Glaubensleben
Aus der Sehnsucht nach Gott wird Glaube
Foto: Jan-Henrik Teschke
Die getaufte Marilyn wird mit Chrisamöl gesalbt.
Sie haben ganz unterschiedliche Biografien, doch seit Pfingsten haben Ricarda, Valentin, Marilyn und Claudia eines gemeinsam: eine geistliche Heimat in der katholischen Kirche. Ricarda und Valentin haben sich von Jesuitenpater Christian Modemann katholisch taufen lassen, Marilyn und Claudia konvertierten zur katholischen Kirche. Auf Wunsch nennen wir sie in diesem Artikel beim Vornamen.
Pater Modemann freut sich über die vier neuen Mitglieder, nicht zuletzt mit Blick auf die vielen Kirchenaustritte, die im vergangenen Jahr zwar leicht zurückgingen, aber immer noch sehr zahlreich waren. Allein in Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg (ohne Vorpommern) sank die Zahl der Katholiken von 351 683 im Jahr 2023 auf 340 212 im Jahr 2024. Um 30 Prozent stieg hingegen die Zahl der Erwachsenentaufen, die 2024 bei knapp 100 lag – immerhin ein kleines Hoffnungszeichen. Doch mehr als um Zahlen geht es dem Jesuitenpater um den bewussten Schritt, zu dem sich Taufbewerber entscheiden.
Ricarda, Valentin, Marilyn und Claudia waren auf der Suche nach Geborgenheit und geistlicher Heimat, als sie Pater Modemanns Anlaufstelle aufsuchten, die unter dem Namen „Katholische Glaubensinformation“ am Kleinen Michel in Hamburg zu finden ist. Neben einem Basiskurs „Einfach katholisch“, der mit der Taufe abschließt, gibt es noch den vertiefenden Kurs „Katholisch werden“, der ebenfalls in die Taufe oder in die Firmung mündet – wenn die Teilnehmer dies wollen. „Wir begleiten Sie auf ihrem Weg und respektieren Ihre freie Entscheidung“, heißt es im Flyer zum Kursangebot. Dort werden weitere Möglichkeiten zur vertieften Beschäftigung mit dem Glauben aufgeführt, etwa ein kompakter Firmkurs für Erwachsene und ein Kurs Lectio divina zur Lektüre des Evangeliums.
Pater Modemann weiß noch sehr genau, mit welchen Fragen sich seine Kursteilnehmer anfänglich an ihn wandten: „Das waren Fragen ganz praktischer Natur, wie man beispielsweise richtig betet oder wie eine heilige Messe abläuft. Aber es waren auch theologische Themen und Fragen zur Bibel dabei.“
Die Sehnsucht nach Heiligkeit und Gottes Größe wird im Gottesdienst gestillt
Dabei hatten die Erwachsenen in Modemanns Gruppe einen ganz unterschiedlichen Erfahrungsstand. Marilyn und Claudia wurden im Alter von zwölf bzw. 14 Jahren christlich getauft, Marilyn evangelisch-presbyterianisch, Claudia evangelisch-lutherisch. Ricarda und Valentin hingegen wuchsen zwar kirchlich geprägt auf, doch wurden sie nicht getauft. Bei Valentin war seine aus Südamerika stammende, katholische Partnerin ein wesentlicher Grund für seinen Entschluss, der katholischen Kirche beizutreten.
Diesen Beweggrund kennt Pater Modemann nur zu gut. Das Teilen gemeinsamer Werte und des christlichen Glaubens veranlasse einen der beiden Partner in einer Beziehung recht häufig, die eigene Taufe noch nachzuholen, wenn dies vorher ausgeblieben ist. Meist schließe sich daran in absehbarer Zeit eine kirchliche Trauung der Paare an, sagt Modemann. So auch im Fall von Valentin und seiner Verlobten. Bei Ricarda war es die Suche nach Gott, die sie in die katholische Kirche geführt hat. „Gott spielte in meiner Kindheit und Jugend keine prägende Rolle, aber er war trotzdem immer präsent“, sagt die Mutter zweier Kinder.
Diese Orientierung, die bei den Menschen im Laufe der Vorbereitung auf ihre Taufe immer mehr zur Gewissheit des Glaubens werde, fasziniert den Jesuitenpater jedes Mal aufs Neue. Hinzu kommen die regelmäßigen Besuche der da noch zukünftigen Katholiken in den Gottesdiensten. „Im Gespräch erzählen mir meine Kursteilnehmer von der Heiligkeit und Größe Gottes, die sie im Gottesdienst spüren. Sie sagen, dass dies eine tiefe Sehnsucht in ihnen stillt.“
So erging es auch Claudia. Die Hamburger Ärztin wuchs in der ehemaligen DDR auf. Zwar waren ihre Eltern evangelisch, aber für ihr Kind planten sie keine Taufe. Doch die wissbegierige Claudia las gerne und viel, darunter sehr früh schon theologische Bücher – und die Bibel. Bereits als junges Mädchen hatte sie sich gefragt, wer Gott sei und was Glaube bedeute. Mit zwölf Jahren wuchs ihr Interesse noch mehr und sie fand in ihrer Schulklasse Gleichgesinnte. Mit 14 Jahren entschieden sie und ihre Schulfreunde, sich evangelisch taufen zu lassen. Das sei ein wohltuendes Gefühl gewesen, erinnert sich die Ärztin.
Sie sagt aber auch, dass die evangelische Kirche für sie nie komplett passend war: „Mir war das Evangelische immer zu nüchtern und dadurch auch etwas fremd.“ Schließlich trat Claudia Anfang 2023 aus der evangelischen Kirche aus. Zuvor war sie im Alter von 42 Jahren das erste Mal in einer katholischen Kirche gewesen. Und obwohl sie im Moment ihres Austrittes noch nicht wusste, wohin ihr Weg sie führen würde, habe sie bereits eine Sehnsucht nach religiöser Geborgenheit gespürt. „Man kann ja nicht Nichtchrist sein, wenn man getauft ist“, stellte Claudia damals für sich fest. Ein bereits christlich getaufter Mensch kann sich innerhalb der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen jedoch nicht ein weiteres Mal taufen lassen, erläutert Pater Modemann. Ein Übertritt wie im Fall von Claudia und Marilyn ist allerdings möglich.
Kontinuität, Liturgie und die weltweite Einheit im Glauben als Beweggründe
Für die evangelisch-presbyterianisch getaufte Marilyn ging es um die Entscheidung zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche. „Letztlich haben mich jedoch die historische Kontinuität, die Liturgie und die weltweite Einheit im Glauben zur katholischen Kirche geführt. Diese drei Aspekte haben mir eine geistliche Heimat gegeben, nach der ich lange gesucht hatte“, sagt die junge Frau. Die stets gleiche Liturgie des römisch-katholischen Ritus war für Ricarda ebenfalls ein entscheidender Grund für ihre Entscheidung. „Mir gefällt die feierliche Liturgie, auf deren Ablauf man sich verlassen kann, egal in welche Messe man geht. Auch scheint mir das Prinzip des Gebens und Nehmens ausgeglichener. Das heißt, Gott schenkt einem seine Liebe und wünscht sich bestimmte Verhaltensweisen von uns“, sagt sie.
In diesem Punkt sieht sich auch Claudia in ihrem Entschluss bestärkt. Sie weiß noch, dass sie die Hochzeit des damaligen Bundesfinanzministers Christian Lindner mit seiner Frau in einer evangelischen Kirche auf Sylt gestört hat. Sie ist noch heute empört: „Christian Lindner und Franca Lehfeldt sind beide aus der Kirche ausgetreten, weil sie das Konstrukt Kirche blöd finden. Wieso lassen sie sich dann in einer Kirche trauen? Und wer hat ihnen das von kirchlicher Seite überhaupt erlaubt?“
Seit Pfingsten sind nun schon ein paar Wochen vergangen. Die vier Neuen wollen sich in ihren Gemeinden engagieren, was Pater Modemann sehr freut. Für Valentin war der Taufgottesdienst so etwas wie ein Testlauf für den nächsten großen Schritt im Leben: „Der Tag der Taufe begann stressig, weil alle in der Kirche aufgeregt waren. Aber während der Messe legte sich die Anspannung komplett.“ Diese Erfahrung will er mitnehmen, wenn er in wenigen Wochen im Kleinen Michel ein weiteres Mal Ja sagt. Dann aber vor dem Altar zu seiner Verlobten. Pater Modemann wird das Paar trauen.
_________________________________________
Zur Sache
Der nächste „Einfach katholisch“-Basiskurs im Erzbistum Hamburg beginnt am 9. Oktober und umfasst elf Abende zu je zwei Stunden. Für eine Taufe an Ostern 2026 kommen zwei weitere Termine hinzu. Der erste Kurs 2026 beginnt am 19. Februar mit möglicher Taufe an Pfingsten. Der vertiefte Glaubenskurs „Katholisch werden“ startet bereits am 1. September dieses Jahres. Die Katholische Glaubensinformation ist montags und donnerstags in der Zeit von 15 bis 17 Uhr unter Tel. 040/44 14 09 110 oder per E-Mail an info@kgi-hh.de erreichbar.
Interessenten im Bistum Osnabrück können sich dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr im Forum am Dom oder unter Tel. 05 41/31 82 80 informieren. E-Mail: forumamdom@bistum-os.de
Im Bistum Hildesheim finden sich die Informationen zu Anlaufstationen und Ansprechpartnern im Internet unter www.bistum-hildesheim.de, im Menü unter dem Punkt Seelsorge, Katholisch werden.
_________________________________________