Dem Nikolaus auf der Spur
Foto: Matthias Schatz
„Hamburg ist eine reiche Stadt. Dennoch gibt es hier auch viele arme Menschen. Und da wollen wir etwas tun“, erklärte Erzbischof Stefan Heße den Schülern der Sophie-Barat-Schule und der Sankt-Ansgar-Schule. Dies geschehe etwa durch den Wohlfühlmorgen für Obdachlose an der Sankt-Ansgar-Schule, durch die Tagesstätte für Obdachlose und Bedürftige, „Alimaus“, das Haus Betlehem oder auch die Lebensmittelaktion „Klaras Küche“ in der Pfarrei St. Franziskus. Und es geschieht nun durch die Teilnahme an der bundesweiten Nikolausaktion des Bonifatiuswerkes, zu deren Start die Schüler der beiden katholischen Gymnasien am 30. November in das neue Gebäude der Hamburger Bahnhofsmission gekommen waren.
Das in Paderborn ansässige Hilfswerk ruft kirchliche Gruppen und Einrichtungen dazu auf, dem Beispiel des heiligen Nikolaus zu folgen und gute Taten zu vollbringen. In diesem Jahr würden 76 Projekte in ganz Deutschland gefördert, sagte der Generalsekretär des Bonifatiuswerks, Monsignore Georg Austen. Die Aktion steht unter dem Motto „Tat.Ort.Nikolaus: Gutes tun – kann jeder“. An der Eröffnung nahm auch KiKa-Moderator Juri Tetzlaff teil. Norbert Bezikofer, Pfarrer im Ruhestand, mimte im Bischofsgewand und mit Mitra auf dem Kopf den Nikolaus.
„Der Nikolaus hat ganz diskret geholfen und die Not der Menschen beseitigt“, sagte der Erzbischof zu den Jugendlichen. „Jeder von Euch ist ein Nikolaus. Ihr seid in der richtigen Spur, wenn ihr das tut, was Nikolaus getan hat. Damit es wärmer wird, gerade in der kalten Jahreszeit.“ Es geht also auch um menschliche Begegnungen, darum, ins Gespräch zu kommen.
Bald darauf schritten die Schüler in Begleitung des Erzbischofs dann auch zur Tat: Sie verteilten Tüten mit Lebensmitteln, Hygieneprodukten, handgeschriebenen Grüßen und einem Schoko-Nikolaus an Bedürftige in der Bahnhofsmission und an Obdachlose im Tagestreff
CariCare der Caritas an der Altstädter Twiete. In den folgenden Tagen wurde die Aktion von allen Schülern katholischer Schulen in Hamburg fortgesetzt. Dabei sind auch Tüten an Bewohner von Seniorenheimen und Besucher von Suppenküchen übergeben worden.
Sensibilisiert wurden zumindest einige Fünftklässler der Sankt-Ansgar-Schule für das Thema bereits einige Tage zuvor, als ihnen die Kinderbuchautorin Kirsten Boie aus ihrem Werk „Ein mittelschönes Leben“ ebenfalls in der Bahnhofsmission vorlas. In dem Buch schildert Boie, wie ein Vater durch eine Scheidung und unverschuldete Arbeitslosigkeit schlussendlich in die Obdachlosigkeit abgleitet.
Schilderungen eines einstigen Obdachlosen
Zudem hatte ihnen der ehemalige Obdachlose Jan Einblick in das harte Leben „auf der Platte“ gegeben. Die Sprache sei dort brutaler, es bildeten sich Cliquen, die eine Art Ersatzfamilie darstellten. Gefragt, wie es sei, wenn er einmal krank werde, erzählte er, wie ihm beim Zahnmobil geholfen wurde. Er sei durch eigenen Willen aus der Obdachlosigkeit gekommen. „Diesen Willen merkt man, wenn man ganz unten ist, so wie im Wasser, wenn man auf den Grund sinkt.“
Nikolaus, dem weltweit am 6. Dezember gedacht wird, ist einer der am meisten verehrten Heiligen der Christenheit. Er war im vierten Jahrhundert Bischof von Myra an der heutigen türkischen Mittelmeerküste. Aus kirchlicher Sicht hat der am Konsum orientierte Weihnachtsmann der Geschenke-Industrie nichts mit dem Bischof Nikolaus zu tun, der selbstlos Menschen in Not geholfen hat. In den vergangenen Jahren haben kirchliche Organisationen deshalb Initiativen gestartet, um das Andenken des Heiligen zu fördern und vom Weihnachtsmann der Werbung abzugrenzen.
Die Aktion „Tat.Ort.Nikolaus“ gehört zur Kampagne „Weihnachtsmannfreie Zone“, die das Bonifatiuswerk vor über 20 Jahren ins Leben gerufen hat. Das Hilfswerk stellt die Schoko-Nikoläuse zur Verfügung und bezuschusst die Sachkosten der Projekte. In den vergangenen drei Jahren seien so fast 200 Orte guter Taten entstanden.