Beerdigungsdienste nun auch durch Ehrenamtliche

Auf dem Friedhof von der Hoffnung reden

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Sarg mit weißen Rosen
Nachweis

Foto: Getty Images

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Im Bistum Osnabrück haben zum ersten Mal Ehrenamtliche die Beauftragung für den Beerdigungsdienst erhalten.

Nicht nur Diakone und Priester übernehmen im Bistum Osnabrück den Beerdigungsdienst, sondern seit zehn Jahren auch andere pastorale Hauptamtliche. Nun sind zum ersten Mal sieben Ehrenamtliche mit diesem Dienst beauftragt worden.

Ob sie bei der ersten Beerdigung etwas aufgeregt war? „Schon ein bisschen“, sagt Mechtild Weßling. „Aber als ich ein paar Momente vor dem Sarg stand, kehrte eine innere Ruhe ein. Ich weiß, ich bin hier im Namen Gottes unterwegs und das gibt mir Sicherheit.“ Und dann kann die 64-jährige Lingenerin in der Friedhofskapelle von der christlichen Hoffnung sprechen, die auch sie durch das Leben trägt.

Mechtild Weßling gehört zu den sieben Frauen und Männern, die nach einer entsprechenden Ausbildung nun in ihren Regionen verstorbene Menschen beerdigen dürfen – als vom Bischof beauftragte Ehrenamtliche. Ein Novum im Bistum Osnabrück, denn bisher war dieser Dienst Priestern, Diakonen sowie anderen hauptamtlichen Mitarbeitern wie Gemeinde- und Pastoralreferentinnen - und referenten vorbehalten. Mechtild Weßling findet diesen neuen Schritt richtig und wichtig. „Es zeigt, dass Kirche lebt, dass sie vielfältig ist und sie sich an dieser Stelle auch verändert“, sagt die Emsländerin.

eine Frau mit blonden Haaren
Mechtild Weßling hat den Kurs für den Beerdigungsdienst mitgemacht. Foto: Schöning Fotodesign

Für Weßling, die als Juristin unter anderem als Geschäftsführerin in einem Wirtschaftsverband tätig war und jetzt an leitender Position für die emsländische Stiftung Beruf und Familie arbeitet, fügt sich der Dienst in ihre anderen Ehrenämter ein. Und das ist eine lange Liste: Kommunionhelferin, Wortgottesdienstleiterin und Messdienerin in der Heimatgemeinde Lingen-Bramsche, Vorstandsmitglied im Krankenhauskuratorium Lingen und in der Osnabrücker Schulstiftung – und Seelsorgerin für ein Pflegeheim. Dort wird sie immer wieder mit den Themen Krankheit, Leid und auch Tod konfrontiert. „Ich habe einen hohen Respekt vor der Lebensleistung der Menschen, denen ich begegne.“

Respekt und Wertschätzung für die Verstorbenen, Empathie und eine hohe Sensibilität für die Bedürfnisse der Angehörigen, eine authentische Haltung und verständliche Sprache: Das ist Mechtild Weßling bei den Trauergesprächen und der Wortgottesfeier in der Friedhofskapelle wichtig. „Ich mache das aus tiefster Überzeugung für die Menschen, die ich dabei treffe  – mit meinem Glauben als Fundament.“ Dabei möchte sie niemandem ihre Überzeugung „überstülpen“ – aber natürlich von der christlichen Hoffnung erzählen, dass „mit dem Tod nicht alles zu Ende ist“. Dass sie mit allem, was sie hört und erlebt, zu ihrem Pfarrer Thomas Burke gehen kann, ist für Weßling essenziell. „Diese Rückkopplung braucht es.“

Bei vier Beerdigungen hat sie Menschen schon auf ihrem letzten Weg begleitet, die Resonanz der Trauergemeinde war nach ihren Worten im Nachhinein sehr gut. „Ich spüre eine große Offenheit bei den Leuten dafür, dass nun auch Ehrenamtliche das machen können.“ Sie hofft, dass es weitere Kurse dieser Art gibt, dass noch mehr engagierte Frauen und Männer aus den Gemeinden die Ausbildung machen. „Bei Beerdigungen müssen wir als Kirche gut sein, dazu möchte ich beitragen.“

Alles mit Würde tun

Wie er denn auf so etwas käme und „Warum ausgerechnet Beerdigungen?“. Das hat Dieter Bruns schon öfter gehört. Eigentlich ist der 57-Jährige Sachbearbeiter, unterstützt die Gemeinde in Georgsmarienhütte nebenher immer wieder ehrenamtlich – als Lektor und Kommunionhelfer. Außerdem ist er Mitglied des Dritten Franziskanerordens. Das ist eine Laiengemeinschaft, die es Bruns ermöglicht, ein Leben nach franziskanischen Idealen zu führen, ohne in ein Kloster einzutreten. Nun darf Bruns seit Kurzem Menschen beerdigen – am Wochenende und, wenn seine Zeit es zulässt, auch an anderen Tagen. „Irgendwann drängte sich mir das mit dem Beerdigen auf“, sagt er. Weshalb, weiß er nicht. „Berufung“ sei vielleicht nicht das richtige Wort, so Bruns. Aber: „Das Gefühl, dass ich das machen musste, wurde immer stärker.“ Eine Übungsstunde hat er in dem Kurs bereits absolviert. Er wollte alles richtig machen, sagt er. „Ich war dann allerdings so aufgeregt, dass ich daran noch arbeiten muss.“ Sein Anspruch an dieses ungewöhnliche Ehrenamt? „Alles mit Würde tun.“ Auch wolle Bruns sich um die Angehörigen kümmern, sodass auch sie sich wohlfühlen und Abschied nehmen könnten. „Ich weiß nicht, ob ich das erfüllen kann“, sagt Bruns, doch er wolle es zumindest versuchen.

Mit Gottes Hilfe hoffe ich, für andere Menschen diese schwere Stunde tröstlich gestalten zu können.

Ein Mann steht in einer Kapele
Dieter Bruns aus
Georgsmarienhütte

Auf den Einwand „Aber sowas macht doch keinen Spaß“, entgegnet er: „Das hat nichts mit Spaß zu tun. Aber es ist wichtig, jemand muss es tun.“ Herausfordernd könnte jedoch einiges werden, gibt Bruns zu. Wenn etwa ein kleines Kind beerdigt werden müsste. „Das stelle ich mir dann doch schwieriger vor.“ Bruns bemerkt, dass immer weniger über den Tod gesprochen wird und sagt: „Das ist nicht gut, denn irgendwann holt es jeden ein.“ Zu wenig Raumgebe es, in dem das Thema noch vorkäme. „Es scheint, dass immer nur das Lebendige, das Junge vorkommen darf. Aber nichts Altes“, sagt Bruns, „und schon gar nichts Totes.“ Aber der Tod gehört zum Leben, sagt er. Das dürfe man nicht verdrängen.

Zeit nehmen und Zeit lassen

Als Sabine Lücken Familie und Freunden von ihrer neuen Aufgabe im Beerdigungsdienst erzählt, gibt es gleich eine positive Resonanz. „Das passt genau zu dir“ oder „das wirst du gut machen“ sagen die meisten. Vielleicht, weil sie die 56-jährige Werpeloherin, die beruflich als pädagogische Mitarbeiterin an der örtlichen Grundschule arbeitet, in vielen kirchlichen Ehrenämtern in der Hümmlinger Pfarreiengemeinschaft rund um Sögel erleben oder erlebt haben: als Kommunionhelferin und Wortgottesdienstleiterin auch im Seniorenheim, als Lektorin und Leiterin der katholischen Bücherei, beim Malteser Hilfsdienst und im Pfarrgemeinderat. „Die Kirche ist meine Heimat“, sagt Sabine Lücken. Aus eigenem Antrieb hat sie daher in der Gemeinde nach dem Kurs in Haus Ohrbeck für den Beerdigungsdienst gefragt. „Mir fehlte noch eine andere, eben diese Aufgabe“, sagt sie. Und erzählt, wie wichtig es ihr war, nach dem Tod ihrer Mutter das Lichtergebet und die Trauermesse mitzugestalten. „Es sollte ein persönlicher Abschied werden.“ Genau das hat sie sich auch vorgenommen in ihrem neuen Ehrenamt. Es ist ihr von Herzen ein Bedürfnis, das Trauergespräch, den Wortgottesdienst und die Beisetzung persönlich und individuell zu halten: angepasst an die Verstorbenen und deren Lebenssituation.

Ich möchte allen etwas Gutes mitgeben, vor allem den göttlichen Segen und unsere Hoffnung, dass wir nach dem Tod bei Gott sind. Das will ich schaffen.

Mit Blick auf die Angehörigen möchte sie einfühlsam auf sie eingehen – möchte sich Zeit nehmen für sie und ihnen Zeit lassen, ihnen zuhören und sie „einfach mal erzählen lassen, so lange sie möchten.“ Ob es nun 30 Minuten dauert oder zwei Stunden. Durch den Kurs fühlt sich Sabine Lücken dafür „definitiv gut vorbereitet“, aber sie hat auch schon erste Erfahrungen gesammelt. Im Tandem mit Gemeindereferentin Hildegard Meyer ist sie während des Seminars bei Beerdigungen dabei gewesen, hat nach Absprache mit den Angehörigen bei den Trauergesprächen mit am Tisch gesessen und die Trauerfeier in Teilen mitgestaltet. „Damit ich mehr Routine bekomme, wenn ich es dann alleine mache.“ Und bis zu ihrem ersten Einsatz wird sie weiterhin noch einige Male das hauptamtliche Team um Begleitung bitten, „damit ich mich sicherer fühle“. Denn die Sabine Lücken verhehlt nicht, dass sie auch Respekt vor dieser neuen Aufgabe hat, gerade bei besonders tragischen Todesfällen. „Ich will versuchen, dann immer die passenden Worte zu finden und hoffe, dass mir das gelingt.“

Petra Diek-Münchow

Ehrenamtliche Gemeindemitglieder aus dem Bistum Osnabrück, die einen Ausbildungskurs für den Beerdigungsdienst belegen möchten, müssen sich an ihre Kirchengemeinde wenden und bereits eine Ausbildung als Wortgottesdienstleiter absolviert haben. Der Kurs erfolgt dann in Haus Ohrbeck (Georgsmarienhütte), wo Haupt- und Ehrenamtliche gemeinsam ausgebildet werden.