Seniorenseelsorge

Aber bitte mit Rückblick

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Menschen sitzen gemeinsam um einen Tisch.
Nachweis

Foto: Matthias Schatz

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Konzipieren im Erinnerungscafé dessen Version 2.0: Werner Heitmann mit den Seniorinnen Birgit, Lore, Karola und Monika (v. li.).

Im Malteserstift St. Elisabeth in Hamburg Farmsen wird ein Erinnerungscafé eingerichtet, das die Senioren auch vor Einsamkeit bewahren soll.

„Damals wurden im Winter noch auf dem Ofen erhitzte Ziegelsteine ins Bett gelegt, damit wir es nachts warm hatten“, erinnert sich Karola an ihre Kindheit. Und Lore hat einige Taschentücher mitgebracht, die sie selbst gehäkelt hat. „Das war damals meine Freizeitbeschäftigung“, sagt sie. „Na ja, man stellte so doch auch Dinge her, die man brauchte und sich nicht kaufen konnte“, wirft Werner Heitmann ein. Der Diakon der Pfarrei Seliger Johannes Prassek im Nordosten Hamburgs ist mit 63 Jahren der Jüngste in der Runde. Er hat dieses Erinnerungscafé vergangenes Jahr zusammen mit Bewohnerinnen des Malteserstifts St. Elisabeth, kurz Eli, initiiert. Es befindet sich auf dem Gelände der Gemeinde Heilig Geist im Stadtteil Farmsen. Zwei der vier anwesenden Damen tauschen gleich die Telefonnummern aus. Eigentlich soll es hier auch genau darum gehen: sich kennenlernen, Kontakte finden.

Auch eine Puppe, wie sie die Bewohner des Malteserstifts aus ihren Kindertagen kennen, zählt zur Ausstattung des Erinnerungscafés. Foto: Matthias Schatz

Dabei entstand das Café aus einem ganz anderen Grund. Heitmann hatte bei einer Fortbildung der Malteser von der Methode des österreichischen Pflegewissenschaftlers Erwin Böhm gehört, bei der Demenzkranke mit Dingen aus ihren ersten 25 Lebensjahren konfrontiert werden. Denn an diese „Prägungszeit“ können sie sich am besten erinnern. Tatsächlich führte das auch dazu, dass sich die vier demenziell veränderten Bewohnerinnen, die sich drei Monate in dem Café trafen, dadurch deutlich wohler fühlten. Doch der Pflegebereich des Malteserstifts, in dem rund die Hälfte der etwa 200 Bewohner betreut wurde, schloss Ende Juli. Die betreffenden Menschen sind in anderen Pflegeeinrichtungen in Hamburg untergebracht worden.

Nach wie vor da sind aber weitere rund hundert Senioren, die im Betreuten Wohnen leben. Und die litten noch immer unter den Nachwirkungen der Coronapandemie, wie Monika sagt, die heute ebenfalls zu dem Treffen gekommen ist. „Es wird hier noch oft über die Pandemie und die Kontaktbeschränkungen gesprochen“, berichtet sie. „Viele sagen, dass es früher mehr Gemeinsamkeit gegeben habe. Da hat Corona viel kaputt gemacht.“ Das führe dazu, dass sich viele Bewohner die Sinnfrage stellten und sich zurückzögen. So kam die Idee auf, das Erinnerungscafé 2.0 als eine Art Kontaktcafé fortzuführen, um der Einsamkeit zu entkommen. Wie dies konkret geschehen soll, bespricht die Runde gerade noch.

„Man wird sich seines Lebens bewusster“

Themen wie die Nachkriegszeit, alte Kochrezepte, Lieder, die man einst in der Kindheit gesungen hat, fungieren als Anknüpfungspunkte für Gespräche. Zunächst über vier Monate soll das Café jeden Freitag ab 10 Uhr für eine feste Gruppe von sechs Personen öffnen. „Die Senioren werden sich so auch ihres Lebens wieder bewusster“, hat Werner Heitmann schon bei den Vorgesprächen beobachtet. Für das gemeinsame Kochen hat er über den Freundeskreis des Eli schon eine Kücheneinrichtung bekommen. Sie soll im Bistro des Malteserstifts stehen. Denn der Bereich, in dem das heutige Café ist, wird im kommenden Jahr kernsaniert und damit weiterer Raum für Betreutes Wohnen geschaffen – und damit auch für weitere Besucher des Erinnerungscafés.

Matthias Schatz