Ritterorden heute

Eine Dame in Zwickau

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Ritterordensfrau Teresa Werner
Nachweis

Foto: Wachendörfer

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Kardinal Reinhard Marx, Großprior der Deutschen Statthalterei des Ritterordens und Erzbischof von München und Freising, hat Teresa Werner (Mitte) ihr Ordenskreuz überreicht.

Teresa Werner ist einiges: Maschinenbauingenieurin, Professorin für Qualitätsmanagement und Fertigungsmesstechnik, Kirchenmusikerin und Ordensdame. Das ist eine nicht alltägliche Kombination.

Einen Ritter hatte die Pfarrei Heilige Familie in Zwickau bereits und seit der letzten Investitur des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem hat die Stadt nun auch eine Dame. Die Hochschulprofessorin Teresa Werner ist eines der elf neuen Ordensmitglieder, die in Dresden aufgenommen wurden. Für die 42-Jährige selbst war dieser Weg jedoch alles andere als klar. Denn als sie das erste Mal vom Ritterorden hörte, fand sie das Thema zwar interessant, sah darin aber zunächst keine Option für sich.

Kirchenmusik als Anknüpfungspunkt

Teresa Werners Weg in der Kirche war bis dahin eher der musikalische. Ihre Eltern wünschten sich, dass sie Kirchenmusikerin würde. Da sie gern musizierte – wenn auch nicht hauptberuflich –, absolvierte sie eine Organistenausbildung, legte die kirchenmusikalische C-Prüfung ab. „Dann war ich ziemlich als Organistin eingespannt und habe das auch sehr gern gemacht“, sagt Teresa Werner. Gerade als Studentin sei das recht praktisch gewesen, „weil man an der Orgel hauptsächlich am Wochenende arbeitet“. 

Später half ihr die Musik, Anschluss zu finden. „Wenn ich wegen meines Berufs umgezogen bin, war es für mich immer relativ leicht, Kontakt zu den jeweiligen Gemeinden zu finden. Denn Leute, die Musik machen, sind eigentlich überall gerngesehen.“ 

Teresa Werner
Teresa Werner, seit dem 30. September Dame im Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem, erhielt bei ihrer Investitur auch den Ordensmantel. Foto: privat

So war es auch, als Teresa Werner 2016 als Professorin für Qualitätsmanagement/Fertigungsmesstechnik an die Westsächsische Hochschule Zwickau berufen wurde. Es war für sie selbstverständlich, den Kontakt zur dortigen katholischen Gemeinde Heilige Familie zu suchen und ihre kirchenmusikalische Unterstützung anzubieten. So lernte sie auch den Ritter von Zwickau kennen, Pfarrer Markus Böhme. Er ist Prior der Komturei Konstantin der Große Dresden-Görlitz.

Pfarrer Böhme war Teresa Werners erster Kontakt zum Ritterorden. Die zweite und für sie entscheidende Berührung zum Orden kam dann durch ihren jüngeren Bruder zustande. Er bereitete sich intensiv auf seine Investitur vor und sprach dabei mit ihr über die spirituellen und karitativen Aspekte des Ordenslebens. Das umfangreiche Engagement der Ritter und Damen im Heiligen Land imponierte Teresa Werner sehr und so entsprach sie gern dem Wunsch ihres Bruders, der zur Investitur um eine Spende für die Ordensaktivitäten bat.

Dass damit ihr eigener Weg mit dem Ritterorden richtig losging, hätte sie aber nicht gedacht. Doch den Verantwortlichen in der Verwaltung fiel die Spende aus Zwickau auf und da die Komturei Dresden-Görlitz zu den personell kleinsten gehört, war schnell klar, dass die Absenderin kein Ordensmitglied war. Also fragte man bei Pfarrer Böhme an und der wusste sofort, von wem die Rede war: von seiner Organistin. Daraufhin fragte er sie, ob sie mit zu den Treffen der Komturei kommen wolle. Teresa Werner wollte und traf auf eine Gemeinschaft, die sie sehr ansprach – menschlich und spirituell. Dann ging alles ganz schnell. Sie wurde gefragt, ob sie sich einen Beitritt vorstellen könne. Sie sagte Ja, doch dieses Ja beschäftigte sie noch sehr.

Während eines Kandidatenwochenendes in Bonn betete sie Teile einer Novene aus dem Ordensgebetbuch und fragte sich dabei intensiv, „ob ich nicht zu leichtfertig mit dieser Entscheidung bin“. Doch nach dem Ringen im Gebet und im Nachdenken hielt sie an ihrem Entschluss fest und wurde am 30. September in Dresden von Kardinal Reinhard Marx in den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem aufgenommen.

Kein Orden für Bessergestellte

Im Gegensatz zu den Männern erhielt sie keinen Ritterschlag. Stattdessen bekam sie vom Kardinal ihr Ordenskreuz, das ihr dann von einer anderen Dame umgelegt wurde. Im Anschluss erhielt sie noch ihren Ordensmantel mit dem gut sichtbaren Jerusalemkreuz. Besonders gut gefällt Teresa Werner, dass „ich mit dem Mantel und dem Schleier jetzt einfach zu einer Papstaudienz gehen kann. Das liegt an den historischen Regeln, die bei der Ordnung des Ordens für Besuche im Vatikan galten“. 

Schade findet es Teresa Werner, dass sie immer wieder dem Vorurteil begegnet, dass der Ritterorden nur etwas für die „bessere Gesellschaft“ sei. Oft herrsche der Eindruck, dass es im Orden vorrangig darum gehe, möglichst viel Geld zu spenden. Doch das sei gar keine Voraussetzung. „Aber genaugenommen muss man katholisch sein und von einem Ordensmitglied vorgeschlagen werden, weil man sich in der Ortsgemeinde engagiert. Das ist die Anforderung und dass man den Mitgliedsbeitrag bezahlt, doch der ist nicht übertrieben hoch.“ 

Deshalb will Teresa Werner Schwellenängste abbauen und lädt immer wieder Gemeindemitglieder zu den Ordenstreffen ein. Denn für sie ist die Mitgliedschaft nicht irgendeine Form von Auszeichnung, die man sich verdienen muss, sondern gelebte christliche Nächstenliebe mit dem Fokus auf das Heilige Land. Dort unterstützt der Ritterorden Familien, Kindergärten, Bildungsinitiativen und vieles mehr.

An der Hochschule spielt ihre Ordenszugehörigkeit keine Rolle und auch vorher war ihr Glauben nur selten etwas, woran sich ihre Kollegen gestoßen haben. „Natürlich gibt es Leute, die darüber ein bisschen spotten, nach dem Motto: ‚Wie kann man ein Wissenschaftler sein und an Gott glauben?‘ Aber die meisten sind eigentlich eher aufgeschlossen. Ich habe zum Beispiel auch einige Kollegen, die da wirklich interessiert sind und sich beispielsweise auch mal Hintergründe christlicher Feiertage erklären lassen.“

Als Ordensdame möchte Teresa Werner natürlich auch ins Heilige Land pilgern und sich anschauen, wie ihr Orden vor Ort hilft. Daher beschäftigt sie der Nahost-Konflikt sehr. „Ich habe inzwischen ja auch einige Leute kennengelernt, die viel Zeit in Israel verbringen. Und auch aktuell haben wir Kontakt zu den Leuten direkt in Jerusalem, zum Beispiel zum lateinischen Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa.“ Werner hofft auf ein baldiges Ende des Krieges, damit der Ritterorden seine Hilfe fortsetzen kann. Doch vieles wird neu aufgebaut werden müssen.

Kleines Glossar: 
Der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem ist in Ordensprovinzen unterteilt. Zu diesen wiederum gehören die Komtureien, in denen die örtliche Ordensgemeinschaft lebt. Investitur: Aufnahme in den Ritterorden. Prior: geistlicher Leiter.

 

Vinzent Antal