der Kathedrale vorgestellt, eine Frau als Küsterin sei damals aber undenkbar gewesen. Stattdessen lernte sie Fahrzeugschlosserin und kümmerte sich 32 Jahre lang bei den Dresdner Kapellknaben „um alles – Putzen, Essen, Kleidung“.
Als der Anruf von Dompfarrer Norbert Büchner kam, der auf der Suche nach einer neuen Küsterin für seine Kirche war, sagte Elisabeth Woelki sofort zu. „Das ist mein Traumberuf!“ Sie schätze die vielfältigen Aufgaben – von der Messvorbereitung über die Reinigung bis zur Organisation – und die Zusammenarbeit im Team, zu dem auch ihr Küsterkollege Martin Wendt und Hausmeister Niels Tetzlaff gehören. Auch der Umgang mit den verschiedenen Priestern und Bischöfen sei sehr gut. Und ihren Chef, den Dompfarrer Büchner, bezeichnet sie als „großes Glück“.
Die schönsten Momente, so finden die beiden Frauen, seien aber die, in denen sie die Kathedrale ganz für sich haben: Abends nach Feierabend, wenn sie eine Kerze anzünden, den Tag reflektieren und dankbar sind, hier arbeiten zu dürfen. Oder früh morgens, wenn die ersten Sonnenstrahlen in die Kirche fallen. Deshalb möchten sie morgen früher anfangen und mit dem Gröbsten fertig sein, wenn um zehn wieder die Touristen in die Kathedrale strömen.