Das Gold kam endlich doch
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Goldberg (ahü). Ein alter, weitverbreiteter Witz verunglimpft die Stadt Goldberg als die „Stadt der drei Lügen“. Warum? „Kein Gold. Kein Berg. Keine Stadt.“ Es stimmt. Goldberg war nie sehr reich. Berge gibt es keine, noch nicht einmal nennenswerte Hügel. 3364 Einwohner, das ist eher Dorf- als Stadtgröße. Aber es ist keine Lüge: 1248, vor 775 Jahren verlieh Fürst Pribislaw I. dem Ort die Stadtrechte. Das haben die Goldberger mit einer Folge von Festtagen und einem großen Umzug gefeiert.
Einen besonderen Akzent setzten dabei die Kirchen. Sie ließen nämlich nicht nur ihre Stadt hochleben, sondern luden zum Nachdenken und zum Danken ein. Drei christliche Gemeinden sind in Goldberg zu finden. In der wuchtigen gotischen Stadtkirche sitzt die evangelische Gemeinde. Die Kirche der katholischen Gemeinde „Heilige Familie“ ist die ehemalige Synagoge der Stadt – 1925 hat die katholische Kirche dieses leerstehende Gebäude gekauft. Die dritte Gemeinde bildet die Neuapostolische Kirche, die in der Amtsstraße ein neues, einfaches Gotteshaus besitzt.
„Wir machen das ökumenisch!“ Die drei Gemeinden waren sich schnell einig, als es hieß: Die 775-Jahr-Feier Goldbergs soll auch mit einem festlichen Gottesdienst gefeiert werden. „Das war das erste Mal seit 30 Jahren, dass unsere drei Gemeinden einen solchen ökumenischen Gottesdienst gemeinsam gefeiert haben“, sagt Herbert Wolf, katholischer Pastoralreferent in der Pfarrei „Heilige Birgitta“. Nicht die Vergangenheit, sondern die Zukunft sollte Thema des Gottesdienstes sein. 140 Goldberger kamen zu dieser Feier am 10. September. Zwei Bläsergruppen – aus Goldberg und Benthen – spielten. Und als der neuapostolische Chor das bekannte Lied „Kleines Senfkorn Hoffnung“ sang, klang auch die Geschichte Goldbergs mit.
Denn die kleine Stadt hat in ihrer Geschichte viel durchgemacht. Der evangelische Pastor Christian Hasenpusch erinnerte daran in der Predigt. Im Jahr 1500 brannte die ganze Stadt ab.
Krieg, Feuer, Pest – aber Goldberg gab nie auf
Der Dreißigjährige Krieg und die Pest wüteten in den Häusern. 1643 schlug ein Blitz in die Kirche ein und sie brannte vollständig ab. 1648, im Jahr des Westfälischen Friedens, lebten nur noch 18 Kinder, 54 Männer und 67 Frauen in den Mauern Goldbergs. Die Stadt aufgeben oder wieder aufbauen und neu anfangen? Vor dieser Entscheidung standen die Goldberger mehr als einmal.
„Es gab Zeiten des Stolzes und Zeiten großer Schmerzen“, sagte Pastor Hasenpusch. „Untergegangen aber ist Goldberg nicht – auch weil es hier immer Menschen gab, die der Stadt Bestes suchten und dabei auf Gottes Hilfe vertraut haben.“ Denn es ist ja nicht irgendeine Stadt. „Es ist unser Zuhause.“
Das biblische Gleichnis vom Senfkorn lehrt, wie aus einem winzigen, in die Erde fallenden Korn etwas Großes werden kann. „Wenn jeder ein Senfkorn bekommt, wächst es nur, wenn man etwas damit macht“, sagte Herbert Wolf im Gottesdienst. „Wenn ich nun einen kleinen Goldklumpen geschenkt bekäme, um ihn für die Stadt einzusetzen. Was würde ich damit machen?“
Über diese Frage sollten die Gemeindemitglieder im Gespräch mit dem Banknachbarn nachdenken. Und am Ende kam eine Überraschung. Der katholische Seelsorger hatte tatsächlich Gold mitgebracht. Jeder bekam ein kleines Glasfläschchen mit goldenen Pailletten gefüllt und – fast noch wertvoller – einem Zettel mit einem Segensspruch. So kam 775 Jahre nach der Stadtgründung tatsächlich das lange vermisste Gold nach Goldberg. Frage an Herbert Wolf: Was würden Sie selbst mit Ihrem Goldklumpen zum Wohle Goldbergs tun? „Ich würde einen Raum der Begegnung schaffen, wo alle regelmäßig zusammenkommen können zu Kaffee und Austausch, dann entstehen wieder weitere Ideen. Ich bin überzeugt, dass das geht. Aber man braucht einen Ort dafür.“ In den Fürbitten wurde anschließend für die Stadt gebetet: für die Feuerwehr, den Kindergarten, die Schule, die Verwaltung.
Eine Woche später konnte man diese Institutionen auf der Straße wiederfinden. Am vergangenen Sonntag zog ein großer Umzug durch die Stadt. Die katholische Gemeinde hatte sich besonders vorbereitet. Auf einem Wagen ließ sie ihre Kirche – als Modell nachgebaut – mitfahren. Und der festliche Gottesdienst wirkte noch lange nach – etwa in der Frage: „Können wir so etwas nicht öfter machen?“