Auf Plattdeutsch über den Rosenkranz

Is däi Rosenkranz ut de Tiet fallen?

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Ein Rosenkranz
Nachweis

Foto: unsplash/James Colemann

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Der Rosenkranz ist ein Schatz der katholischen Tradition, findet Renate Fuest. 

Der Oktober gilt in der katholischen Kirche als Rosenkranz-Monat. Daher widmet sich der Arbeitskreis Platt inne Kärke, eine Gruppe unter dem Dach des Emsländischen Heimatbundes, in einer vierteiligen Serie diesem Thema. Heute fragt sich Renate Fuest, ob der Rosenkranz noch zeitgemäß ist - auf Plattdeutsch und auf Hochdeutsch. Is däi Rosenkranz ut de Tiet fallen?

Däi Rosenkranz is seker ein von däi öllsten und best bekannten Gebäde in däi kathoolske Kerke. Et geiht trügge in‘t Middelöller. All in dät 12.  Joahrhundert gev dät lange Gebäde, man däi einfachen Lüe kunnen mäist nich läsen. Dorüm gev dat anstelle von däi 150 Stundengebäde, 150 Ave Maria. Däi Rosenkranz bestäiht ut ein Vaterunser un teihn Ave-Maria und ein Ehre sei dem Vater.  In dät Rosenkranzgebäd kick man up dät Läben van Jesus dör Marias Oogen. Et werd 59 Perlen dörbät un up däi verscheden Avschnitte von Jesus Läben käken. Dät bünt dann däi Gesätze, däi „Geheimnisse“ (freudenreiche, lichtreiche, schmerzhafte und glorreiche).

Över dät Läben van Jesus noadenken

Däi Rosenkranz lädt us in, dät wi över dät Läben van Jesus noadenkt. Besünners in schwoare Tieten giv dütt Gebäd Hoalt. Däi Mensken koamt tau Ruhe, wenn säi för sük off annere bät. Wi nöhmt dät ok „Meditation“.  Dät ständige Noaseggen beruhigt. Meest werd däi Rosenkranz bät, wenn eine Sörgen häv, krank is, storben is, off einfach äs Dank. In Mai (Marienmonat) un in Oktober (Rosenkranzmonat) werd däi Rosenkranz in vähle katoolkse Gemeinden mitanner vör däi Misse off in eine Andacht bät. 

Eine Frau mit dunklen Haaren
Renate Fuest. 

Man well bät vandaage noch denn Rosenkranz? Bünt dät nich eher däi ollen Lüe? Däi jungen Lüe, däi Heranwassenden un Kinner kennt denn Rosenkranz nich mehr. In vähle Familien spält däi religiöse Erziehung kiene Rulle. Däi Schoole kann dor nich alles upfangen. Sproake un däi Ort un Wiese, wi däi Lüe mitnanner ümgoaht, hev sük ännert. Dor drängt sük däi Froage up, off däi Rosenkranz noch ein Gebäd för vandage is. Up denn ersten Blick is ditt Joahrhunderte olle Gebäd ut däi Tiet fallen. Man in eine Tiet, wo alles dröker, höger un wieder klabastert, sökt däi Mensken weer mehr Ruhe un willt sük weer besinnen. Wör dät nich eine Chance för denn Rosenkranz? 

In däi Krankenhüse hev däi Rosenkranz meest kienen festen Platz mehr. Et durt tau lange un well kann un will sük so vull Tiet nähmen? Doch Gebäde wi dät Vaterunser und Ave-Maria spält immer noch eine grote Rulle. Säi sünt vertraut, kott un könnt, wenn däi Wunsch doar is, mitnanner mit däi Kranken un Angehörigen bät wern, faken uk in heller schwoare Stunden. Däi moderne „Seelsorge“ geiht uk annere Wäge. Freeie Gebäde, Sägnungen, Ansticken van Keerßen, mitnanner Schwiegen, kotte „Meditationen“ un besinnlike Texte ersettet denn Rosenkranz, hebbt aber immer denn Mensken in‘n Blick.

Dät Geföhl von Gemeinskupp stärken

Manges eine frog sük: „Wie kann man Kinner un junge Lüe denn Rosenkranz an’t Hätte leggen?“ Villichte mott man neimodske Wäge gahn un „Digitale Medien“ as „Impulse“  insetten, so äs „Podcasts“ un „Apps“. Tauhoope süke neie Wäge goahn un up düsse Ort un Wiese denn Rosenkranz wer kennen lernen, dät kann dät Geföhl von Gemeinskupp stärken. Doarför brukt et dann dät Material, däi Tiet un däi Lüe, däi dät ümsettet.

Un doarmit söll däi Rosenkranz unner däi Lüe brocht wern?  Däi Rosenkranz is ein Schatz von däi kathoolske Kerke. Villichte söllde man üm so loaten wi hei is un in siene fulle Längte bähn. Uk, wenn häi doarmit villichte upstunds ut däi Tiet fallen is.

Renate Fuest

Die hochdeutsche Übersetzung:

Ist der Rosenkranz noch zeitgemäß?

Der Rosenkranz ist sicher eines der ältesten und bekanntesten Gebete in der katholischen Kirche. Seine Ursprünge reichen bis ins Mittelalter zurück, denn schon im 12. Jahrhundert gab es lange Gebetsreihen. Da die einfache Bevölkerung aber meist nicht lesen konnte, wurden anstelle der 150 Psalmen, 150 Ave-Maria gebetet. Der heutige Rosenkranz besteht aus einem Vaterunser, zehn Ave-Maria und einem „Ehre sei dem Vater“, dabei werden 59 Perlen „durchbetet“. Die Gebete werden mit Betrachtungen aus dem Leben Jesu und Marias verbunden, den sogenannten Gesätzen, auch Geheimnisse genannt (freudenreiche, lichtreiche, schmerzreiche und glorreiche Geheimnisse).

Der Rosenkranz lädt uns ein, über das Leben Jesu nachzudenken. Viele Gläubige empfinden das wiederholte Beten und Nachsprechen der bekannten Formeln als beruhigend und stärkend und es kommt einer Meditation gleich. Gebetet wird der Rosenkranz zu persönlichen Anlässen – bei Sorgen, Krankheit, Trauer oder als Dankgebet. In vielen katholischen Gemeinden wird in den Monaten Mai und Oktober der Rosenkranz vor dem Gottesdienst oder in einer Andacht gebetet.

Wer betet heute den Rosenkranz noch?

Aber wer betet den Rosenkranz heute noch? Sind es nicht eher die älteren Leute. Jüngere Erwachsene, Jugendliche und Kinder haben häufig keinen Zugang mehr zu diesem Gebet, sei es aus mangelnder religiöser Bildung, sei es, weil die Sprache und Symbolik ihnen fremd erscheint oder weil das Wiederholen des gleichen Textes ihnen monoton vorkommt.  Es drängt sich die Frage auf, ob der Rosenkranz noch in unsere Zeit passt. Auf den ersten Blick würde man dieses Jahrhunderte alte Gebet für untauglich halten. Aber in einer Zeit, in der alles schneller und hektischer wird und die Menschen sich nach Ruhe und Entspannung sehnen, müsste doch genau dieses Gebet, mit seiner meditativen Wirkung, wieder mehr Beachtung finden.

Ein Ort, an dem man noch vermuten würde, dass der Rosenkranz eine besondere Stellung hat, ist das Krankenhaus. Aber auch hier hat er keinen festen Platz mehr, denn häufig fehlt die Zeit. Da bieten sich eher das Vaterunser und Ave-Maria an, sie sind kurz, oft noch bekannt und vertraut und können auf Wunsch gemeinsam mit dem Kranken und den Angehörigen gebetet werden. Außerdem bedient sich die moderne Seelsorge anderer kreativer Angebote, wie Segnungen, das Anzünden von Kerzen, gemeinsames Schweigen, besinnliche Texte oder kleine Meditationen. Dabei hat sie stets den Menschen in seiner Vielfalt im Blick.

Müsste der Rosenkranz überarbeitet werden, damit besonders junge Katholiken ihn wieder attraktiv finden? Der Einsatz der digitalen Medien als Impulse, so wie Podcasts und Apps könnten doch neue Zugänge offenbaren. Zusammen neue Wege gehen und so den Rosenkranz wieder kennenlernen, kann auch das Gefühl von Gemeinschaft stärken. Dafür werden dann Materialien, die Zeit und geschultes Personal notwendig, die diese Ideen auch umsetzten.

Werden so mehr Menschen erreicht? Der Rosenkranz ist ein Jahrhunderte alter Schatz der katholischen Tradition. Vielleicht sollte man ihn so belassen wie er ist, in seiner Länge und mit seinen Gesätzen beten.  Auch, wenn er nicht in unsere gegenwärtige Zeit zu passen scheint.

Renate Fuest